Ein Laufspiel gegen Argentinien
Kapstadt. Allzu gut sind sie nicht angekommen, die klaren Worte, die Bastian Schweinsteiger in Richtung Argentinien geschickt hatte. Deshalb ging es Bundestrainer Joachim Löw (Foto: ddp) am Tag vor dem "Kampf auf Biegen und Brechen", den er gegen Argentinien erwartet, die Gemüter ein wenig zu beruhigen und übte sich in Völkerkunde
Kapstadt. Allzu gut sind sie nicht angekommen, die klaren Worte, die Bastian Schweinsteiger in Richtung Argentinien geschickt hatte. Deshalb ging es Bundestrainer Joachim Löw (Foto: ddp) am Tag vor dem "Kampf auf Biegen und Brechen", den er gegen Argentinien erwartet, die Gemüter ein wenig zu beruhigen und übte sich in Völkerkunde. "Wir wissen, dass die Südamerikaner im Allgemeinen freundliche Menschen sind, herzliche, Menschen, die sehr gastfreundlich sind." Sie hätten einen "ausgezeichneten Grundcharakter". Auf dem Platz aber seien sie unglaublich aggressiv, "das ist ja auch ihre Stärke". Nichts anderes habe Schweinsteiger sagen wollen. Punkt.
Und dann ging es wie immer vor diesen wichtigen Spielen um Motivation und Konzentration. Rennen sollen sie, die Spieler, rennen. Wenn einer nach dem Abspiel stehen bleibt, wenn das Laufspiel nicht funktioniert, "dann entstehen Räume für die Argentinier, dann haben wir sicher keine Chance", sagte Löw. Das deutsche Angriffsspiel braucht Platz. Das weiß Löw. Es geht ums Räume schaffen. Leicht wird das nicht. Denn Argentiniens Abwehr steht sehr tief.
Die vier Verteidiger werden sich nicht so leicht aus ihrer Warteposition locken lassen wie die Engländer. Noch viel mehr als in den vergangenen Spielen wird es auf Mesut Özils Ideen ankommen, der sich in Joachim Löws 4-2-3-1-System zu einem echten Spielmacher entwickelt hat. Und das sei es auch, so Löw, was ihn von Argentiniens Lionel Messi unterscheide. Zwar habe Messi die meisten Torvorlagen gegeben in diesem Turnier, und doch sei es eher Özil, der "dem Kombinationsspiel seinen Stempel aufdrücken kann". Insofern könne man ihn nicht mit dem "Tempodribbler" Messi vergleichen. Fürwahr, für Dribbler ist in Löws Läuferfußball kein Platz.
Bei allem Respekt vor Argentiniens Angriff mit Lionel Messi, Carlos Tevez und Gonzalo Higuain, sollten die Deutschen nicht vergessen, auf die Ballschlepper im Mittelfeld zu achten. Maxi Rodriguez und Angel di Maria sind es, die die Lücke schließen zwischen der tief stehen Abwehr Argentiniens und den drei Angreifern. Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira werden den beiden nachrennen müssen, um die Pässe auf die Angreifer zu verhindern. Die Innenverteidigung sollte schnell herausrücken, wenn Messi an den Ball kommt.
Sehenswert dürfte das Duell Philipp Lahm gegen Carlos Tevez werden. Der urgewaltige Stürmer dringt gerne über das linke Strafraumeck in die Angriffszone ein. Auf der anderen Seite hat es Jerome Boateng, der unerfahrenste Verteidiger, nominell mit Lionel Messi zu tun. Doch der bevorzugt das Spiel über die Mitte. Es kommt darauf an, den Moment der Übergabe der Verteidigungsarbeit nicht zu verpassen.
Ach ja, Boateng saß auch auf dem Podium der offiziellen Pressekonferenz im Greenpoint Stadium von Kapstadt. Gesagt hat er nicht viel. Und das offensichtlich vollkommen verschüchterte Bürschchen, das sich während der WM den linken Verteidigerposten erobert hat, wollte dann auch kaum einer etwas fragen. "Das ist ja klar." Froh sei er, dabei zu sein. Und dann tröpfelten noch ein paar Worte leise aus seinem Mund: "Wir haben eine gute Harmonie im Team, es macht Spaß, zusammenzuarbeiten."
Traut sich die Mannschaft einen Sieg wirklich zu? Wieder ging es um die Frage, ob die Mannschaft ängstlich oder selbstbewusst aus der Kabine kommen wird, gegen einen Gegner, den Löw schon vor dem Turnier zu einem der großen Favoriten auf den Titel gezählt haben will. "Wir werden nicht zitternd in der Kabine sitzen und Angst vor dem Anpfiff haben", sagte er, und dass die Mannschaft "emotional hoch erregt" sei. Nachgeholfen habe man bei der Motivation schon ein bisschen, fügte er noch hinzu. Bilder von den jubelnden Menschen bei den Fanpartys in der Heimat habe man den Jungs gezeigt.
Stolz ist Joachim Löw darauf, wie sich die Mannschaft bis jetzt als Vertreter Deutschlands im Ausland präsentiert hat. Auch mit dem Auftreten auf dem Platz ist er zufrieden, mit der Spielkultur. Und ein wenig hat er sich damit schon aus dem Turnier verabschiedet. "Man sollte das Abschneiden bei so einem Turnier nicht nur am Ergebnis und Platzierungen festmachen", sagte Löw. "Wir wissen, dass die Südamerikaner im Allgemeinen freundliche Menschen sind."
Joachim Löw
Auf Einen Blick
So wollen sie spielen:
Deutschland: Neuer (Schalke 04) - Lahm (München), Mertesacker (Bremen), Friedrich (Hertha BSC), Boateng (Hamburger SV) - Khedira (Stuttgart), Schweinsteiger - Müller (beide München), Özil (Bremen), Podolski (1. FC Köln) - Klose (München).
Argentinien: Romero (AZ Alkmaar) - Otamendi (Vélez Sarsfield), Demichelis (München), Burdisso (AS Rom), Heinze (Olympique Marseille) - Maxi Rodríguez (FC Liverpool), Mascherano (FC Liverpool), Di María (Benfica Lissabon) - 10 Messi (FC Barcelona) - Higuaín (Real Madrid), Tévez (Manchester City). dpa