Die Rache für WembleyOffensiv-Feuerwerk der DFB-Elf
Bloemfontein. Der deutsche (Traum-)Fußball ist endgültig zum Albtraum für England geworden. Alle entscheidenden Spiele bei Welt- und Europameisterschaften hat das Mutterland des Fußballs seit dem Sieg im WM-Finale 1966 mit dem umstrittenen Wembley-Tor verloren. Dass 4:1 der jungen deutschen Mannschaft gestern im WM-Achtelfinale in Bloemfontein hat den englischen Fußball abermals gedemütigt
Bloemfontein. Der deutsche (Traum-)Fußball ist endgültig zum Albtraum für England geworden. Alle entscheidenden Spiele bei Welt- und Europameisterschaften hat das Mutterland des Fußballs seit dem Sieg im WM-Finale 1966 mit dem umstrittenen Wembley-Tor verloren. Dass 4:1 der jungen deutschen Mannschaft gestern im WM-Achtelfinale in Bloemfontein hat den englischen Fußball abermals gedemütigt. Miroslav Klose (20. Minute), Lukas Podolski (32.) und Thomas Müller (67./70.) nach einer "grandiosen Leistung", wie Bundestrainer Joachim Löw lobte, führten Deutschland nach einem tollen Spiel vor 40 000 Zuschauern ins Viertelfinale am Samstag, 16 Uhr, gegen Argentinien. Also eine Neuauflage von 2006.
"Das war eine geile Kiste heute", sagte Müller, der zum "Mann des Spiels" gewählt wurde. Freilich trübt ein nicht anerkanntes Tor der Engländer zum 2:2 den Triumph ein wenig. Kurz nach dem 1:2 von Matt Upson (37.) sprang der Ball nach einem Lattenschuss von Frank Lampard hinter der Linie auf. Löw sagte: "Da hätte man Tor pfeifen müssen." Für Englands Trainer Fabio Capello war die Fehlentscheidung "wichtig. Das Spiel hätte einen anderen Verlauf genommen. Es ist unglaublich, dass die Schiedsrichter nicht gesehen haben, was ich von der Bank aus gesehen habe". Sei's drum: Die deutsche Elf zeigte Zauber-Fußball: England wurde ausgespielt und ausgekontert. Das Durchsetzungsvermögen Kloses, die technische Raffinesse Mesut Özils und die Kaltschnäuzigkeit Müllers, "entblößten, wie geplant", so Löw, die englische Abwehr. Die kompakte deutsche Defensive mit den überragenden Bastian Schweinsteiger und Arne Friedrich hielt dem kurzen Ansturm Englands zwischen dem 2:1 und 3:1 bravourös stand.
Schweinsteigers Einsatz war wegen einer Muskelverhärtung im Oberschenkel bis gestern fraglich. Auch Jerome Boateng war nach einer Muskelverhärtung fit, so dass die Startelf des Ghana-Spiels (1:0) bis auf eine Ausnahme dieselbe war. Klose kehrte nach Gelb-Rot-Sperre zurück. Cacau fehlte wegen einer Bauchmuskelzerrung.
In dem mitreißenden Spiel zeigten die deutschen Jungspunde keinen Respekt vor den routinierten Engländern, standen gut und spielten den Gegner mit zum Teil wundervollen Kombinationen aus. Özil zwang Torwart David James nach fünf Minuten zu einer Fußabwehr. Eine Viertelstunde später kam James gegen Klose eine Fußspitze zu spät. Nach Manuel Neuers Abschlag behauptete sich Klose gegen Upson und spitzelte im Fallen den Ball mit dem Außenrist an James vorbei. Das 1:0. Mit direktem Kurzpass-Spiel spielte die deutsche Offensive die Engländer aus. Podolski traf ins lange Eck. 2:0.
