Ein Rauswurf zwischen Strategie und Diktatur"Platz zwei oder drei ist realistisch"

Kaiserslautern. Dass sich die Wege des 1. FC Kaiserslautern und Trainer Milan Sasic (Foto: dpa) zum Saisonende trennen werden, war absehbar. Dass der Verein den Schritt vier Spieltage vor Saisonende vollzieht, war dagegen eine faustdicke Überraschung

 Kniefall vor dem Neuen? Alois Schwartz beobachtet seine Spieler beim ersten Training der FCK-Profis unter seiner Regie. Foto: dpa

Kniefall vor dem Neuen? Alois Schwartz beobachtet seine Spieler beim ersten Training der FCK-Profis unter seiner Regie. Foto: dpa

Kaiserslautern. Dass sich die Wege des 1. FC Kaiserslautern und Trainer Milan Sasic (Foto: dpa) zum Saisonende trennen werden, war absehbar. Dass der Verein den Schritt vier Spieltage vor Saisonende vollzieht, war dagegen eine faustdicke Überraschung. Laut Vorstandsvorsitzendem Stefan Kuntz (Foto: dpa) spielte die herbe 1:5-Niederlage zuletzt in Rostock "keine Rolle" bei der Entscheidung. "Es war ein Vertrauensverlust da in den letzten Monaten. Wir sind schon seit geraumer Zeit zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Trennung das Beste wäre. Dann ist es besser, man macht es gleich, dann gibt es vielleicht noch einen gewissen Effekt", nennt Kuntz die Gründe, die zur vorzeitigen Demission des Kroaten geführt haben.

Seit Beginn der Rückrunde gab es Anzeichen, dass das Verhältnis des Trainers zu Teilen der Mannschaft gestört ist. Daraus, dass er seine Spieler nicht mit Samthandschuhen anfasst, macht der Disziplin-Fanatiker keinen Hehl: "Bei mir geht es nicht freundschaftlich zu mit den Spielern. Aber hatte ich Erfolg - oder nicht? Wenn du nach oben willst, musst du an die Grenzen gehen und auch menschlich Opfer bringen", verteidigt sich Sasic.

Doch der 50-Jährige hat viele Grenzen selbst überschritten. Als etwa Verteidiger Martin Amedick sich vor wenigen Tagen dafür einsetzte, dass Training etwas zu reduzieren, da die Mannschaft platt sei, reagierte Sasic mit einem Wutausbruch, dem sogar eine Tür im Fritz-Walter-Stadion zum Opfer gefallen sein soll.

Aber auch im Umgang mit den Medien zeigte sich der 50-Jährige wenig souverän. So blieben kritische Fragen zunehmend häufig unbeantwortet - oder führten zu heftigen Auseinandersetzungen.

Das "diktatorische Auftreten" führte gar so weit, dass der Aufsichtsrat Sasic eine mündliche Abmahnung wegen imageschädigendem Verhalten erteilte. Geändert hat sich danach allerdings wenig.

Kuntz, den seit gemeinsamen Tagen beim TuS Koblenz eine freundschaftliche Bande mit Sasic verbunden hat, äußert sich zu diesen Sachverhalten nicht. Stattdessen berichtet der Vereinboss von grundlegenden Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf die strategische und sportliche Ausrichtung des FCK als Ursache der Trennung. Und auch Sasic selbst sieht sich einem Ablenkungsmanöver ausgesetzt: "Da wird eine Sache in den Raum gestellt, ich könnte nicht mit der Mannschaft. Das ist doch nur Ablenkung." Aber was ist der wahre Grund? "Das bleibt intern", blockt der Kroate ab. Gerüchte, dass es zwischen Kuntz und Sasic zu Auseinandersetzungen über die Behandlung angeschlagener Spieler gekommen sei, dementiert der Europameister von 1996: "Ich habe mich nie in die direkte Mannschaftsführung eingemischt", sagt Kuntz. So bleibt der Vorgang sehr undurchsichtig. "Ich denke, die Fans haben ein gewisses Vertrauen in den Club", wirbt Stefan Kuntz dennoch um Verständnis.Kaiserslautern. Nachdem das Kapitel Milan Sasic als Trainer des 1. FC Kaiserslautern abgeschlossen ist, hat der bisherige Übungsleiter der Lauterer Regionalliga-Mannschaft, Alois Schwartz, die sportliche Verantwortung für die Profi-Abteilung bis zum Ende der Saison übernommen. Ihm zur Seite steht der Ex-Profi Oliver Schäfer. "Wir haben uns nicht für Alois entschieden, weil er die billigste Lösung ist", macht Vorstands-Chef Stefan Kuntz deutlich. "Wir wissen, dass die Mannschaft bei Alois in guten Händen ist", spricht der Neunkircher dem 42-jährigen Schwartz, der das Amt nach dem Abgang von Wolfgang Wolf 2007 schon einmal für drei Tage innehatte, das Vertrauen aus.

Was ist von dem neuen Mann zu erwarten? "Platz eins ist an Freiburg vergeben. Ich denke aber, Platz zwei oder drei ist ein realistisches Ziel. Es gibt keinen Ersatz für Erfolg. Und Erfolg ist Platz zwei oder drei", macht Schwartz deutlich, dass der Aufstieg in die Erste Liga für ihn nicht abgehakt ist. Er weiß, dass nur der Aufstieg seine neue Position über das Saisonende hinaus sichern kann. Den Ehrgeiz dazu bringt Schwartz mit: "Ich habe nicht den Fußball-Lehrer gemacht, um in der Regional- oder Oberliga zu enden." rti

Meinung

Kuntz sollte Klartext reden

Von SZ-Mitarbeiter

Ralph Tiné

Die Entlassung von Milan Sasic als Trainer des 1. FC Kaiserslautern war unvermeidlich. Zu dünnhäutig reagierte der Kroate schon auf geringste Kritik. Zu häufig ließ er sich zu Entgleisungen im Umgang mit Vereinsvertretern, Spielern und Medien hinreißen. Die hohe sportliche Wertschätzung, die er sich durch die Rettung vor dem Abstieg in der vergangenen und die nicht zu erwartende Schlagdistanz zu den Aufstiegsplätzen in dieser Saison in Verein und Umfeld erworben hatte, haben den Kroaten offensichtlich die Einschätzung der eigenen Machtfülle überschätzen lassen.

Dass Stefan Kuntz, der bereits in Koblenz mit Sasic zusammengearbeitet hat, den alten Weggefährten nicht mit Schlamm bewerfen will und stattdessen strategische Meinungsdifferenzen als Trennungsgrund anführt, ist ihm menschlich hoch anzurechnen. Aber die Fans wollen klare Antworten, warum ein sportlich erfolgreicher Trainer kurz vor Toresschluss seinen Hut nehmen muss. Was der Mensch Kuntz vermeiden will, ist vom Vorstandsvorsitzenden deshalb umso mehr gefordert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort