Doping-Diskussion immer grotesker

Berlin · Doping im Fußball ergibt keinen Sinn, sagen die Verantwortlichen im Fußball und wollen eine entsprechende Diskussion erst gar nicht aufkommen lassen. Für die Experten ist das „Blödsinn“. Sie fordern schärfere Kontrollen und Aufklärung.

Die Doping-Diskussion im deutschen Profi-Fußball nimmt allmählich groteske Züge an und sorgt bei Experten zunehmend für Kopfschütteln. Jürgen Klopp mutmaßte im Zuge der Vorwürfe über systematisches Doping in der Bundesliga während der Siebziger und Achtziger Jahre, dass die Mediziner in Freiburg "ein bisschen vor sich hin getestet haben". Der Sportler quasi als "Versuchskaninchen", wie ihm Ex-Nationalspieler Mehmet Scholl in der ARD beipflichtete. Und schließlich sei Doping im Fußball "völlig uneffektiv", versicherte Sportdirektor Robin Dutt vom VfB Stuttgart , "weil wir eine Mischsportart haben". Der Spieler würde sich in der Leistung eher verschlechtern.

Fachleute sehen das ganz anders. Gerhard Treutlein als Mitglied der Freiburger Forschergruppe bezeichnete die Aussagen als "Blödsinn". Anti-Doping-Experte Werner Franke überraschen die Anschuldigungen kaum. "Toni Schumacher hat in seinem Buch schon Ende der Achtziger Jahre offen über Aufputschmittel geschrieben, die bei ihnen zur zweiten Halbzeit herumgereicht wurden. Das hat er da ganz offen zugegeben. Damals war es normal, dass man in der zweiten Halbzeit nachgelassen hat. Heute ist das nicht mehr so", sagte Franke.

Dass der Fußball heute viel schneller als früher ist, sei "auffällig", ergänzte Franke: "Das weckt den Verdacht: Da wurde was getan. Man könnte das auch durch gute legale Mittel erklären - aber auch durch Epo." Eine gesunde Skepsis sei angebracht, so Franke. Er fordert ein viel schärferes Kontrollsystem: "Es muss vor allem mehr überraschende Trainingskontrollen geben. Einen FC Bayern München muss man zum Beispiel besonders in Katar, in der Winterpause, abklopfen. Wenn was gemacht wird, dann in den Wettkampfpausen."

Anlass der neuerlichen Debatte ist ein Zwischenbericht der Evaluierungskommission Sportmedizin Freiburg, der am Montag publik geworden war. Demnach sei bewiesen, dass in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren Anabolika-Doping beim Bundesligisten VfB Stuttgart "in größerem Umfang" sowie "punktuell" beim damaligen Zweitliga-Club SC Freiburg eine Rolle gespielt habe. Im Mittelpunkt der Anschuldigungen steht der frühere Freiburger Sportmediziner Armin Klümper.

Winfried Laschner als früherer Mannschaftsarzt des VfB schloss Doping-Vergehen während seiner Amtszeit aus. Er wisse nicht, was Klümper, bei dem sich damals auch VfB-Profis behandeln ließen, "bei jedem einzelnen Patienten in seinen Spritzen hatte. Ich kann aber ausschließen, dass Mittel zur Leistungssteigerung eingesetzt wurden", sagte Laschner. Der Mediziner war von 1976 bis 1984 Teamarzt des VfB. Offen ließ Laschner aber, ob Anabolika-Mittel wie Megagrisevit von Klümper zu therapeutischen Zwecken eingesetzt wurden.

Experten wie Fritz Sörgel fordern vom DFB eine lückenlose Aufklärung, sind aber skeptisch. "Auch der Deutsche Fußball-Bund sitzt da wie ein Buddha in Frankfurt. Fußball als Sport Nummer eins in Deutschland hat eine hohe gesellschaftliche Verantwortung. Er kann sich nicht erlauben, dass etwas ungeklärt bleibt", sagte Sörgel. "Doch schon die Zusammensetzung der Ethikkommission beim DFB ist sehr fragwürdig. Ich vermute, der Verband wird eine Erklärung herausgeben, die lauten wird: 'Es gibt kein Dopingproblem im Fußball.'"

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Am RandeEx-Nationalspieler Karlheinz Förster hat Vorwürfe zurückgewiesen, dass er als Spieler des VfB Stuttgart in Dopingpraktiken involviert gewesen sei. In einer Dokumentation des SWR über Professor Dr. Armin Klümper wurde Förster mit dem Satz zitiert: "Da hat man auch mal was Unvernünftiges gemacht." Auf die Frage, ob das ein Geständnis sei, erklärte der Europameister von 1980: "Dabei ging es um die Situation, dass man dem Arzt gesagt hat: Ich muss Samstag spielen. Da ging es um eine Entzündung im Sprunggelenk, nicht um Doping . Wenn Sie ein dickes Sprunggelenk haben und spielen wollen, hilft Anabolika sicher nicht weiter." sid

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