Ein neues Gesicht soll herIn Deutschland beliebt, in Frankreich nicht: Franck Ribéry kämpft um sein Ansehen

Saarbrücken. Weltmeister 1998, Europameister 2000 - ganz Fußball-Frankreich lag der "Goldenen Generation" um Zinédine Zidane und Laurent Blanc nicht nur zu Füßen, sie küsste sie auch. Nur knapp zehn Jahre später bekam die "Grande Nation" plötzlich keinen Fuß mehr auf den Boden: Die Mannschaft schied bei der EM 2008 und der WM 2010 aus

Saarbrücken. Weltmeister 1998, Europameister 2000 - ganz Fußball-Frankreich lag der "Goldenen Generation" um Zinédine Zidane und Laurent Blanc nicht nur zu Füßen, sie küsste sie auch. Nur knapp zehn Jahre später bekam die "Grande Nation" plötzlich keinen Fuß mehr auf den Boden: Die Mannschaft schied bei der EM 2008 und der WM 2010 aus. "Mon dieu" fluchte das Volk, immer in der Vorrunde, immer als Tabellenletzter. Kläglich. Der unsägliche Boykott der Mannschaft in Südafrika gegen Trainer Raymond Domenech war denn zuviel des Schlechten. "La Presse de la Manche" resümierte einen Tag nach dem Ausscheiden 2010: "Die Funktionäre, der Trainer und die Bande von traurigen Trotteln, die unserem Trikot Schande bereitet haben, hinterlassen ein Trümmerfeld."Als Kopf des Räumungskommandos begann der einstige Abwehrchef Laurent Blanc im Juli 2010 mit dem Großreinemachen. Der Ex-Trainer von Girondins Bordeaux (2007 bis 2010) sorgte für eine Runderneuerung des Kaders - nur zehn der 23 WM-Fahrer nominierte Frankreichs Trainer des Jahres 2009 zum ersten Quali-Spiel gegen Weißrussland. Er arbeitete ruhig, besonnen, erfolgreich.

Die Nation blieb dennoch skeptisch - bis zum 29. Februar 2012: "Vor dem Freundschaftsspiel in Bremen gegen Deutschland gab es noch viele Zweifel, da die Auftritte der Franzosen nicht wirklich souverän waren", erklärt der französische Ex-Profi Valérien Ismaël. 113 Bundesligaspiele und 136 Ligue-1-Spiele kann der 36-Jährige vorweisen. Für ein Länderspiel hat es jedoch nie gereicht. Seit 2008 ist er nicht mehr aktiv, heute trainiert er Hannover 96 II und hat die "Equipe Tricolore" stets im Blick. Erst der 2:1-Sieg gegen Deutschland habe Frankreich einen Schub gegeben, erklärt der ehemalige Innenverteidiger von Werder Bremen, Bayern München und Hannover 96. "Nach dem Sieg wurde die Stimmung in Frankreich deutlich positiver", weiß er. Mittlerweile sind "les Bleus" seit eineinhalb Jahren ungeschlagen.

Die Renaissance des französischen Fußballs fußt in der individuellen Klasse einzelner Spieler. Die Offensive des zweimaligen Europameisters (1984/2000) ist dabei besonders lesenswert: Franck Ribéry (FC Bayern), Karim Benzema (Real Madrid), Samir Nasri (ManCity), Florent Malouda (FC Chelsea) - Fußballherz, was willst du mehr? "Jede Mannschaft hat ihren Star. Frankreich hat mehrere, die ein Spiel entscheiden können", verdeutlicht Ismaël.

Er erklärt, dass neben den Stars auch junge Spieler glänzen könnten. Da wäre zum Beispiel Montpelliers Himmelsstürmer Olivier Giroud. Der 25-Jährige führt die Torjägerliste der Ligue 1 an (21 Treffer) - die Bayern haben bereits ihre Fühler nach ihm ausgestreckt. Und da wäre noch Yann M'Vila (Stade Rennes). Er ist gerade 21 Jahre alt geworden und vereint als 1, 78 Meter großes Kraftpaket physische Stärke mit technischer Raffinesse - ein Prototyp des modernen "Sechsers". Daher steht auch die Abwehr des offensiven 4-3-3-Systems auf sicheren Füßen. Nur vier Mal musste Torhüter und Kapitän Hugo Lloris (Olympique Lyon) in der Qualifikation hinter sich greifen - der zweitbeste Wert nach Italien (zwei Gegentore).

