Badminton Die große Olympia-Hoffnung des Saarlandes

Saarbrücken · Badmintonspieler Marvin Seidel setzt beim Aufstieg in die Weltspitze auf alte Kollegen. Derzeit schlägt er in der Saarlandhalle auf.

 Bei den Badminton Open in der Saarlandhalle trat Marvin Seidel (links) im Doppel gemeinsam mit Mark Lamsfuß an. Im Achtelfinale war für sie Schluss. Trotzdem befinden sich die beiden Talente auf dem Weg in die Weltspitze.

Bei den Badminton Open in der Saarlandhalle trat Marvin Seidel (links) im Doppel gemeinsam mit Mark Lamsfuß an. Im Achtelfinale war für sie Schluss. Trotzdem befinden sich die beiden Talente auf dem Weg in die Weltspitze.

Foto: Sven Heise

Natürlich ist diese Woche in Südkorea immer noch im Kopf von Marvin Seidel. „Völlig ohne Erwartungen“, erzählt der Badminton-Nationalspieler des 1. BC Bischmisheim, war er nach Seoul gereist, wo Mitte September das erste von vier großen internationalen Turnieren in Folge stattfand. Die Korea Open, ein sogenanntes Super-Series-Turnier, mit 600 000 US-Dollar dotiert. Die höchste Kategorie, die der Weltverband veranstaltet.

In den Wochen zuvor im Training war es nicht besonders berauschend gelaufen, erinnert sich Seidel, der im Herrendoppel mit Mark Lamsfuß (BC Wipperfeld) und im Mixed mit Linda Efler (Union Lüdinghausen) auf der Tour spielt. Dementsprechend niedrig waren die Hoffnungen angesiedelt. Aber vielleicht war gerade das das Geheimnis, warum es in Seoul im Mixed so unfassbar gut lief und Seidel, die große Badminton-Hoffnung des Saarlandes, den „definitiv größten Erfolg meiner bisherigen Karriere“ einfuhr.

Drei internationale Top-Mixed wurden „Opfer“ des 21-Jährigen und seiner auch erst 22-jährigen Partnerin, erst im Halbfinale war der Rausch zu Ende, weil die Weltranglisten-Vierten Praveen Jordan und Debby Susanto aus Indonesien eine Nummer zu groß waren. So weit wie Seidel und Efler war erst ein deutsches Mixed in der Super-Series-Geschichte gekommen – Ex-Nationalspieler und Vereinskollege Michael Fuchs hatte das mit seiner Partnerin Birgit Overzier (BC Beuel) zuletzt vor Jahren geschafft.

„Für den Kopf ist es gut zu wissen, dass man mit denen in der Spitze mithalten kann“, sagt Seidel, der beim KV St. Ingbert das Badmintonspiel gelernt hat. Mithalten – und im Idealfall sogar gewinnen. So wie im September 2016 in Japan, als Seidel und Lamsfuß die Weltranglisten-Zweiten Chai Biao und Hong Wei aus China in zwei Sätzen schlugen. „Das Niveau ist schon da“, sagt Martin Kranitz, der Sportdirektor des Deutschen Badminton-Verbandes (DBV): „Aber sie sind alle noch sehr jung, quasi in der Ausbildung, da wird es auch immer Ausreißer nach unten geben.“

Das weiß auch Seidel, der sehr reflektiert mit diesen Höhen und Tiefen umgeht. „Als junger Spieler willst du so schnell wie möglich nach oben, willst viel spielen“, beschreibt der BWL-Student seine jugendliche Ungeduld: „Da fällt es manchmal schwer, diese Tiefs zu akzeptieren.“ So schwer, dass im Training auch mal ein Schläger dran glauben muss. „Aber das gehört dazu“, sagt Seidel: „Es ist ein bisschen wie ein Trampolin-Effekt – wenn du mal unten bist, kann es danach sogar höher gehen als vorher.“

Solche Sätze hört man gerne – auch als Bundestrainer. „Marvin hat nicht nur was im Arm, sondern auch was im Kopf“, sagt Ingo Kindervater über seinen Schützling: „Zu unserer Arbeit gehört es nicht nur, den Jungs zu sagen, wo sie die Bälle hinspielen sollen. Sie sollen sich auch abseits des Feldes in allen anderen Bereichen weiterentwickeln.“ Seidel spricht von besonderen „Werten“, die frühere Top-Spieler wie Kindervater oder Johannes Schöttler, ebenfalls Bundestrainer und ab und an noch Teamkollege von Seidel beim BCB in der Bundesliga, vorgegeben und vor allem vorgelebt haben. Trainingsfleiß, Disziplin, Respekt vor dem Gegner, Höflichkeit.

Kindervater war als Spieler bei Olympia, Schöttler sogar zwei Mal – und dementsprechend ist das größte Sportereignis der Welt das, was Seidel besonders motiviert. Tokio 2020 ist das Ziel, die Spiele in Paris 2024 quasi vor der eigenen Haustür auch noch – „wenn ich gesund und verletzungsfrei bleibe“, sagt Seidel. Er wäre dann der erste gebürtige Saarländer, der es im Badminton zu Olympischen Spielen geschafft hätte.

Mit Lamsfuß und Efler scheint Seidel die richtigen Partner für seine Ziele gefunden zu haben. Dass Efler nach der DBV-Stützpunktreform jetzt auch in Saarbrücken trainiert und nicht wie vorher in Mülheim, wird sich vermutlich sogar erst im kommenden Jahr richtig auszahlen. Das Spielverständnis mit Lamsfuß ist sowieso schon groß. „Auf dem Feld passt es“, sagt Seidel: „Und auch abseits des Feldes verstehen wir uns gut, sind eng befreundet.“

Beide sind im Haus der Athleten am Saarbrücker Olympiastützpunkt Zimmernachbarn, unternehmen viel privat und haben sogar einen gemeinsamen Onlineshop für Badminton-Produkte gegründet. Nichts zum reich werden, „aber wir wollten mal in die andere Richtung reinschnuppern“, sagt Seidel. Dass fünf Prozent des Gewinns an die Stiftung „Bampangi Ya Mono“ gehen, die sich um bedürftige Menschen im zentralafrikanischen Staat Kongo kümmert, erwähnt er gar nicht. Er hilft einfach – auch ein Ausdruck der Werte, nach denen Seidel lebt.

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