Ein erleichterter Mario Gomez

Charkow. Drei Mal ballte Joachim Löw die linke Faust und brüllte ein befreiendes "Jaaaa" Richtung Spielerbank. Der Bundestrainer war nach dem zweiten erfolgreichen EM-Kraftakt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ungemein stolz auf seine Holland-Besieger (2:1) um Torgarant Mario Gomez, der bei seiner dritten Teilnahme an einer WM oder EM eine Leistungsexplosion erlebt

Charkow. Drei Mal ballte Joachim Löw die linke Faust und brüllte ein befreiendes "Jaaaa" Richtung Spielerbank. Der Bundestrainer war nach dem zweiten erfolgreichen EM-Kraftakt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ungemein stolz auf seine Holland-Besieger (2:1) um Torgarant Mario Gomez, der bei seiner dritten Teilnahme an einer WM oder EM eine Leistungsexplosion erlebt. "In der sogenannten Todesgruppe haben wir jetzt sechs Punkte geholt, und das gegen zwei ganz starke Mannschaften. Das ist eine starke Leistung", sagte Löw ebenfalls sichtlich abgekämpft nach der 90-minütigen "Hitzeschlacht" gegen den Erzrivalen Niederlande am Mittwoch. Bastian Schweinsteiger richtete den Blick nach vorne. "Jetzt gilt es, dran zu bleiben", betonte der erstarkte Mittelfeldchef: "Wir sind noch nicht durch. Wir müssen schnell regenerieren und auch gegen Dänemark gewinnen, um den Einzug ins Viertelfinale klar zu machen."Wie schon beim 1:0 gegen Portugal bestach die deutsche Elf auch beim 2:1 gegen den WM-Zweiten um den kaltgestellten Bayern-Star Arjen Robben mit disziplinierter Defensivarbeit. Bei den "Weltklasse-Toren" (Kapitän Philipp Lahm) von Gomez blitzte zudem die spielerische Klasse auf, auch bei Passgeber Schweinsteiger. "Im Moment haben wir das Gefühl, wenn wir den Ball nach vorne geben, ist der Mario da. Und im 16er ist er ein Weltklassespieler", sagte Bastian Schweinsteiger, der seinem Bayern-Clubkollegen beide Tore auflegte (24./38. Minute). "Ich konnte mich nach dem ersten Tor gar nicht richtig freuen. Ich war schon geschockt über Mario, weil ich noch nie gesehen habe, dass er den Ball so mitgenommen hat. Wenn er solche Aktionen öfter hat, muss man aufpassen, dass er nicht nach Brasilien geht", sagte Schweinsteiger.

"Für uns ist es wichtig, einen Stürmer zu haben, von dem wir wissen, dass er aus fast keiner Chance ein Tor macht", sagte Schweinsteiger: "So ähnlich ist ja auch Didier Drogba, der ist ja auch ein großer Spieler." Für Gomez war dies die pure Genugtuung, da er nach dem Portugal-Spiel hart kritisiert worden war, explizit von ARD-Experte Mehmet Scholl. Drei Tage lang habe er "nur auf die Fresse bekommen", klagte der Stürmer, dem die Diskussionen zugesetzt hatten: "Man versucht das abzuschütteln, aber es ist doch da."

Löws Vertrauen zahlte er mit zwei Traumtoren zurück. "Die Antwort habe ich auf dem Platz gegeben", erklärte Mario Gomez: "Ich bin sehr glücklich nach einigen schwierigen Tagen mit vielen Kilos auf der Schulter." Löw geriet ins Schwärmen über Gomez, lobte die Effizienz seines neuen Angreifers Nummer eins nach dessen Länderspieltoren 24 und 25: "Er hatte zwei Chancen und macht zwei Tore. Und dann die Klasse, wie er diese Tore macht."

Schon ein Unentschieden reicht der DFB-Auswahl zum Gruppensieg und dem angestrebten "Heimspiel" im Viertelfinale in Danzig, nur wenige Kilometer vom EM-Quartier entfernt. "Wir wollen in Polen spielen", erklärte Lukas Podolski. Als möglicher Gegner käme aus Gruppe A auch noch der EM-Gastgeber in Frage - ein heißes Duell. dpa/dapd

saarbruecker-zeitung.de/em2012

Meinung

Der perfekte Stürmer

Von SZ-RedakteurMichael Kipp

Mario Gomez ist kein überragender Fußballer. Er ist nicht leichtfüßig, er ist nicht technisch brillant. Er ist keiner von denen, die auf der Freibad-Liegewiese Kabinettstückchen aus dem Fußballer-Zauberkasten vorführen können. Nein, er ist kein Ronaldo oder Messi. So gesehen war die Leitfrage der Diskussionen über ihn nachvollziehbar: Ist Gomez tragbar für ein Team, das all das symbolisieren will, was er nicht kann?

Die Antwort hat Gomez gegen die Niederlande gegeben: Zwei Schüsse, zwei Tore, gewonnen - dank ihm. Und so bleibt als Essenz: Stürmer dürfen Fußballfeingeister nicht am "Wie" sondern nur am "Wie viel" messen. Und darin ist Gomez unschlagbar, seine Statistiken lügen nicht. Daher muss jeder akzeptieren: Gomez ist kein überragender Fußballer - er ist aber der perfekte Stürmer, den jede Mannschaft gerne hätte.

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