Ein Milliarden-Problem für die nächsten Jahrzehnte

Berlin. Marode Hallen, abgewirtschaftete Freibäder, holprige Sportplätze, umweltbelastende Sanitär- und Heizanlagen - Zehntausende der rund 170 000 Sportstätten in Deutschland brauchen dringend eine Schönheitskur. Der Lack ist ab, aber es herrscht Stau am Bau: Experten beziffern den Sanierungsbedarf auf 42 Milliarden Euro

 Die neue Multifunktionshalle an der Saarbrücker Hermann-Neuberger-Sportschule direkt hinter dem Leichtathletik-Stadion. Foto: Ruppenthal

Die neue Multifunktionshalle an der Saarbrücker Hermann-Neuberger-Sportschule direkt hinter dem Leichtathletik-Stadion. Foto: Ruppenthal

Berlin. Marode Hallen, abgewirtschaftete Freibäder, holprige Sportplätze, umweltbelastende Sanitär- und Heizanlagen - Zehntausende der rund 170 000 Sportstätten in Deutschland brauchen dringend eine Schönheitskur. Der Lack ist ab, aber es herrscht Stau am Bau: Experten beziffern den Sanierungsbedarf auf 42 Milliarden Euro. Die letzte amtliche Statistik ist schon elf Jahre alt, das Problem für Sport und Politik längst Alltag - und es wird immer gravierender: 40 Prozent der Sportanlagen in den alten und sogar 70 Prozent in den neuen Bundesländern sind dringend sanierungsbedürftig.Längst glänzt nicht mehr alles, was der "Goldene Plan" in West (1960er und 70er Jahre) und Ost (1999 bis 2009) möglich machte. "Wir wurden in einer Dekade zum Weltmeister des Sportstättenbaus. Da hatte man das Geld und den Rückenwind. Und es gab München 1972", erklärt Andreas Klages, Sportstätten-Experte im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). "Jetzt sind 40 Jahre rum. Und da ist eine Sportstätte sanierungsbedürftig. Die Welle schlägt jetzt wieder auf."

Bei Hallen- und Freibädern, Sporthallen sowie Groß- und Kleinspielfeldern im Freien besteht der größte Stau. "Vieles ist eine Komplettsanierung. Nach 40 Jahren sind nicht nur die Sanitäranlagen k.o., da sind auch die Heizanlagen vier Jahrzehnte alt", sagt Klages, im DOSB stellvertretender Direktor Sportentwicklung und Ressortleiter Breitensport/Sporträume. "Neben dem Ehrenamt ist die Sportstätte die wichtigste Ressource für den Sport in Deutschland", betont Klages. "Die größten Eigentümer sind die Kommunen. Deshalb sind wir auch für eine Verstetigung der kommunalen Einnahmen." Der DOSB hat einen Kooperationsvertrag mit den kommunalen Spitzenverbänden geschlossen. Dabei ist eine Trendwende absehbar. "Die Sportvereine müssen mehr Verantwortung für den Sportstättenbau übernehmen - und das tun sie auch", sagt der 43-Jährige. "Da geht es nicht nur um vereinseigenen Neubau bis in den siebenstelligen Euro-Bereich. Da gibt es das volle Programm - von der Übernahme der Schlüsselgewalt über Rasenpflege bis zu eigenfinanzierten Solaranlagen und Umbauten."

"Im Moment kommen die Impulse für die Modernisierung der Sportstätten vor allem von unseren Vereinen", betont Klages. "Der selbst organisierte Sport ist der Antreiber." Aber auch der Bund hat seinen Beitrag geleistet. Mit 71 Millionen Euro förderte er die Sanierung von 528 Sportstätten beim "Goldenen Plan Ost".

Auch über das Konjunkturpaket II (2009/2010) bekamen die Kommunen eine "Spritze" für die Modernisierung und Sanierung von Anlagen - davon profitierte beispielsweise die Saarbrücker Hermann-Neuberger-Sportschule, die so die neue Multifunktionshalle errichten konnte. "Nach unserer Einschätzung beläuft sich das alles auf eine Milliarde Euro. Das hat viele neue Spielräume eröffnet", sagt Klages.

Überhaupt nicht zufrieden ist der DOSB-Experte indes mit der Haltung der Sportminister der Bundesländer. Im November 2008 entschieden die Politiker, zum Stichtag 1. Juli 2010 - entgegen der ursprünglichen Absicht - keine neue Sportstättenstatistik aufzulegen. Dabei steht für ihn außer Frage: "Wir brauchen mehr profundes Wissen. Aber die Sportminister sehen das wohl anders. Man will sich wohl selbst keinen Handlungsbedarf bescheinigen." Deshalb sind die letzten verlässlichen Zahlen schon elf Jahre alt, die Statistik stammt von Mitte 2000. Erfolgsmeldungen über den Abbau des Sanierungs-Staus kann DOSB-Mann Klages daher nicht liefern: "Es kann keine geben. Wir haben keine Zahlen." dpa

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort