Leichtathletik-WM Die nächste Weltmeisterschaft bietet ein Kontrast-Programm

London · Volles Stadion, super Stimmung: London war ein Fest der Leichtathletik. Die Titelkämpfe 2019 finden in Katar statt – zu einem ungewohnt späten Termin.

Die Weltmeisterschaften in London waren ein großer Erfolg, doch das Premium-Produkt der Leichtathletik steht mehr denn je auf dem Prüfstand – und vor einer ungewissen Zukunft. „Der Weltverband IAAF ist gut beraten, sich zukünftig Länder als Ausrichter auszusuchen, in denen die Leichtathletik einen Rückhalt hat“, sagt der deutsche Präsident Clemens Prokop.

Die IAAF hat die nächste WM für 2019 nach Doha ins konfliktträchtige Katar vergeben. Ob möglicherweise Manipulation bei der Vergabe ins Scheichtum im Spiel war, wird untersucht. Solange der Verdacht sich nicht erhärtet, werden die Vorbereitungen beginnen. Der Zuschlag wird aber längst als Fehler angesehen. Das Land gilt als Leichtathletik-Wüste. Das 15 000 Zuschauer fassende „Hamad Bin Suhaim Stadium“ ist selbst beim Diamond-League-Meeting nicht ausverkauft. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die WM dort erfolgreich verläuft“, prophezeit Prokop. Wegen der Hitze werden die Titelkämpfe vom 28. September bis 6. Oktober ausgetragen und nicht im für die TV-Präsenz wichtigen August.

Von der Forderung, die WM vorwiegend in europäische Länder mit einer Affinität zu diesem Sport zu vergeben, hält IAAF-Präsident Sebastian Coe nichts: „Unser Sport ist global und muss global bleiben. Das bedeutet, dass man seinen Sport manchmal Herausforderungen aussetzen muss – politischen, kulturellen, allen möglichen.“

Abgesehen von den Schauplätzen muss die IAAF auch über Inhalt, Länge und Größe zukünftiger Weltmeisterschaften nachdenken, um die olympische Sportart Nummer eins zu bleiben. London hat Maßstäbe gesetzt, aber längst nicht alle Probleme gelöst. „Überlegenswert wäre, Disziplinen auszulagern und das Programm zu straffen wie bei den Europameisterschaften“, sagt Prokop. Die EM 2018 in Berlin dauert sechs Tage und ist damit vier Tage kürzer als die WM in London.

Londons Co-Organisator Ed Warner macht noch radikalere Vorschläge. Etwa, die Wettbewerbe auf Halbfinale und Finale sowie die WM sogar auf nur vier Tage zu beschränken. „Wir würden uns reduzieren auf einen einzigen Adrenalinschub“, sagt Warner. Und: Man müsse „neue Wege finden, mit Hilfe von Technik den Sport näher an die Menschen zu bringen“. Läufer könnte man beispielsweise mit einer Knopfloch-Kamera ausstatten, so dass der Zuschauer das Gefühl bekommt, mitten unter den Athleten zu sein.

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