Drei Säulen als Basis des Erfolgs

Saarbrücken · Der neue Olympia-Zyklus beginnt, der Verteilungs-Kampf um die Fördergelder ist im Gange. Auch im Saarland müssen sich einige Verbände neu aufstellen, ihre Ziele für 2020 definieren. Die SZ beleuchtet ihre Situation.

 Christian Schwarzer (links) und Dirk Mathis. Foto: Schlichter

Christian Schwarzer (links) und Dirk Mathis. Foto: Schlichter

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Verband, Schule und Verein. Mit diesen drei Säulen steht und fällt die Talentförderung im Handball. So sieht es zumindest einer der beiden Landestrainer des Handball-Verband Saar , Dirk Mathis. Mit Christian Schwarzer , Weltmeister von 2007, leitet er die Nachwuchsförderung. In Kooperation mit der Eliteschule des Sports, dem Gymnasium am Rotenbühl, und den saarländischen Handballvereinen hat sich ein System gebildet, in dem Kinder und Jugendliche optimal gefördert werden können.

"Die Entwicklung der letzten Jahre ist erfreulich. Bei der Talentsichtung haben wir eine solide Basis geschaffen, die motivierte und solide Jungs hervorbringt", erklärt Mathis. Das System, das bei den Jungs schon erfolgreich eingeführt wurde, wird seit Anfang 2016 auch für Mädchen angewendet. "Wir wollen, dass auch die Mädchen konkurrenzfähig werden. Sie sollen wie die Jungs merken, dass es mit den Strukturen, die wir haben, möglich ist, höchsten Ansprüchen zu genügen", sagt der Landestrainer.

Fast wöchentlich haben Mathis und Schwarzer die Auswahl-Mannschaften zusammen - ein Vorteil des kleinen Saarlandes: "Wir können es Eltern und Spielern auch zumuten, nur für 90 Minuten Training nach Saarbrücken zu fahren", sagt Mathis, der mit "Blacky" das Jungentraining leitet. Bei den Mädchen werden die Einheiten hauptsächlich von Mirko Schwarz und Alexandra Jelicic geleitet. Außerdem hat der Verband drei Förderzentren im Jungen und zwei im Mädchenbereich - je zwei sind noch in Planung. Dort soll es darum gehen, Spielern eine zusätzliche Trainingseinheit auf hohem Niveau zu ermöglichen - bei relativ kurzen Fahrtwegen.

In den Auswahlen selbst geht es dann an der Hermann-Neuberger-Sportschule in Saarbrücken zur Sache. "Unser Hauptaugenmerk muss sein, die Jungen und Mädchen bis zum Abitur möglichst optimal auszubilden. Wir wollen zeigen, dass höchste sportliche Ziele mit höchsten schulischen Zielen vereinbar sind", gibt Mathis die Marschroute vor.

Doch bevor es so weit ist, muss der Nachwuchs erstmal zum Sport kommen. "Die Nachwuchsakquise ist natürlich das A und O. Da ist vor allem der LSVS-Talentetag und der Grundschulaktionstag wichtig", sagt Ex-Weltklasse-Kreisläufer Schwarzer, der von der Resonanz beim Grundschulaktionstag begeistert ist: "Wenn man sich überlegt, dass 104 von 163 möglichen Grundschulen mitgemacht haben, dann ist das eine richtige Hausnummer." Sein Kollege ergänzt: "Besonders die Sportart muss präsent gemacht werden. Gerade bei Kindern, die noch nicht auf eine Sportart festgelegt sind."

Für Schwarzer spielen die kürzlichen Erfolge der deutschen Nationalmannschaft ebenfalls eine große Rolle für die Sicherung des Handball-Nachwuchses: "Die Kinder wollen das machen, was sie im Fernsehen sehen, in der Zeitung lesen oder im Radio hören. Sie möchten denen nacheifern, die erfolgreich sind. Für uns ist es deshalb enorm wichtig, dass die Nationalmannschaft erfolgreich ist und dass wir in den Medien präsent sind." Daher wäre es für ihn eine mittlere Katastrophe, wenn die Weltmeisterschaft in Frankreich im kommenden Jahr - nach aktuellem Stand - wohl nur im Bezahlfernsehen zu sehen wäre.

Dass die Methoden von Mathis und Schwarzer Früchte tragen, hat vor allem Einer gezeigt: Yves Kunkel. Der 22-Jährige hat die komplette Förderung durchlaufen. Er hat sein Abitur auf dem Rotenbühl "gestreckt", also nach 13 Jahren Schule geschrieben. Zudem durchlief er die vielen Auswahl-Mannschaften des HVS und spielte mit der HSG Völklingen zwei Jahre in der A-Jugend-Bundesliga, wo die Mannschaft in der Saison 2012/13 sogar ihre Staffel gewann und zu den vier besten Mannschaften in Deutschland zählte. Außerdem war der Linksaußen fester Bestandteil deutscher Nachwuchs-Nationalmannschaften, gewann zweimal die EM und sicherte sich einmal WM-Bronze. Nach einer Saison bei der HG Saarlouis wechselte er zur Saison 2013/14 zur GWD Minden in die Bundesliga und kam zu drei Testspieleinsätzen in der A-Nationalmannschaft. Momentan spielt er seine zweite Spielzeit für die HBW Balingen-Weilstetten, ist aktuell mit 58 Toren Fünfter der Torschützenliste der Bundesliga.

"Yves hat das Gesamtpaket genießen dürfen. Dadurch hat er sich so entwickeln können", sagt Mathis und glaubt, dass Kunkel auf eine Teilnahme bei den Olympischen Spiele 2020 eine reelle Chance hat: "Yves muss über Spielzeit in der Bundesliga auf sich aufmerksam machen. Wenn er weiter gute Leistungen zeigt, wird er sicher wieder nominiert werden."

Mathis sieht einen weiteren Saarländer in einer guten Position für die nächsten Spiele: Daniel Fontaine spielt seit 2012 bei Frisch Auf Göppingen in der Bundesliga und hat sich trotz einiger Verletzungen im Oberhaus etabliert. Zuletzt konnte er mit den Göppingern den EHF-Pokal gewinnen. "Wenn es bei Fonny gut läuft und er seine Leistung konstant bringt, kann er auch im Perspektivfeld der A-Nationalmannschaft sein", erklärt Mathis. Für die weitere Zukunft sieht er auch Möglichkeiten für die Saarlouiser Jerome Müller und Lars Weissgerber sowie Björn Zintel, der beim ASV Hamm-Westfalen in der 2. Bundesliga spielt. "Für die drei Jungen dürfte Tokio noch zu früh kommen. Doch wer weiß? Es kann viel passieren", sagt Mathis.

Ob die Zukunft im Mädchenbereich genauso erfolgreich wird wie bei den Jungs, bleibt abzuwarten. Schließlich spielen die erfolgreichsten saarländischen Vereine "nur" in der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar. Doch Mathis ist optimistisch: "Bei den Mädchen sind auf jeden Fall Ressourcen da, in Zukunft ähnlich erfolgreich zu sein." Schließlich wird auch deren Ausbildung auf drei festen Säulen stehen.

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