DSV sät Zweifel am Belastungs-Zeugen

Hamburg. Der Deutsche Skiverband hält den Doping-Belastungszeugen für unglaubwürdig, der frühere Biathlon-Weltmeister Jürgen Wirth bekräftigt seine Anschuldigungen gegen Herren-Bundestrainer Frank Ullrich: "Ich kann bestätigen, dass ich eine Eidesstattliche Erklärung zur Vorlage bei Gericht abgegeben habe

Hamburg. Der Deutsche Skiverband hält den Doping-Belastungszeugen für unglaubwürdig, der frühere Biathlon-Weltmeister Jürgen Wirth bekräftigt seine Anschuldigungen gegen Herren-Bundestrainer Frank Ullrich: "Ich kann bestätigen, dass ich eine Eidesstattliche Erklärung zur Vorlage bei Gericht abgegeben habe." Der DSV kündigte nach einer Präsidiumssitzung gestern an, dass er eine Untersuchungskommission einberuft. Zudem empfahl er Ullrich, "die Möglichkeit einer Strafanzeige sowie einer zivilrechtlichen Klage gegen Herrn Wirth überprüfen zu lassen". Unabhängig davon will sich der Verband noch einmal mit allen Zusammenhängen - und damit auch mit Anschuldigungen gegen Wilfried Bock - beschäftigen. Der frühere DDR-Cheftrainer war von Wirth und von Olympia-Sieger Jens Steinigen mit Doping-Praktiken in der DDR in Zusammenhang gebracht worden.Bock und Ullrich bestreiten die Vorwürfe. Der DSV sagt, Wirths Aussagen stünden im Gegensatz zu seinen Aussagen vor dem Landeskriminalamt Thüringen. In einem Protokoll der Anhörung vom 3. Mai 1991 habe Wirth gesagt: "Für mich kann ich sagen, dass ich von dem (Frank Ullrich) nie diese Tabletten bekommen habe." Wirth, der 1987 Staffel-Weltmeister wurde, sagt: "Frank Ullrich hat uns damals angewiesen, dieses Mittel Oral-Turinabol einzunehmen, damit wir schneller wieder regenerieren, das heißt, schnellere Erholungsphasen haben." Steinigen berichte, Skijägern seien in den 80er-Jahren unkontrolliert Doping-Mittel über Getränke verabreicht worden. "Auf Empfehlung des damaligen Mannschaftsarztes wurde die Praxis dann geändert, da es offensichtlich Probleme mit der Dosierung gab. Man wusste nie genau, wie viel jeder Sportler tatsächlich trinkt und damit Doping-Mittel zu sich nimmt." Nachdem der DDR-Mannschaft im November 1985 offen mitgeteilt worden sei, dass die "Mittel nun verabreicht werden, insbesondere zur besseren Kraftentwicklung und Regeneration", habe Steinigen 1986 der Mannschaftsleitung mitgeteilt, dass er beim Doping nicht mitmache. Für Olympia 1988 wurde er ausgemustert.Während Wirth behauptet, Bock und Ullrich hätten "die Einnahme auch kontrolliert", kann Steinigen dazu nichts sagen: "Die Vergabe war eher Aufgabe der Ärzte und Physiotherapeuten. Von Frank Ullrich kann ich ohnehin nichts bekommen haben, da er erst ab 1986 als Trainer tätig war und ich ja auf Grund meiner Weigerung ab dieser Zeit nichts mehr erhielt." Über Ullrich ist in höchsten Gremien des deutschen Sports in den 90er-Jahren beraten worden. In einer Pressemitteilung vom 28. Januar 1992 vom Nationalen Olympischen Komitee (NOK) wurde er für die deutsche Olympia-Mannschaft zugelassen. Das NOK schrieb, "dass die Aussage Ullrichs glaubwürdig erscheint, dass er mit Doping-Fragen weder als Aktiver noch als Trainer direkt und mit eigener Kenntnis befasst gewesen sei". Ullrich biete die Gewähr, "auch in Zukunft seine Arbeit im deutschen Sport unter Beachtung der Regeln und der Bestimmungen gegen Doping zu leisten", hieß es. Eine "schriftliche Erklärung, zu der Ullrich bereit gewesen sei, wurde nicht für notwendig gehalten".Pikant: Im Mai 1991 gab das Präsidium des Deutschen Sportbundes (DSB) in einem Brief an den Sportausschuss des Bundestages eine Empfehlung weiter, die DSB-Präsident Manfred von Richthofen an den DSV gegeben hatte. Darin hieß es, dass man mit den Trainern Bock und Ullrich kein festes Anstellungsverhältnis entstehen lassen solle, solange der gegen sie bestehende Verdacht der persönlichen Beteiligung an systematischer Verabreichung von Doping-Mitteln an Aktive nicht ausgeräumt ist. dpa "Frank Ullrich hat uns damals angewiesen, dieses Mittel Oral-Turinabol einzunehmen."Jürgen Wirth

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