„Die Euphorie kennt keine Grenzen“

Karlsruhe · Fußball-Deutschland schaut auf den lange in der Versenkung verschwundenen Karlsruher SC: Gegen den Hamburger SV kämpft der einstige Uefa-Cup-Teilnehmer um den letzten freien Platz in der Bundesliga.

Trainer Markus Kauczinski schlenderte nach dem Training des Karlsruher SC an einer mehrere hundert Meter langen Menschenschlange vorbei und grüßte unzählige Male freundlich zurück. Dauerkarten-Inhaber und Mitglieder standen vor dem Wildpark-Stadion für Tickets für das Relegations-Rückspiel gegen den Hamburger SV an. In der Stadt ist das Fußballfieber ausgebrochen, die mögliche Rückkehr in die Bundesliga elektrisiert.

"Die Euphorie kennt keine Grenzen. Man merkt, dass die Leute hinter uns stehen. Das können wir gut gebrauchen", sagte Kauczinski. Zunächst einmal muss sich der Tabellendritte der 2. Liga heute in Hamburg beweisen (20.30 Uhr/ARD ), bevor er zu Hause am Montag (19 Uhr/ARD ) auf eine Aufstiegsparty hoffen darf. "Wir wissen, dass Hamburg viel individuelle Qualität hat. Wir wissen aber auch, dass wir eine gefährliche Mannschaft haben, die immer für ein Tor gut ist, die verteidigen kann", meinte der 45-Jährige. "Nicht umsonst sind wir die beste Auswärtsmannschaft der Liga. Deswegen fahren wir mit Zuversicht nach Hamburg."

Kauczinski sieht eine "Riesenchance" für den KSC. Torhüter Dirk Orlishausen meinte im Hinblick auf den letztjährigen Relegations-Dusel des HSV gegen Greuther Fürth. "Wer zwei solche Jahre spielt . . . Irgendwann sind sie dran, warum nicht dieses Jahr?"

Kauczinski hat aus seiner Sicht "nicht den perfekten Kader, aber eine Mannschaft, die perfekt funktionieren kann". Das Rückspiel wird mit über 27 000 Zuschauern ausverkauft sein, dabei begann der eigentliche Vorverkauf für Nicht-Mitglieder und -Dauerkartenbesitzer erst gestern. Der Regionalsender Baden TV hat für die erste Partie ein Public Viewing im Wildpark-Stadion organisiert.

Zuletzt spielte der KSC von 2007 bis 2009 unter Edmund Becker im Oberhaus, danach stürzten die Nordbadener bis in die 3. Liga ab, standen vor der Zahlungsunfähigkeit und waren eigentlich schon "klinisch tot", wie es Präsident Ingo Wellenreuther ausdrückte. Nach jahrelangem Ringen zwischen Stadt und Verein steht mittlerweile auch fest, dass von 2017 an ein über 80 Millionen Euro teures neues Stadion im Wildpark gebaut wird. Die Zusatzeinnahmen aus der Relegation kann der Club gut gebrauchen: Aus dem Kartenverkauf kassiert der KSC 350 000 Euro, dazu kommen Gelder für Werbebanden in sechsstelliger Höhe. Finanziell hängt der KSC auch am Tropf von Vizepräsident Günter Pilarsky, der mit einem internationalen Metallhandel Milliarden-Umsätze macht.

Wellenreuther, Sportdirektor Jens Todt und vor allem Kauczinski, der die Karlsruher 2013 zurück in die 2. Liga führte, haben wieder Kontinuität in den Verein gebracht. "Es ist richtig was passiert. Man spürt an jeder Ecke, ob beim Tanken, ob beim Bäcker oder Metzger, dass in der Stadt was los ist. Schon irre", sagte Todt. "Der Verein ist dabei, so stabil zu werden, dass er nicht von jedem kleinen Rückschlag umgeworfen werden kann."

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Auf Einen BlickBeim gemütlichen Teamabend mit Bier und Grillwurst am Lagerfeuer von Malente vergaß Pierre-Michel Lasogga kurz seine schmerzende rechte Schulter. Rettete der Torjäger vergangenes Jahr noch den Hamburger SV in der Relegation gegen Greuther Fürth (0:0, 1:1) vor dem ersten Abstieg der Vereinsgeschichte, ist sein Mitwirken heute gegen den Karlsruher SC noch nicht gesichert."Wir müssen schauen, wie er bis zum Spiel zurechtkommt", sagte HSV-Trainer Bruno Labbadia zurückhaltend. In den letzten beiden Bundesligapartien war für den 88 Kilogramm schweren Stürmer schon nach 59 und 27 Minuten Schluss. Auch Sportdirektor Peter Knäbel sorgt sich: "Die Belastbarkeit wird derartig im Grenzbereich sein, dass man keine Restzweifel haben darf."Während bei Lasogga der körperliche Zustand entscheidend sein wird, ist es bei Rafael van der Vaart die taktische Ausrichtung. Ob der Niederländer in der Startformation stehen wird, hängt von den Planspielen Labbadias ab. Der 49-Jährige ließ sich dabei jedoch nicht in die Karten schauen: "Ich kann dazu noch nichts sagen. Jeder ist eine Option." sid

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