Erst jetzt begannen die Routiniers aus England, die Initiative zu ergreifen. Upson, Schuld am 0:1, erzielte nach Flanke von Gerrard per Kopf das 1:2. Neuer sah beim Rauslaufen schlecht aus. Das 2:2 wenig später nach Lattenschuss von Lampard erkannten der uruguayische Schiedsrichter Jorge Larrionda und sein Linienrichter Mauricio Espinosa nicht an. Der Ball sprang hinter der Torlinie auf. Lampards zweiter Lattenknaller (52.) per Freistoß war das Signal für permanenten Druck der Engländer. Die Deutschen wehrten sich aber mit kompakter Klasse. Friedrich und Boateng bereinigten zwei brenzlige Situationen. War England in Halbzeit eins ausgespielt worden, wurde es nun ausgekontert, mit Müller als Vollstrecker. Schweinsteiger hatte, umzingelt von drei Engländern, den Pass zum 3:1 gegeben, Özil nach einem Spurt über links den Querpass zum 4:1 - alles entschieden. Löw wechselte Piotr Trochowski, Mario Gomez und Stefan Kießling ein, um Müller, Klose und Özil bereits für das Viertelfinale zu schonen. Manuel Neuer: Sah beim Gegentor nicht gut aus, auch beim Latten-Freistoß von Frank Lampard (52. Minute) verschätzte er sich. Dafür mit einigen starken Paraden und in der ungewohnten Rolle als Torvorbereiter - sein weiter Abstoß führte zum 1:0 durch Klose.
Jerome Boateng: Schwachpunkt in der deutschen Abwehr. Zu passiv beim Gegentreffer. Ließ die Engländer einige Male unbedrängt flanken.
Arne Friedrich: Der überragende Mann in der Abwehr. Seine Rettungsaktion gegen Jermain Defoe war weltklasse (62.).
Per Mertesacker: Fiel wie schon gegen Ghana im Vergleich zu seinem Nebenmann Friedrich deutlich ab. Steigerte sich aber leicht im Vergleich zum letzten Vorrundenspiel.
Philipp Lahm: Zeigte einige Unsicherheiten in der Defensive. Dafür mit guten Vorstößen. Rettete einmal stark auf der Linie (35.).
Bastian Schweinsteiger: Eine Weltklasse-Leistung des "Mittelfeld-Motors". Bewies viel Übersicht beim 3:1, auch darüber hinaus mit vielen starken Aktionen in der Offensive.
Sami Khedira: War maßgeblich am deutschen Angriffswirbel beteiligt und ein wesentlicher Faktor im Kombinationsspiel der DFB-Elf.
Mesut Özil: Am Anfang fehlte ihm noch ein wenig die Präzision, wie bei seiner Riesenchance zu Beginn. Steigerte sich später und bereitete in beeindruckender Manier das 4:1 vor.
Lukas Podolski: Schoss aus scheinbar unmöglichem Winkel das wichtige 2:0.
Thomas Müller: Der 20-Jährige war neben Schweinsteiger der überragende Mann auf dem Platz. Mit viel Übersicht beim 2:0, war auch darüber hinaus an jeder gefährlichen Aktion der DFB-Elf beteiligt. Krönte seine Leistung mit seinen WM-Toren Nummer zwei und drei.
Miroslav Klose: Setzte sich bei seinem Führungstor stark gegen Matt Upson durch. Arbeitete auch sonst unermüdlich und brachte sich immer wieder ins deutsche Kombinationsspiel ein. Vor dem 2:0 mit einem herrlichen Außenrist-Pass auf den Torvorbereiter Müller.
Mario Gomez: Kam ins Spiel, als die Partie längst entschieden war (72.). Konnte sich keine Torchance mehr erarbeiten.
Piotr Trochowski: Wurde für den überragenden Müller (72.) eingewechselt und durfte noch ein wenig am Schaulaufen der letzten Minuten teilnehmen.
