Ein „moderner Hans Zach“

München · Neuer Bundestrainer – neuer Schwung? Mit Ex-NHL-Star Marco Sturm will das deutsche Eishockey wieder näher an die Weltspitze heranrücken. Dem Deutschland-Cup kommt dabei eine große Bedeutung zu.

Einige Probleme seiner Vorgänger bekommt auch Marco Sturm sofort zu spüren. "Wir werden vermutlich sonst vor der WM keine Zeit haben, zu testen", sagte der frühere NHL-Star vor seiner Premiere als Eishockey-Bundestrainer beim Deutschland-Cup (6. bis 8. November). Gerade deshalb sei das Heimturnier, ergänzte Sturm, "in der Tat eine wichtige Maßnahme, die kommenden Tage sind viel wert".

Unterstützung von allen Seiten

Der 37-Jährige wurde von DEB-Präsident Franz Reindl auserkoren, die Vision "Powerplay 26" auch als Generalmanager anzuschieben. Das deutsche Eishockey soll bis 2026 Anschluss an die Weltspitze finden und dann im Idealfall um Medaillen bei großen Titelkämpfen mitspielen. In Augsburg fällt deshalb ab heute mit der Begegnung gegen die Schweiz (19.30 Uhr/Sport1) der Startschuss "zu einer hoffentlich erfolgreichen Zukunft der Nationalmannschaft", wie Reindl sagte, deren große Nahziele das Olympia-Qualifikationsturnier im September 2016 sowie die Heim-WM im Mai 2017 sind.

Sonderlich viel Zeit wird Sturm, der auf eine deutliche Ansprache, ehrliche Worte, strikte Disziplin und harte Arbeit setzt und somit ein "moderner Hans Zach" sein will, allerdings zunächst einmal nicht gegeben. Zwischen Deutschland-Cup und dem Beginn der WM-Vorbereitung Anfang April 2016 liegen nach derzeitigem Stand etwa fünf Monate ohne ein einziges Länderspiel. Zumindest aber hat der 1006-malige NHL-Spieler festgestellt, "dass wir die volle Unterstützung erhalten". Und dies nicht nur vom Deutschen Eishockey-Bund, sondern gleichermaßen von der Deutschen Eishockey Liga (DEL). "Es hat ein Umdenken stattgefunden. Die Reibungspunkte sind längst passé", sagte auch Reindl.

Der erneuerten Geschlossenheit würden Erfolge gegen die Eidgenossen, die Slowakei (Samstag, 17.30 Uhr) und die USA (Sonntag, 16.30 Uhr) gewiss helfen. Sturms Wunsch ist daher der Turniersieg. "Platz eins wäre natürlich für uns eine tolle Sache", sagte er und schob nach: "Auf der anderen Seite ist mir wichtig zu sehen, wie die Spieler auf internationalem Level agieren, wie sie Situationen lösen und wie sie mit Spielsituationen umgehen."

Unter Sturms Vorgänger Pat Cortina war der Deutschland-Cup kein wirkliches Indiz für die Leistungsfähigkeit der Auswahl. Zwar holten die deutschen Kufencracks während der dreijährigen Amtsperiode des Italo-Kanadiers zwei Mal den Heimtriumph beim Vier-Nationen-Vergleich, schafften aber nie den Sprung in ein WM-Viertelfinale und verpassten die Olympischen Spiele 2014. Deshalb wäre Sturms Premiere schon ein Erfolg, "wenn wir gutes Eishockey zeigen und mit positivem Gefühl rausgehen".

Große Nachwuchssorgen

Um das deutsche Team von Weltranglistenplatz 13 wieder nach oben zu führen, ist aber nicht nur der einstige Torjäger gefragt. Präsident Reindls Verbandskonzept "Powerplay 26" zielt deshalb auch auf den Nachwuchs - traditionell ein deutsches Manko mit nur wenigen Ausnahmetalenten wie Leon Draisaitl und einer in der Vergangenheit teils erschütternden Strukturschwäche. "Uns fehlt einfach die Breite, wir müssen da ansetzen", sagte Sturm, und Reindl ergänzte: "Wir haben die große Chance, das deutsche Eishockey wieder voran zu bringen, aber dafür brauchen wir Zeit und Geduld."

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