Die Plaudertasche von der Saar

Mönchengladbach. Patrick Herrmann hatte am Sonntagabend ein kleines Luxusproblem. Sicher, die Einladung zu den Europameisterschafts-Qualifikationsspielen der deutschen U21-Nationalelf in Tschechien und gegen Nordirland - "über so etwas freut man sich immer", blickte der 19-Jährige den Partien am 3. und 7. September mit gebotener Ehrfurcht entgegen

Mönchengladbach. Patrick Herrmann hatte am Sonntagabend ein kleines Luxusproblem. Sicher, die Einladung zu den Europameisterschafts-Qualifikationsspielen der deutschen U21-Nationalelf in Tschechien und gegen Nordirland - "über so etwas freut man sich immer", blickte der 19-Jährige den Partien am 3. und 7. September mit gebotener Ehrfurcht entgegen. Aber andererseits war da eben dieses berauschende 6:3 seiner Borussia aus Mönchengladbach bei Bayer Leverkusen. Herrmann leistete mit zwei Toren seinen Beitrag - und nun hat der junge Mann Blut geleckt. "Zwei Länderspiele - und dann", sagte das 61 Kilo leichte Fliegengewicht recht nonchalant, "geht es mit der Bundesliga zum Glück weiter".Auch sonst sprach der Uchtelfanger, der 2008 vom 1. FC Saarbrücken in Borussias Jugend-Internat wechselte, nach seinem "schönsten Bundesliga-Spiel" wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Die Partie war seine 15. in der höchsten Klasse - die erste machte er im Januar beim VfL Bochum (1:2). Bayer-Sportchef Rudi Völler gratulierte dem früheren Internatsschüler, der nun eine eigene Wohnung hat, zu seiner starken Leistung - und im Anschluss an den Hinweis, Gladbachs Zielsetzung sei "die gleiche wie in der letzten Saison" verstieg sich Plaudertasche Herrmann vor lauter Spaß zu der Aussage: "Nach oben hin sind keine Grenzen gesetzt". Teenager dürfen so etwas sagen. Auch bei Michael Frontzeck. "Nach so einer Partie so euphorisch zu sein, das kann ich einem jungen Spieler nachsehen", kommentierte der Trainer Herrmanns saloppen Satz seelenruhig. Frontzecks Reaktion ist bezeichnend für die Gelassenheit, die sich seit Sommer 2009 immer weiter ausbreitet. Zuvor wechselten Trainer im Jahres- bis Halbjahres-Rhythmus, und seine rege Tätigkeit auf dem Transfermarkt brachte dem Club den Titel "Kaufhaus des Westens" ein. Inzwischen kauft Gladbach nicht mehr wild, sondern gezielt. Als ein Glücksgriff deutet sich die Verpflichtung von Mohamadou Idrissou an. Auf zwei Treffer und zwei Torvorlagen kommt der Kameruner, den sie wegen seines Hangs zur Selbstüberschätzung beim SC Freiburg ziehen ließen, nach zwei Spielen. Er befreite den Borussen-Sturm vom Makel der Bedeutungslosigkeit. Doch der 30-Jährige fällt nicht nur durch kraftvolle, intelligente Spielweise auf. Er gibt zudem den munteren Gesellen, der den oft farblosen Gladbachern gefehlt hat. Und die Kollegen ziehen mit: Da findet Idrissou seine Klamotten nach dem Training schon mal im Kühlschrank wieder. "Idrissou", beschreibt Mitspieler Marco Reus diese neue Leichtigkeit, "ist ein toller Typ. Er tut uns allen und auch dem Verein gut". Gut tun die Gladbacher nun daran, sich nicht den Kopf verdrehen zu lassen. Diese Gefahr besteht aber weder bei Sportdirektor Max Eberl, der den Begriff Kontinuität am liebsten in den Vereinsnamen aufnehmen würde, noch bei Frontzeck. "Wir haben auf den Platz gebracht, was bei uns möglich ist, und nahezu perfekt nach vorne gespielt", analysierte er genüsslich, und legte sich das Lasso für unerwünschte Höhenflieger zurecht: "Meine Mannschaft hat ein gutes Spiel gemacht, aber auch nicht mehr."

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