Fußball-WM in Russland Ein Abschied mit Ankündigung

Kasan · Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist nach einem peinlichen 0:2 gegen Südkorea in der Vorrunde der WM in Russland ausgeschieden. Die Vorstellung gegen die Asiaten war auch alles andere als Achtelfinal-würdig.

 Innenverteidiger Mats Hummels sitzt enttäuscht auf dem Rasen. Der Abwehrspieler war noch einer der besten Deutschen gegen Südkorea und hatte mit einem Kopfball die größte Chance zur Führung.

Innenverteidiger Mats Hummels sitzt enttäuscht auf dem Rasen. Der Abwehrspieler war noch einer der besten Deutschen gegen Südkorea und hatte mit einem Kopfball die größte Chance zur Führung.

Foto: dpa/Andreas Gebert

Orientierungslos irrte Löw nach dem Abpfiff über den Rasen der Arena in Kasan, offensichtlich konnte er den K.o. nicht fassen. Der Schlafwagen-Fußball gegen limitierte Südkoreaner wurde mit dem historischen Vorrunden-Aus bei einem WM-Turnier bestraft. Young-Gwon Kim (90.+2) und Heung-Min Son (90.+6) besiegelten die peinliche Niederlage mit ihren Treffern in der Nachspielzeit. Weil Schweden parallel gegen Mexiko mit 3:0 gewann, hätte nicht einmal eine Nullnummer gereicht. Das behäbig agierende Löw-Team fiel mit drei Punkten sogar noch hinter die Südkoreaner auf den letzten Platz der Gruppe F zurück.

„Wir haben bis zum Schluss dran geglaubt. Wir haben den Ball nicht ins Tor gebracht. Wir hatten genug Gelegenheiten. Das hat uns heute das Genick gebrochen“, klagte Mats Hummels und zog ein knallhartes WM-Fazit: „Das letzte überzeugende Spiel war im Herbst 2017. Das ist ein ganz, ganz bitterer Abend.“

Vier Jahre nach dem Triumph von Rio ist nach nur zehn Turnier-Tagen das Unternehmen Titelverteidigung mit dem Tiefpunkt deutscher WM-Geschichte beendet. Schon am heutigen Donnerstag um 11 Uhr geht es von Moskau im Sonderflieger nach Frankfurt. In der Heimat wartet die Debatte um die Zukunft von Löw. „Wir sitzen alle in dem Verlierer-Boot. Grundsätzlich sind wir alle vom Weg von Joachim Löw überzeugt“, sagte Thomas Müller. „Wir müssen das erstmal verarbeiten.“

Team-Manager Oliver Bierhoff rechnet nicht mit einem Rücktritt von Löw. „Ich gehe fest davon aus, dass Jogi weitermacht“, sagte er. Auch DFB-Präsident Reinhard Grindel wollte nicht über Personal-Konsequenzen sprechen. „Wir haben vor der WM gesagt, wir trauen ihm das zu bis 2022. Das ist nach wie vor meine Meinung“, sagte der DFB-Chef. Allerdings erwarte er eine intensive Aufarbeitung des unerwarteten Scheiterns. Löw ist seit 2006 Bundestrainer und hatte seinen Vertrag vor der WM bis 2022 verlängert.

Nach dem Last-Minute-Coup gegen Schweden setzte Löw seine WM-Rotation konsequent fort. Fünf Wechsel nahm er vor. Diesmal traf es zunächst auch Müller. Sein künftiger Münchner Kollege Leon Goretzka kam für den je fünfmaligen WM-Torschützen der Jahre 2010 und 2014 zu seiner Turnier-Premiere, hatte aber große Probleme, seine Rolle auf rechts zu finden. Auch Niklas Süle, der in der Innenverteidigung neben Rückkehrer Mats Hummels den gesperrten Jérôme Boateng vertrat, kam zu seinem ersten WM-Spiel. Die gegen Schweden aussortierten Mesut Özil und Sami Khedira durften im Mittelfeld wieder mitwirken. Löws Signal: Der Konkurrenzkampf wird hochgehalten. Aber: Der Effekt blieb aus.

Frische, Dynamik und Schnelligkeit fehlten im deutschen Spiel – auch bei Khedira und Özil, die eher im phlegmatischen Mexiko-Modus agierten. Schwerfällig und behäbig war der Aufbau. Ungenaue Pässe und Flanken, zu wenig Bewegung: So kam das Offensivspiel nicht in Schwung. Zum Abschluss kamen aber die Südkoreaner. Torwart Manuel Neuer hatte bei einem Freistoß von Woo-Young Jung (19.) große Fangprobleme, rettete dann aber selbst mit wuchtigem Einsatz vor Heung-Min Son.

 Ein gewohntes Bild gestern: Die deutschen Spieler greifen sich an die Köpfe, weil es nicht läuft.

Ein gewohntes Bild gestern: Die deutschen Spieler greifen sich an die Köpfe, weil es nicht läuft.

Foto: dpa/Ina Fassbender
 Die Südkoreaner bejubeln das 1:0 von Young-Gwon Kim. Am Ende zogen sie sogar in der Gruppe an Deutschland vorbei.

Die Südkoreaner bejubeln das 1:0 von Young-Gwon Kim. Am Ende zogen sie sogar in der Gruppe an Deutschland vorbei.

Foto: dpa/Christian Charisius
 Ist seine Zeit als Bundestrainer abgelaufen? Joachim Löw wollte sich nach dem WM-Aus zu einem möglichen Rücktritt nicht äußern.

Ist seine Zeit als Bundestrainer abgelaufen? Joachim Löw wollte sich nach dem WM-Aus zu einem möglichen Rücktritt nicht äußern.

Foto: dpa/Andreas Gebert

Das deutsche Spiel plätscherte langsamer dahin, als die Wolga am Stadion vorbeifloss. Als Timo Werner (43.) dann endlich einmal zum Abschluss kam und den Pfosten traf, hätte ein Tor wegen eines Foulspiels von Jonas Hector ohnehin nicht gezählt. Löw reagierte und brachte Gomez für den so enttäuschenden Khedira, auch Müller (63.) wurde noch gebracht. Doch es fehlte die Körpersprache, das Aufbäumen. Nur Mats Hummels rüttelte immer wieder auf und hatte per Kopfball die größte Chance (87.) – ohne Erfolg. Kim und Son besiegelten die Pleite.

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