Ein Land im WM-Fieber

Bratislava. Selbst der Präsident stimmt Dienstreisen auf Länderspiele ab und führte schon die Queen aufs Glatteis: Die Slowakei ist ein Eishockey-Land. Dem Nationalsport kann sich keiner entziehen, erst recht nicht bei der erstmals in dem kleinen Karpatenstaat stattfindenden Weltmeisterschaft

 Die britische Königin Elisabeth II. (Zweite von links) wirft den Eröffnungspuck neben dem slowakischen Präsidenten Ivan Gasparovic (Zweiter von rechts) vor einem Eishockey-Freundschaftsspiel einer slowakischen gegen eine englische Mannschaft. Eishockey ist in der Slowakei Nationalsport. Foto: dpa

Die britische Königin Elisabeth II. (Zweite von links) wirft den Eröffnungspuck neben dem slowakischen Präsidenten Ivan Gasparovic (Zweiter von rechts) vor einem Eishockey-Freundschaftsspiel einer slowakischen gegen eine englische Mannschaft. Eishockey ist in der Slowakei Nationalsport. Foto: dpa

Bratislava. Selbst der Präsident stimmt Dienstreisen auf Länderspiele ab und führte schon die Queen aufs Glatteis: Die Slowakei ist ein Eishockey-Land. Dem Nationalsport kann sich keiner entziehen, erst recht nicht bei der erstmals in dem kleinen Karpatenstaat stattfindenden Weltmeisterschaft. "Wir leben Eishockey" - der inoffizielle WM-Slogan bringt die Begeisterung der Slowaken für den Sport mit dem Puck auf den Punkt."Was war das größte Unrecht, das den Slowaken bei der Trennung der Tschechoslowakei angetan wurde?" Darauf gibt jeder Slowake nur eine Antwort: Dass der tschechoslowakische WM-Platz an die Tschechen ging, während die Slowakei in der untersten Weltgruppe ganz neu anfangen musste. Staatspräsident Ivan Gasparovic erinnert daran auch noch nach mehr als 18 Jahren und betrachtet die morgen beginnende Heim-WM als späte "Genugtuung". Jetzt biete sich die Chance, "der Welt zu zeigen, dass wir eine wirkliche Eishockey-Nation sind", sagt Gasparovic.

Von Politikern beschlossen, hat erst das Eishockey den neuen Staat beim Volk etabliert. Waren die Slowaken laut Umfragen mehrheitlich gegen die Teilung 1992/1993, so akzeptierten sie den eigenen Staat erst, als die neue Eishockey-Auswahl von Sieg zu Sieg eilte. Heute weint kaum jemand der alten Tschechoslowakei nach - zumal Siege gegen Tschechien stets mehr zählen als jeder Medaillengewinn.

Zumindest ein Satz über Eishockey gehört für ausländische Politiker bei Staatsbesuchen zum Minimum an Höflichkeit. Präsident Gasparovic, der offizielle Termine mit den Auftritten der slowakischen Auswahl abstimmt, trifft man bevorzugt in Eishallen. Sogar Queen Elizabeth II. schleppte er 2008 zu einem improvisierten Freundschaftsspiel einer englischen und einer slowakischen Mannschaft.

Die in der amerikanischen Profiliga NHL und der russischen KHL erfolgreichen Kufen-Stars werden zu Hause verehrt. In einem Land, in dem jeder Besserverdienende dem Verdacht unsauberer Einnahmequellen ausgesetzt ist, sind die "Halbgötter auf Eis" die einzigen, die niemand um ihre sagenhaften Gagen zu beneiden scheint.

Zuletzt aber hat der Glanz des slowakischen Eishockeys nachgelassen. Seit dem frenetisch bejubelten WM-Titel 2002 und der Bronzemedaille ein Jahr danach gab es nichts mehr zu feiern. Sportler wie die Schwimmerin Martina Moravcova oder Tennis-Ass Daniela Hantuchova machen den Eishockeyspielern sogar ihren Rang streitig. Aber bei einem WM-Erfolg in der Heimat wäre die alte Hackordnung wieder hergestellt. Garantiert.dpa

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