Die Macht aus dem Schacht

Aue. "Wir kommen aus der Tiefe, wir kommen aus dem Schacht - Wismut Aue, die neue Fußball-Macht." Die Sprechchöre der Fans sind uralt, doch sie scheinen aktueller denn je. Der FC Erzgebirge Aue, früher BSG Wismut, mischt die 2. Fußball-Bundesliga auf, ist punktgleich mit Tabellenführer Hertha BSC - und dennoch nicht im Freudentaumel

 Mittlerweile ein gewohntes Bild: Thomas Paulus, Enrico Kern, Marc Hensel und Fabian Müller (von rechts) bejubeln einen Treffer für den Aufsteiger FC Erzgebirge Aue. Foto: dpa

Mittlerweile ein gewohntes Bild: Thomas Paulus, Enrico Kern, Marc Hensel und Fabian Müller (von rechts) bejubeln einen Treffer für den Aufsteiger FC Erzgebirge Aue. Foto: dpa

Aue. "Wir kommen aus der Tiefe, wir kommen aus dem Schacht - Wismut Aue, die neue Fußball-Macht." Die Sprechchöre der Fans sind uralt, doch sie scheinen aktueller denn je. Der FC Erzgebirge Aue, früher BSG Wismut, mischt die 2. Fußball-Bundesliga auf, ist punktgleich mit Tabellenführer Hertha BSC - und dennoch nicht im Freudentaumel. Trainer Rico Schmitt, im zweiten Jahr für die wegen ihrer lilafarbenen Trikots "Veilchen" genannten Mannschaft zuständig, wird nicht müde, das Saisonziel gebetsmühlenartig zu wiederholen: "Wir wollen auch in der nächsten Saison 2. Bundesliga spielen. Dazu brauchen wir 40 Punkte. Je eher wir die haben, desto besser."

26 Zähler hat der Aufsteiger aus der 16 000 Einwohner zählenden Stadt im Erzgebirge bislang gesammelt. Der VfL Bochum, der MSV Duisburg, Greuther Fürth, Fortuna Düsseldorf bekamen von der Elf der Namenlosen die Grenzen aufgezeigt. Nachdem anfangs die Siege durch eine Betonabwehr gesichert wurden und eher durch Glückstreffer zu Stande kamen, hat sich mit gesteigertem Selbstvertrauen auch das spielerische Element eingestellt. Die Gründe für das "Herbstmärchen" im Lößnitzgrund sind vielfältig. Zum Saisonstart wurde der Aufsteiger zunächst von den Kontrahenten unterschätzt. Mittelfeldmotor Marc Hensel, mit fünf Treffern erfolgreichster Auer Torschütze, sagte zu Beginn der Spielzeit: "Viele wissen doch gar nicht, wo Aue liegt. Die nehmen uns gar nicht für voll."

Darauf können sich die Erzgebirger mittlerweile nicht mehr verlassen. Doch mit der Spielweise kommt die Konkurrenz einfach nicht klar. Sie basiert auf einer sicheren Deckung, die erst sieben Gegentreffer zuließ. Meist stehen die Auer mit zwei Viererreihen in der eigenen Hälfte, um dann bei Ballbesitz blitzartig auszuschwärmen. Dieses Überraschungsmoment und die Tatsache, dass die einzige Spitze zumeist in die Rolle des Ballverteilers rückt, öffnet Räume, die die Auer eiskalt nutzen. Zudem sind sie die "Standardkönige" der Liga: Zehn ihrer 15 Tore fielen nach ruhenden Bällen.

Die harte Saisonvorbereitung macht sich ebenfalls bezahlt. Völlig platt beendeten die Auer Kicker das Sommertraining, verloren selbst Testspiele gegen Viertligisten. Intern wurde Schmitt daraufhin schon in Frage gestellt. Doch der Erfolg gibt ihm recht: Wenn alle bereits mit heruntergezogenen Stutzen über den Platz schleichen, dann rennen die Sachsen noch wie die Batterie-Häschen aus der Fernsehwerbung. Hensel denkt angesichts der Erfolgsserie schon weiter: "Wir müssen den Klassenverbleib so schnell wie möglich sichern, das ist klar. Sollten wir zum Ende der Hinrunde jedoch mehr als 30 Punkte haben, nimmt uns keiner mehr diese Zielstellung ab."

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