Stefan Kießling: Kam nach 83 Minuten zu seinem ersten WM-Einsatz. gda
Fußball-WM
Weltmeisterschaft in Südafrika
Achtelfinale:
Uruguay - Südkorea 2:1
USA - Ghana 1:2 n. V.
Deutschland - England 4:1
Argentinien - Mexiko 3:1
Niederlande - Slowakei heute, 16.00 Uhr
Brasilien - Chile heute, 20.30 Uhr
Paraguay - Japan Di, 16.00 Uhr
Spanien - Portugal Di, 20.30 Uhr
Viertelfinale:
Spiel 1:
Sieger Niederlande/Slowakei -
Sieger Brasilien/Chile Fr, 16.00 Uhr
Spiel 2:
Uruguay - Ghana Fr, 20.30 Uhr
Spiel 3:
Argentinien - Deutschland Sa, 16.00 Uhr
Spiel 4:
Sieger Paraguay/Japan -
Sieger Spanien/Portugal Sa, 20.30 Uhr
Halbfinale:
Sieger Sp. 1 - Sieger Sp. 2 6. Juli, 20.30 Uhr
Sieger Sp. 3 - Sieger Sp. 4 7. Juli, 20.30 Uhr
Spiel um Platz 3:
Verlierer Halbfinale 10. Juli, 20.30 Uhr
Finale:
Sieger Halbfinale 11. Juli, 20.30 Uhr
Macht das bitte noch drei Mal!
Von SZ-Redakteur
Marcus Kalmes
Danke liebes Losglück, dass Du uns England wieder in einem K.o-Spiel beschert hast.
Danke, lieber Linienrichter, dass Du nicht richtig hingeschaut hast.
Danke, liebe Torlatte, dass Du den Ball angesaugt hast.
Danke, lieber Papa und liebe Mama Müller, dass Ihr uns den Thomas geschenkt habt.
Danke, lieber Joachim Löw, dass Du an Miroslav Klose festgehalten hast.
Danke, lieber Medizinmann der deutschen Nationalelf, dass Du den Gesäßmuskel von Bastian Schweinsteiger geschmeidig gemacht hast.
Danke, liebe Engländer, dass Ihr wie Sportsmänner bis zum Abpfiff fair geblieben seid.
Danke, liebe deutsche Spieler, für diese geile Partie. Macht das bitte noch drei Mal!
Auf einen blick
Deutschland - England 4:1 (2:1)
Deutschland: Neuer (FC Schalke/24 Jahre/9 Länderspiele) - Lahm (Bayern München/26/69), Mertesacker (Werder Bremen/25/66), Friedrich (Hertha BSC/31/76), Boateng (Hamburger SV/21/7) - Khedira (VfB Stuttgart/23/9), Schweinsteiger (25/78) - Müller (beide Bayern/20/6 - 72. Trochowski/HSV SV/26/33), Özil (Bremen/21/14 - 83. Kießling/Bayer Leverkusen/26/5), Podolski (1. FC Köln/25/77) - Klose (32/99 - 72. Gomez/beide Bayern/24/37). - England: James (FC Portsmouth/39/53) - Johnson (FC Liverpool/25/26 - 87. Wright-Phillips/Manchester City/28/34), Upson (West Ham United/31/21), Terry (29/64), Ashley Cole (beide FC Chelsea/29/82) - Barry (Manchester City/29/39) - Milner (Aston Villa/24/11 - 64. Joe Cole/28/56), Lampard (beide Chelsea/32/82), Gerrard (Liverpool/30/84) - Rooney (Manchester United/24/64), Defoe (Tottenham Hotspur/27/43 - 71. Heskey/Aston Villa/32/62). - Schiedsrichter: Larrionda (Uruguay). - Zuschauer: 40 510. - Tore: 1:0 Klose (20.), 2:0 Podolski (32.), 2:1 Upson (37.), 3:1 Müller (67.), 4:1 Müller (70.). - Gelbe Karten: Friedrich / Johnson. dpa