„Diesen Kampf konnte er nicht gewinnen“

Berlin · Andreas Biermann ist tot. Der Ex-Profi litt an Depressionen, machte seine Krankheit öffentlich und wollte vielen Betroffenen eine Hilfe sein. Letztlich konnte ihm keiner mehr helfen. Biermann verstarb im Alter von nur 33 Jahren.

Fünf Jahre nach dem Selbstmord von Robert Enke wird der deutsche Fußball erneut von einem tragischen Tod erschüttert: Andreas Biermann hat sich das Leben genommen. Der ehemalige Fußball-Profi litt seit 2004 an Depressionen , jetzt hat er den Kampf gegen die Krankheit verloren. Biermann wurde nur 33 Jahre alt.

"Unser Seniorenspieler An dreas Biermann hat seine depressive Krankheit nicht überwinden können und ist gestern morgen verstorben. Unser Mitgefühl ist bei seiner Familie", schrieb sein Berliner Club FSV Spandauer Kickers 1975 am Samstag auf seiner Facebook-Seite. Biermann hinterlässt seine Ehefrau und zwei Kinder. Biermanns ehemaliger Mitspieler Fabian Boll reagierte betroffen. "Geschockt, entsetzt und traurig", schrieb die St. Pauli-Legende bei Facebook .

Offenbar setzte Biermann seinem Leben selber ein Ende. "Es stimmt leider. Wir sind alle geschockt und tieftraurig", sagte Günter Hagedorn, Geschäftsführer der Spandauer Kickers. Auch seine Ex-Clubs FC St. Pauli, für den Biermann zwischen 2008 und 2010 zehn Zweitliga-Partien bestritt, Hertha BSC und Union Berlin trauern. "Er hat sich lange und mutig gegen seine Krankheit gestemmt, aber er konnte den Kampf nicht gewinnen", sagte Union-Präsident Dirk Zingler.

Seit zehn Jahren hatte der Berliner Biermann Depressionen . Doch erst nach dem Tod von Enke wurde ihm bewusst, dass er krank war. Biermann ging an die Öffentlichkeit, redete in Talkshows, kämpfte, ließ sich stationär behandeln und wollte die Krankheit Depression enttabuisieren. "Leider wird die Krankheit immer noch als Schwäche ausgelegt", sagte Biermann einmal: "Ich fand es wichtig, die Erfahrungen, die man während der Therapie sammelt, zu teilen. Um damit Ängste zu nehmen und dazu beizutragen, dass man in Zukunft offen darüber reden kann."

Biermann schrieb 2011 seine Autobiographie mit dem Titel "Rote Karte Depression" - um das Erlebte zu verarbeiten und anderen Depressiven Mut zu machen, sich behandeln zu lassen und um das Leben zu kämpfen. Biermann ging auf Lesetour, fing an, Psychologie zu studieren. Sogar seine Handynummer stellte er ins Internet, damit sich Betroffene bei ihm melden können. Und Biermann spielte nach seinem Klinikaufenthalt wieder Fußball - aber nicht mehr als Profi.

Den mutigen Schritt, seine Krankheit öffentlich zu machen, bereute Biermann später. "Menschlich war es damals der einzig richtige Schritt, beruflich hingegen bereue ich mein Bekenntnis", sagte er im September 2011: "Ich habe dadurch meinen Job verloren. Für meine Familie war das dramatisch. Die Verantwortlichen in den Vereinen haben mir zunächst viele Versprechungen gemacht, die sie später dann nicht eingehalten haben."

Im Februar 2012 offenbarte Biermann auf seiner Facebook-Seite, dass er zum dritten Mal versucht habe, sich das Leben zu nehmen. "Egal ob privat oder beruflich, momentan könnt's nicht schlechter laufen", schrieb er und flehte um Hilfe: "Hat jemand eine Idee für mich, mir fällt leider nichts mehr ein. Den Suizidgedanken habe ich nach wie vor, ich fühle mich sehr schlecht." Am Freitag beendete Andreas Biermann sein Leben.

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