"Die größte Gefahr sehe ich eher im Übermuttern"

Saarbrücken. Bundesliga-Klubs locken, viele Saar-Talente können nicht widerstehen. Alleine in diesem Sommer haben neun Jugendspieler den 1. FC Saarbrücken verlassen. Sie wechseln nach Nürnberg, Kaiserslautern, Karlsruhe oder Freiburg. Und das im Alter von 14, 15, 16 Jahren. Aus Sicht des Mediziners Tim Meyer steht solchen Vereinswechseln im jungen Alter nichts Prinzipielles entgegen

Saarbrücken. Bundesliga-Klubs locken, viele Saar-Talente können nicht widerstehen. Alleine in diesem Sommer haben neun Jugendspieler den 1. FC Saarbrücken verlassen. Sie wechseln nach Nürnberg, Kaiserslautern, Karlsruhe oder Freiburg. Und das im Alter von 14, 15, 16 Jahren. Aus Sicht des Mediziners Tim Meyer steht solchen Vereinswechseln im jungen Alter nichts Prinzipielles entgegen. Medizinisch gebe es keine grundsätzlichen Bedenken, sagt der ärztliche Direktor am Institut für Sport- und Präventivmedizin der Uni Saarbrücken. Dabei seien jedoch gerade in der Pubertät zwei medizinische Aspekte zu hinterfragen: Wie hoch ist die körperliche Beanspruchung im Trainings- und Wettkampfalltag? Ist eine gute Ernährung gewährleistet?

"Juniorenspieler sind in der Regel pflegeleicht", sagt Meyer, Mannschaftsarzt der Fußball-Nationalmannschaft, "sie stellen bereits zum Zeitpunkt der Sichtung durch die Vereine eine positive Selektion dar, sie sind fit und ihre Körper tolerieren im Vergleich zu Altersgenossen viel." Die Gefahr einer einseitigen Belastung sei gerade in der Sportart Fußball weniger gegeben als in anderen Disziplinen. Bei der Ernährung leben die Jugendlichen in Nachwuchsleistungszentren von Bundesliga-Vereinen zumeist strikt nach einem ausgearbeiteten Plan. Das heißt: Die ersten beiden Stunden nach dem Training gibt's keinen Alkohol, dafür aber ausreichend Flüssigkeit. Das Essen sollte grundsätzlich fettarm, obst- und gemüsereich sein. Eine tägliche Pizza ist genauso wenig empfehlenswert wie der regelmäßige Burger bei McDonalds. Der Wahl-Saarbrücker Meyer äußert aber auch Bedenken, die eher pädagogischen Ursprungs sind.

"Für mich besteht die größte Gefahr eher im Übermuttern, im zu umfangreichen Übernehmen aller möglichen Pflichten des täglichen Lebens durch den Verein", sagt Meyer. Ein Jugendlicher müsse auch nicht täglich auf der Suche nach behandelbaren Beschwerden gefragt werden, wie es ihm denn gehe. "Braucht ein 16-Jähriger täglich Physiotherapie", fragt Meyer, "nach dem Motto: 'Mein Leistungssportlerkörper ist so empfindlich, dass ich ständig vorbeugende Behandlung benötige'? Auf diese Weise wird ein ungünstiges Körperbild suggeriert. Sich in erster Linie leistungsfähig und robust zu fühlen, ist erstrebenswert. Die medizinische Versorgung muss zur Verfügung stehen, aber sie muss zurückhaltend sein." Für den Arzt der Nationalelf gehe es vorrangig darum, dass die Jugendlichen auch auf dem Weg, sich ihren Lebenstraum zu erfüllen, ein normales Leben außerhalb des Trainingsplatzes haben. "Sie trainieren mehr und lernen die Grundlagen des sportgerechten Verhaltens kennen", sagt Meyer, "aber sie sollten nicht in ein Korsett gesteckt werden. Wenn ein Nachwuchsleistungszentrum zu viele Freiheiten beschneidet, hätte ich ein Problem damit. Sie sollen ihre Jugend auch ausleben können."

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