Die Legende unter den Legenden"Den Titel Wimbledon-Siegerin nimmt mir keiner"

London. Fast schien es, als sei die Bürde eine zu große. Selbst für ein Jahrhundert-Talent wie Roger Federer. Kaum jemand sprach in den vergangenen Wochen über etwas anderes als über die magische "15". Jenen 15. Grand-Slam-Titel, der den Schweizer endgültig unsterblich machen würde

London. Fast schien es, als sei die Bürde eine zu große. Selbst für ein Jahrhundert-Talent wie Roger Federer. Kaum jemand sprach in den vergangenen Wochen über etwas anderes als über die magische "15". Jenen 15. Grand-Slam-Titel, der den Schweizer endgültig unsterblich machen würde. Seit den French Open vor wenigen Wochen, als der 27-Jährige endlich das fehlende der vier Grand-Slam-Turniere gewann und in der Rekordliste mit Pete Sampras gleichzog, war klar, dass er in Wimbledon, an der Stelle seines ersten Triumphes 2003, auch den Rekord für die Ewigkeit würde aufstellen können. Und er war sich dessen bewusst - nicht nur wegen der Zahl 15, die sein Ausrüster auf die Jacke seiner neuen Kollektion sticken ließ, die Federer in jedem Jahr an der Church Road vorstellt. In Wimbledon zeigte der Schweizer zunächst keinerlei Schwächen, von einem Satzverlust in Runde drei gegen Philipp Kohlschreiber einmal abgesehen. Ein Ausrutscher, mehr nicht, betrachtet man die folgenden deutlichen Erfolge gegen French-Open-Finalist Robin Söderling (Schweden), den kroatischen Aufschlag-Riesen Ivo Karlovic und den wiedererstarkten Thomas Haas.Doch im Endspiel, so nahe vor dem großen Ziel, wirkte Federer zeitweise gehemmt, übervorsichtig und voller Respekt gegenüber Andy Roddick (USA) und dessen gewaltigem Aufschlag, den er erst im letzten Spiel des Finals nach mehr als vier Stunden zum ersten Mal durchbrechen konnte. Mit eisernen Nerven, Glück und nicht zuletzt 50 Assen bügelte Federer die Niederlage gegen Rafael Nadal aus dem Vorjahr aus und holte sich "seinen" Titel zurück. Nun darf also ohne Übertreibung von einer "Lebenden Legende" gesprochen werden, die den Tennis-Geschichtsbüchern nicht nur ein neues Kapitel hinzugefügt hat, sondern bei der fraglich ist, ob sie jemals übertroffen werden kann. Nie zuvor hat ein Spieler das Welttennis so beherrscht wie Federer. Pete Sampras benötigte für seine 14 Titel elf Jahre, Federer schaffte seine 15 in sieben Jahren. Und Federer befindet sich nicht im Herbst seiner Karriere - mit 27 Jahren befindet er sich im besten Tennisalter. Bei seiner beispielsweise im Gegensatz zum Spanier Nadal körperschonenden und eleganten Spielweise trauen ihm Experten zu, bis Mitte 30 auf hohem Niveau spielen zu können. Auch wenn nun erst einmal eine längere Pause ansteht: Federer ist noch nicht fertig. In wenigen Wochen wird er zum ersten Mal Vater. Seine Frau Mirka treibt ihn trotzdem weiter an, Tennis zu spielen. "Sie meinte, ich soll mindestens so lange weitermachen, bis unser Kind mich auf dem Platz spielen sehen kann", sagte Federer. Die Konkurrenz darf also nicht hoffen, dass sich der Schweizer zurücklehnen wird und in Erwartung von Vaterfreuden und der Gewissheit, alles erreicht zu haben, bald den Schläger an den Nagel hängt. Das sagte schon das T-Shirt aus, das Federer bei der Pressekonferenz trug: "There is no finish line" - "Es gibt keine Ziellinie". Nicht für Federer.London. Strahlend über das ganze Gesicht kam Anna-Lena Grönefeld zur Pressekonferenz in den großen Saal - einer Ehre, die nur Wimbledon-Siegern zusteht. Die 24 Jahre alte Wahl-Saarbrückerin gewann am vergangenen Sonntagabend an der Seite von Mark Knowles (Bahamas) den Mixed-Doppel-Wettbewerb. Im Endspiel setzten sich die beiden gegen die Nummer eins der Setzliste, Leander Paes aus Indien und Cara Black aus Simbabwe, mit 7:5 und 6:3 durch und kassierten dafür 110 000 Euro Preisgeld. "Wir mussten lange warten, bis wir auf den Platz durften, aber es hat sich gelohnt", sagte Grönefeld und verwies auf das über vier Stunden dauernde Männer-Endspiel, das vor ihnen angesetzt war.Im Viertelfinale standen die beiden bereits kurz vor dem Aus, als sie gegen die Vorjahressieger Bob Bryan und Samantha Stosur (USA und Australien) den ersten Satz mit 0:6 verloren. Doch sie gaben nicht auf - genau wie im Finale, in dem sie nach einem 2:5-Rückstand im ersten Satz acht Spiele in Folge gewannen. "Wir haben schon bei den French Open in Paris gesehen, dass wir ganz gut harmonieren, also haben wir es hier wieder probiert", erklärte Grönefeld: "Es ist wichtig, dass man jemanden mit auf dem Platz hat, der immer positiv ist." Gerade für Grönefeld, die sich bis dahin mit dem Rasen in Wimbledon nicht so wirklich anfreunden konnte. Schließlich verlor sie in den vergangenen Jahren im Einzel in schöner Regelmäßigkeit in Runde eins. "Das ist mehr als ein kleines Trostpflaster", gab sie strahlend zu: "Natürlich zählt das Einzel mehr, aber den Titel Wimbledon-Siegerin nimmt mir keiner mehr. Für mich ist das ein großer Schritt in meiner Karriere."Der 38 Jahre alte Knowles sparte derweil nicht mit Lob für seine Partnerin. "Ich spiele 18 Jahre auf der Tour und habe immer auf einen solchen Titel gewartet. Ich bin sehr stolz auf Anna, sie hat fantastisch gespielt und mich teilweise durch die Spiele getragen." Nach der Vorstellung in den vergangenen zwei Wochen dürfte dieser Titel für das Duo nicht der letzte gewesen sein. Doch zunächst wurde dieser Titel gebührend gefeiert - beim berühmten Champions Dinner. spr

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