Die Hoffnungsträger aus Übersee

Köln · Leon Draisaitl und Torhüter Philipp Grubauer sollen Deutschland heute ins Viertelfinale der Eishockey-WM führen.

Frisch rasiert und ausgeruht nach zwei Nächten im alten Kinderzimmer schoss sich Leon Draisaitl für sein nächstes Endspiel warm. Sechs Tage nach dem Playoff-Aus in der NHL mit den Edmonton Oilers will der beste deutsche Eishockeyspieler die Nationalmannschaft in seiner Heimatstadt Köln ins WM-Viertelfinale führen - mit einem Sieg zum Vorrundenabschluss heute (20.15 Uhr/Sport1) gegen Lettland.

"Es ist das wichtigste Spiel", sagte der 21-Jährige: "Es wird sehr eng, ein großer Kampf." Die Hoffnungen lasten vor allem auf den Schultern des NHL-Jungstars, der erst am Samstag aus Kanada eingetroffen war und sich nach seinem WM-Einstand beim 4:1 gegen Italien bei seinen Eltern einquartierte. "Er fühlt sich viel besser", berichtete Bundestrainer Marco Sturm nach dem Training gestern: "Er hat sich zu Hause bei der Familie gut erholt."

Nach 112 Spielen in 260 Tagen soll der NHL-Stürmer mit letzter Kraft die Heim-WM zu einem Erfolg für die deutsche Mannschaft machen. "Man merkt den Stress und die harte Arbeit, die er in den Playoffs hatte", sagte Sturm: "Aber er hat noch einiges im Tank, und das wird er zeigen."

Eine ebenso wichtige Rolle kommt dem zweiten WM-Nachzügler zu. Philipp Grubauer, nur kurz nach Draisaitl in Deutschland gelandet, soll im Tor den dringend benötigten Sieg gegen die Letten festhalten. Auch für den 25-Jährigen von den Washington Capitals ist die WM die Chance, knapp eine Woche nach dem NHL-Aus die Saison mit weiteren K.o.-Spielen fortzusetzen.

"Es ist Spiel sieben", sagte der NHL-Torhüter und hatte dabei weniger im Sinn, dass Lettland der siebte und letzte Gegner in der WM-Vorrunde ist. Vielmehr zog Grubauer den Vergleich zu einer Best-of-seven-Serie in den Playoffs. Den hatte er wie Draisaitl am Mittwoch vergangener Woche verloren und sich nach dem Ende seiner NHL-Saison sofort in den Flieger gesetzt.

Grubauer wird genauso dringend gebraucht wie Stürmerstar Draisaitl. Er soll den angeschlagenen Thomas Greiss, der mit seinem Instagram-Like zu einem Hitler-Vergleich von Donald Trump für Wirbel sorgte, im Tor ersetzen. "Er wird mit Sicherheit Rückhalt geben", sagte Sturm. Grubauer selbst will aber nicht mit Draisaitl alle Verantwortung tragen. "Es ist immer noch ein Mannschaftssport. Es ist nicht Leon alleine oder ich alleine", betonte er: "Wir müssen als Mannschaft die Leistung bringen. Wenn wir unser Spiel spielen, wird's schon."

Am besten so wie vor acht Monaten in Riga: Beim 3:2 im entscheidenden Qualifikationsspiel für die Winterspiele 2018 gegen Lettland hatte Draisaitl die Führung erzielt und Grubauer den Sieg gesichert. "Natürlich schaut man zurück, aber die Karten werden neu gemischt", sagte der gebürtige Rosenheimer, der im September in drei Turnierspielen nur zwei Gegentore kassiert hatte.

"Die Letten wollen Revanche, wir haben sie damals rausgeschmissen", meinte Sturm. Von den Fortschritten, die die Balten seitdem gemacht haben, ist er beeindruckt. Unter dem neuen Trainer Bob Hartley, mit Colorado Avalanche 2001 Stanley-Cup-Sieger, habe sich das Team vor allem taktisch weiterentwickelt. "Sie sind disziplinierter, zwingen den Gegner zu Fehlern und schlagen dann eiskalt zu", erklärte Sturm.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort