Die Existenzfrage des Radsports

Berlin. Der Rad-Weltverband UCI hielt schützend die Hand über Lance Armstrong und gab Alberto Contador vor mehr als vier Wochen die Verteidigungslinie in seinem Doping-Fall vor. Pat McQuaid, als UCI-Präsident so etwas wie Regierungschef der Radsportler, schweigt dazu. "Ich bin sehr eingeschränkt in dem, was ich sagen kann, also sage ich nichts", teilte der Ire am Freitag mit

Berlin. Der Rad-Weltverband UCI hielt schützend die Hand über Lance Armstrong und gab Alberto Contador vor mehr als vier Wochen die Verteidigungslinie in seinem Doping-Fall vor. Pat McQuaid, als UCI-Präsident so etwas wie Regierungschef der Radsportler, schweigt dazu. "Ich bin sehr eingeschränkt in dem, was ich sagen kann, also sage ich nichts", teilte der Ire am Freitag mit. Er verwies auf ausstehende Untersuchungen des Falles. Die Devise des Abwartens ist auch Linie des Astana-Teams, Arbeitgeber von Tour-de-France-Sieger Contador. "Wir erwarten weitere Erklärungen von Contador und unterstützen die UCI-Maßnahme, ihn vorerst zu suspendieren", hieß es aus Kasachstan, wo man durch die Doping-Fälle Alexander Winokurow und Andrej Kascheschkin bestens geschult ist in "Doping-Diplomatie". Contador beteuert seine Unschuld. Er hatte erklärt, in Nordspanien gekauftes und in Südfrankreich im Mannschafshotel zubereitetes Fleisch sei Schuld daran, dass das Kälbermast-Mittel Clenbuterol in seinem Körper gefunden wurde. Doch nach spanischen Behörden-Angaben vom Freitag hat es in Nordspanien seit Jahren keine Verunreinigung mit Clenbuterol bei Menschen gegeben. Und seit 1999 sei Clenbuterol auch bei keinem Rind mit mehr festgestellt worden. McQuaid schweigt zu alle dem - und hat zuvor offenbar die ARD belogen. Die hatte den UCI-Chef mit dem Ergebnis der Contador-Analysen konfrontiert. Er wisse von nichts, teilte McQuaid mit - um tags darauf den Fall zu bestätigen, mit dem Fakt, dass das Ergebnis von Contadors Probe bereits am 24. August vorgelegen hatte. Medien berichten, dass bei der Analyse auch Spuren von kunststoffähnlichen Resten gefunden wurden, wie sie nach Bluttransfusionen zu finden seien. Diese Rückstände könnten aus einem Plastikbeutel mit Eigenblut stammen. Contador bestreitet, eine Bluttransfusion erhalten zu haben."Wenn die UCI ihm mit dem positiven Bescheid auch die Erklärung dafür mitgeliefert haben soll, wie es Contador selbst erklärte, wäre das untragbar. Ich glaube nicht, dass er um eine Sperre herumkommen wird, die auch die einmalige Marke Tour de France massiv beschädigen wird", erklärte der Ex-Manager des Rennstalls Gerolsteiner, Hans-Michael Holczer. Durch die Affäre stelle sich "die Existenzfrage des Radsports". Der Fall des dreimaligen Tour-Siegers nährt einmal mehr den Verdacht, dass die UCI als Kontroll-Organ wenig taugt. Der Weltverband wirkt wie ein Kartell, dass sich mit den Fahrern mit allen Mitteln wehrt gegen schlechte Nachrichten, die weiter Sponsoren vertreiben und dem Ansehen der Branche schaden. Dazu passt die Verbandspolitik im Umgang mit McQuaids Liebling Armstrong. 2009 wurde dem Texaner, gegen den US-Behörden ermitteln, durch Beugung der UCI-Regeln der erste Start nach seiner Rückkehr in den Profi-Sport in Ausralien gewährt. Die UCI machte eine Ausnahme vom Reglement, das vorschreibt, dass sich Radprofis ein halbes Jahr vor ihrem ersten Start ins Anti-Doping-Programm reintegrieren müssen. Das hatte Armstrong nicht getan. Später geriet McQuaid in Erklärungsnot, wann und warum Armstrong den Verband Geld spendete. Es ist von 125 000 Dollar die Rede, die gezahlt wurden, nachdem in nachkontrollierten Armstrong-Proben Epo nachgewiesen worden war. Sanktionen gegen den siebenmaligen Tour-Sieger blieben aus. dpa

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