Leichtathletik-WM Die fragwürdigen Sieben vor der umstrittenen WM-Premiere

London · Ertstmals findet bei einer Leichtathletik-WM ein 50-Kilometer-Wettbewerb für Geherinnen statt. Doch der verkommt schon vor dem Start zu einem Witz.

Gehen drei Amerikanerinnen, zwei Chinesinnen, eine Brasilianerin und eine Portugiesin durch London: Klingt wie ein schlechter Witz, ist es irgendwie auch – denn so sieht das komplette Starterfeld bei der WM-Premiere der Geherinnen über 50 Kilometer aus. Ein Wettbewerb, der im krampfhaften Bemühen um Gleichberechtigung kurzfristig ins Programm gepresst wurde, der aber so recht niemandem nützen will.

„Das ist ein großer Schritt für die Frauenrechte und für weibliche Läuferinnen auf der ganzen Welt“, sagte US-Geherin Erin Talcott. Die 39-Jährige ist eine der unentwegten Sieben im Alter von 20 bis 42, die am frühen Sonntagmorgen (8.45 Uhr/Eurosport) die ehrwürdige Pracht­straße The Mall am Buckingham Palace hinauf- und hinabmarschieren.

Weil aber die mühselige Verteidigung leichtathletikspezifischer Frauenrechte nicht allzu großen Zuspruch findet, hat der Weltverband IAAF die Geherinnen in den Wettbewerb der Geher implementiert – ein Septett auf einer Zwei-Kilometer-Runde und das über vier­einhalb Stunden wollte man dann doch selbst dem leidgewohnten Geher-Publikum nicht zumuten.

Apropos Zumutung: Wie die Langstrecke der Sportmarschiererinnen den Weg ins WM-Programm fand, ist ein Witz für sich. Am 23. Juli, also zwölf Tage vor Beginn der Titelkämpfe, gab die IAAF in einer dürren Pressemitteilung bekannt, dass es in London eine 48. Entscheidung geben wird – höchst ungewöhnlich für einen Verband, in dem die Mühlen doch sehr langsam mahlen. IAAF-Präsident Sebastian Coe, sonst in der öffentlichen Ansprache ein Weltklasse-Diplomat, war der Unmut über jene Entscheidung in jedem Wort seiner Stellungnahme anzumerken. „Wir müssen einräumen, dass die Last-Minute-Entscheidung für die Einführung dieses Wettbewerbs in London auf die Forderung einer kleinen Gruppe von Athleten zurückzuführen ist“, sagte der Brite.

Federführend bei der Forderung nach dem Mehr an Gehen agierte die eingangs erwähnte Talcott. Sie war schon im Mai 2016 am Start, als die IAAF im Rahmen der Team-WM in Rom die 50 Kilometer erstmals für Frauen geöffnet hatte. Talcott war dann aber die einzige Dame im Männerfeld, wurde Letzte, damit auch irgendwie Erste.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort