"Die laufen Amok"

Hannover. Druck vom Fernsehen, Angst vorm Absprung der Sponsoren: Mit einer beispiellosen Aktion ist die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) bei der Doping-Diskussion nach vorne geprescht und hat für den Springreiter Christian Ahlmann aus Marl eine härtere Strafe gefordert

 Im Brennpunkt: Christian Ahlmann und Pferd Cöster. Foto: dpa

Im Brennpunkt: Christian Ahlmann und Pferd Cöster. Foto: dpa

Hannover. Druck vom Fernsehen, Angst vorm Absprung der Sponsoren: Mit einer beispiellosen Aktion ist die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) bei der Doping-Diskussion nach vorne geprescht und hat für den Springreiter Christian Ahlmann aus Marl eine härtere Strafe gefordert. Der nationale Verband will die vom Weltverband verhängte viermonatige Sperre des Olympia-Teilnehmers beim Internationalen Sportgerichtshof anfechten und hat Ahlmann bereits für zwei Jahre aus der Nationalmannschaft ausgesperrt.

"Die laufen Amok", sagt Ahlmanns Anwalt Andreas Kleefisch, während Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), den Verband unterstützt und eine längere Sperre fordert: "Bei solch einem Verstoß mit so einer Strafe davonzukommen, dafür fehlt mir jedes Verständnis." Im Interesse des Reitsportes müsse eine klares und deutliches Zeichen gesetzt werden: "Ich hoffe, dass mit aller Härte vorgegangen wird." Er kündigt an, dass der DOSB von Ahlmann die Entsendungskosten für ihn und sein Pferd Cöster zurückfordern werde: "Wir werden Sorge tragen, dass Sanktionen aus der Athletenvereinbarung greifen."

Bei der FN geht die Angst vor dem TV-Aus des Reitsports und finanziellen Auswirkungen um, so dass der Verband in einer nicht gekannten Weise gegen einen eigenen Reiter vorgeht. "Der Druck vom Fernsehen ist enorm", berichtet Turnier-Veranstalter Paul Schockemöhle: "Wenn wir das Doping-Problem nicht in den Griff kriegen, dann ist unser Sport tot." Schon jetzt hat er ein Problem mit den Sponsoren: "Die Neuanwerbung kann ich vergessen."

Ein FN-Sprecher bestätigt, dass der Verband von ARD und ZDF aufgefordert worden sei, "wirkungsvolle Maßnahmen zu ergreifen". Der TV-Vertrag mit den Sendern enthält eine Doping-Ausstiegsklausel.

Vom Weltverband war Ahlmann nach dem Capsaicin-Fund bei Cöster bei den Olympischen Spielen vom Doping-Verdacht freigesprochen, aber wegen verbotener Medikation für vier Monate gesperrt worden. Der deutsche Verband sieht das anders und legt beim Internationalen Sportgerichtshof Berufung ein, "da der Doping-Vorwurf nicht ausgeräumt ist".

Die Unterscheidung zwischen Doping und verbotener Medikation gibt es nur bei Pferden. Wären die Beine von Cöster mit Capsaicin behandelt worden, um eine so genannte Hypersensibilisierung und ein höheres Springen zu erreichen, wäre der Fall als Doping eingeordnet worden.

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