Doberstein bietet dem Teufel die Stirn

Nichts fürchtet der Teufel mehr als einen fröhlichen Menschen. Diese Weisheit stammt von Franziskus von Assisi. Ausgesprochen hat diesen Satz auch Jürgen Doberstein, nachdem er kurz in seinem kleinen schwarzen Büchlein geblättert hat. Es ist sein Lebensmotto

Nichts fürchtet der Teufel mehr als einen fröhlichen Menschen. Diese Weisheit stammt von Franziskus von Assisi. Ausgesprochen hat diesen Satz auch Jürgen Doberstein, nachdem er kurz in seinem kleinen schwarzen Büchlein geblättert hat. Es ist sein Lebensmotto. "Das Leben ist doch ernst genug, da sollte man das Lachen nicht vergessen", sagt der Profiboxer und klappt die Lektüre, welche er stets mit sich trägt, wieder zu.Doberstein ist immer für eine Überraschung gut. Denn wer rechnet schon damit, dass ein Faustkämpfer philosophische Zeilen vorliest, die er als Kind selbst zusammengetragen hat? Drei Wochen vor dem Kampf am 8. März in der Saarlandhalle gegen Blas Miguel Martinez um den WBF-Intercontinental-Titel gibt Doberstein einen Einblick in seinen Alltag. Den Alltag eines Profiboxers, der kurz vor dem ganz großen Durchbruch steht.

Die Vorzüge von "Hotel Mama"

9 Uhr. Der Wecker klingelt. Frühstück. Danach geht es raus in die Natur. Joggen um den Rohrbacher Weiher. Eine Idylle. Nach vier Runden um das Gewässer fährt Doberstein zurück in den Neunkircher Stadtteil Wellesweiler. Dort wohnt er übergangsweise bei seinen Eltern Nina (47) und Leonid (48). Die Familie ist 1998 von Kasachstan nach Deutschland gezogen. Vater Leonid hat deutsche Wurzeln, Mutter Nina kommt aus der Ukraine. Dobersteins vier Geschwister Nadja (29), Eugen (27), Waldemar (25) und Jana (22) leben im Saarland verstreut. Auch der 23-Jährige war bis vor Kurzem noch in Friedrichsthal zu Hause. Doch die Beziehung mit seiner Ex-Freundin ging in die Brüche, und so hat er vorerst "Hotel Mama" in Anspruch genommen.

"Nach dem Kampf suche ich mir etwas in St. Ingbert oder Saarbrücken. Aber bei diesem Essen fällt es schwer, hier auszuziehen", gesteht Doberstein grinsend und verweist auf die Leckereien vor ihm. Mutter Nina hat groß aufgetischt: Pelmeni gibt es, Teigtaschen mit Rindfleischfüllung. Eine russische Spezialität. Dazu Chebureki, ein Brotteig, in dessen Mitte sich ebenfalls Rindfleisch befindet. Tomaten mit Schafskäse und bunt gemixter Salat komplettieren den Schmaus. "Mein Lieblingsessen ist aber Steak mit Kartoffeln. Schön blutig", verrät der "Dobermann", während ihm Chihuahua Balu um die Füße flitzt. Dann räumt der brave Hausmann das Geschirr weg. Vater Leonid schaut überrascht. Wohl nicht immer so? "Naja . . . manchmal", sagt er lachend und verlässt die Küche.

Nach dem Essen folgt ein Abstecher zu Ahmad Hammoud von Dobersteins Management, der DOG Event & Boxing Company. Kurze Besprechung wegen einer kaputten Heizung in der Trainingshalle. Dann geht die Reise weiter Richtung Outlet-Center Zweibrücken. Ein neuer Mantel soll in Dobersteins Besitz übergehen. Dazu benötigt er allerdings Freunde zur Beratung. Das "Kompetenz-Team" besteht heute aus Kimberley Diane McDonough (18) und Rudolf Umarow (32). "Ich brauche immer Menschen um mich herum", verrät Doberstein. Auch, weil er sich vom Kampf ablenken will, denn "der spukt immer im Hinterkopf rum". Doberstein holt die beiden Freunde in seinem neuen Geländewagen ab. Ein Geschenk seiner Manager Oliver Heib und Bernhard Notar nach dem gewonnenen Junioren-WM-Kampf am 27. Oktober 2012. "WM 2710" ist auf dem Nummernschild zu lesen.

Perfektionist - nicht nur im Ring

Der Einkaufsbummel bleibt ergebnislos. In mindestens zehn Geschäften sucht er, wühlt, probiert. Sehr wählerisch, fast schon ein Perfektionist. "Es fehlt einfach das Besondere", sagt Doberstein und macht sich auf in den nächsten Laden.

Gegen 18.30 Uhr gibt Doberstein auf - was er im Ring natürlich nie tun würde, wie er betont. Aber es wird Zeit. Um 19 Uhr muss er bei Trainer Sergej Ostrovski sein. Videoanalyse. Besonders der WM-Kampf von Sugar Ray Leonard gegen Roberto Duran aus dem Jahr 1980 hat es dem Duo angetan. Mit leuchtenden Augen schauen sie zu, wie Leonard seinen Gegner vorführt. "Siehst du das? Diese Bewegungen", schwärmt Ostrovski. Detailliert gehen sie die Situationen durch und erklären, warum Duran genervt das Handtuch warf.

An diesen Punkt der Perfektion möchte Jürgen Doberstein auch kommen. Mit jedem Kampf wachsen die Erwartungen. Und der Druck. "Damit kann ich umgehen", sagt er. Dabei geben ihm seine Philosophen die Richtung vor. Und die muss nicht immer den Weg des Teufels kreuzen. Bücher wie "Sorge dich nicht - lebe" von Dale Carnegie haben ihn geprägt. Zuletzt hat sich Doberstein mit den Shaolin-Mönchen beschäftigt. "Das hilft, zu sich selbst zu finden", sagt er. Vielleicht hilft es ihm auch, den Weg auf den Box-Olymp zu finden.

Auf einen Blick

Karten für den Titelkampf von Jürgen Doberstein am 8. März in der Saarbrücker Saarlandhalle gegen Blas Miguel Martinez gibt es unter www.ccsaar.de, telefonisch unter (06 81) 4 18 01 81, an allen bekannten Vorverkaufsstellen und in der Saarlandhalle selbst. Rollstuhlfahrer können sich unter der Nummer (06 81) 4 18 00 einen Platz reservieren. Tickets gibt es ab 21,50 Euro. Der Kampfabend beginnt um 19.30 Uhr, Einlass ist um 18.30 Uhr. hej

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