Beste Aussichten also, oder? Nicht ganz. Denn die Republik zweifelt immer noch. Durch den radikalen Umbruch fehle die mannschaftliche Geschlossenheit, nörgeln Kritiker. Ismaël kann dies nachvollziehen: "Hier wird es vor allem auf die Vorbereitung ankommen. Dort wird sich zeigen, ob das Team als Kollektiv zusammenwächst", erklärt er. Eingespielte Teams wie Spanien oder Deutschland seien den Franzosen in diesem Bereich einen Schritt voraus.

Ob auch England einen Schritt voraus ist? Am 11. Juni geht es in Gruppe C ab 18 Uhr gegen die "Three Lions" um die ersten Turnierpunkte, danach warten Gastgeber Ukraine und die Schweden. Gegen Deutschland hat Frankreich bei einer EM noch nie gespielt. Möglich wäre es im Halbfinale. Dann würde Ismaël sogar dem Löw-Team die Daumen drücken. "Ich lebe seit acht Jahren hier. Mein Herz schlägt 60:40 für Deutschland", gibt der gebürtige Straßburger zu. Sein EM-Ziel mit den Franzosen ist eh ein französisches: "Ich wünsche mir, dass die Mannschaft ein anderes Gesicht zeigt." Mindestens. > wird fortgesetzt

Saarbrücken. Franck Ribéry ist zurzeit einer der besten Flügelspieler der Welt. Dribbelstark, antrittsschnell, torgefährlich und mit gutem Blick für den Nebenmann ausgestattet - so kennen die Fußballfans den Mann vom FC Bayern München aus der Fußball-Bundesliga und der Champions-League. Bei den Münchnern war Ribéry in dieser Spielzeit ein ums andere Mal der entscheidende Akteur auf dem Feld und lieferte reihenweise grandiose Leistungen ab, schoss in der Liga zwölf Tore und bereitete 20 vor.

In der französischen Nationalmannschaft hat der 29-jährige seit der verkorksten WM 2010 hingegen einen schweren Stand. Die führende Rolle am Boykott in Südafrika und eine Rotlicht-Affäre schadeten seinem Ansehen enorm. Der einstige Publikumsliebling ist in Frankreich längst keiner mehr. Doch er will sich wieder zurück in die Herzen seiner Landsleute spielen - die EM ist dafür genau die richtige Bühne. hej

Foto: Lein/dapd

"Jede Mannschaft hat ihren Star. Frankreich hat mehrere."

Valérien Ismaël

Hintergrund

Nach dem desaströsen Auftritt bei der WM 2010 in Südafrika musste der neue Trainer Laurent Blanc für einen Stimmungsumschwung sorgen. Doch auch der Auftakt zur EM-Qualifikation ging gründlich daneben. Zu Hause unterlag die "Équipe Tricolore" dem Außenseiter Weißrussland mit 0:1. Danach fing sich die Mannschaft und holte aus den kommenden Spielen 20 von möglichen 24 Punkten. Da Bosnien-Herzegowina eine ähnlich starke Qualifikation spielte und nach neun Partien 19 Zähler auf dem Konto verbuchte, lagen die Kontrahenten vor dem abschließenden direkten Duell in Paris nur einen Punkt auseinander. Die Osteuropäer mussten gewinnen, den Franzosen reichte ein Remis. Ex-Bundesliga-Profi Edin Dzeko brachte die Gäste in Führung, und Frankreich zitterte bis zur 77. Minute, ehe Samir Nasri einen an ihm verschuldeten Foulelfmeter verwandelte und die EM-Qualifikation sicherte. hej

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