Frauenfußball Die Neue will auch dazwischenhauen

Saarbrücken · Anja Selensky ist der Top-Neuzugang der Zweitliga-Frauen des 1. FC Saarbrücken. Ihr jüngerer Bruder hat den FCS gerade verlassen.

 Neue Heimat Kieselhumes: Anja Selensky will mit dem 1. FC Saarbrücken durchstarten – und mindestens in die eingleisige 2. Bundesliga kommen. Sie selbst hat schon Erfahrung gesammelt in der 2. und auch in der 1. Liga.

Neue Heimat Kieselhumes: Anja Selensky will mit dem 1. FC Saarbrücken durchstarten – und mindestens in die eingleisige 2. Bundesliga kommen. Sie selbst hat schon Erfahrung gesammelt in der 2. und auch in der 1. Liga.

Foto: Oliver Dietze

„Ich wohne gleich um die Ecke“, sagt Anja Selensky und zeigt zur Häuserreihe an der abschüssigen Straße Am Kieselhumes im Saarbrücker Stadtteil St. Johann. Sie sitzt gerade auf der Tribüne im gleichnamigen Stadion. Unten auf dem Rasen läuft die 24-Jährige an diesem Samstag für die Frauen des 1. FC Saarbrücken erstmals in der 2. Fußball-Bundesliga Süd auf. Zum Saisonstart wartet um 14 Uhr das schnelle Wiedersehen mit dem FSV Hessen Wetzlar, den der FCS am vergangenen Sonntag mit 4:0 (2:0) aus dem DFB-Pokal gekegelt hatte. Selensky zeigte beim Pflichtspieldebüt, warum FCS-Teamchef Winfried Klein schon lange hinter ihr her ist. Sie erzielte zwei Treffer.

In einer Saison, die im Zeichen der Qualifikation für die eingleisige 2. Liga steht, soll die Neue vom VfL Sindelfingen mit der Erfahrung aus 50 Bundesliga- und 53 Zweitligaspielen zum Erreichen des Minimalziels Rang sechs beitragen: Mit Spielwitz und Kreativität, verbal und durchaus mal rustikal – aber nicht zuletzt auch mit Toren. In einer Rolle, die ihrer zuletzt in Sindelfingen ähnelt, „eine weit vorgeschobene Zehn“, wie sie sagt. „In Sindelfingen habe ich die letzten drei Jahre immer vorne gespielt, weil wir keine richtige Spitze hatten“, verrät die 1,53 Meter große Selensky, die alleine wegen ihrer Statur weit davon weg ist, als klassische Stürmerin zu agieren. Ihre Stärken liegen im spielerischen Bereich. „Sobald ich den Ball am Fuß habe, fühle ich mich am wohlsten“, sagt die neue Hoffnungsträgerin.

Beim FCS soll Selensky nicht nur fußballerisch helfen, sondern auch andere Tugenden einfließen lassen – etwa Führungsqualität. „Ich kann auch verbal dazwischen hauen, wenn es nötig ist. Außerdem macht es mir nichts aus, Zweikämpfe zu suchen und die Drecksarbeit zu übernehmen“, sagt sie. Mit 24 Jahren sei sie „mittlerweile der Typ, der vorangeht. Diese Rolle kenne ich aus Sindelfingen. Und ich habe kein Problem damit, sie auch hier anzunehmen.“

Der Abschied aus dem Schwabenland fiel ihr schwer. „Viele tolle Bezugspersonen, Menschen, die mir ans Herz gewachsen sind“, habe sie dort kennengelernt. Deshalb erteilte sie den Lockrufen Kleins bisher auch stets eine Absage. Jetzt war es Sindelfingens unsichere Finanzlage, die den Wechsel forcierte. Selensky ist da vorgeprägt, denn 2013 war sie vom damaligen Bundesligisten SC Bad Neuenahr wegen Zahlungsunfähigkeit zum VfL gegangen. Wegen der Hängepartie vor dieser Saison sei der Wunsch nach Umorientierung in ihr gereift.

„Ich wollte doch noch mal einen neuen Reiz setzen“, sagt Selensky. Das hat auch ihr 16-jähriger Bruder Thomas getan: Er wechselte von der U17 des FCS zur TSG 1899 Hoffenheim. Von einem Internat ins nächste, aber viel weiter weg von der Familie in Idar-Oberstein, was für Anja wiederum ein Punkt pro Saarbrücken war. „Ich war vorher vielleicht 15 Tage im Jahr bei den Eltern. Ich freue mich, sie wieder häufiger besuchen zu können. Da ist es schon witzig, dass mein Bruder ausgerechnet jetzt den umgekehrten Weg geht. Ich drücke ihm die Daumen. Es wäre grandios, wenn er es dort schafft“, sagt die stolze Schwester.

Selensky hat es geschafft, im ersten Spiel mächtig von sich reden zu machen. Sie freue sich über die Tore, schließlich werde sie auf ihrer Position daran gemessen. Wichtiger war ihr aber das stimmige Gesamtpaket in Wetzlar. Selensky ist sich sicher: „Wir sind zuletzt enger zusammengerückt und wissen alle, dass es nur über die Teamleistung gehen kann.“ Das gilt auch im anstehenden Heimspiel. Neben drei Punkten hofft Selensky auf große Unterstützung, wenn am Samstag andere auf der Tribüne sitzen und die FCS-Frauen um ihre neue Hoffnungsträgerin auf dem Rasen begutachten.

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