Die EM ist endgültig verdautVerlieren und daraus lernen

Merzig. Es hatte sich viel Frust angestaut in Ali Mohamed, dem ägyptischen Torwart. Sie hatten doch so gut gespielt, hatten im Halbfinale deutlich mit 34:29 gegen die Polen gewonnen, hatten sich wie Mohamed - mit vielen starken und einigen kuriosen Szenen - auch in die Herzen der gut 2000 Zuschauer gespielt

Merzig. Es hatte sich viel Frust angestaut in Ali Mohamed, dem ägyptischen Torwart. Sie hatten doch so gut gespielt, hatten im Halbfinale deutlich mit 34:29 gegen die Polen gewonnen, hatten sich wie Mohamed - mit vielen starken und einigen kuriosen Szenen - auch in die Herzen der gut 2000 Zuschauer gespielt. Doch im Finale gegen die deutsche Mannschaft waren die Kräfte-Verhältnisse dann eindeutig. Spätestens mit dem 22:14 von Philipp Weber 15 Minuten vor Schluss war das Spiel entschieden.

Als Mohamed dann einen Ball aus kurzer Distanz halb auf die Brust, halb ins Gesicht bekam - eine verpönte Unabsichtlichkeit von Maximilian Lipp - entlud sich der Frust von Mohamed mit einer Ohrfeige in das Gesicht des Schützen. Es war der unschöne Höhepunkt eines Turniers, in dem die schönen Momente eindeutig überwogen. Gerade aus Sicht des deutschen Nachwuchses - mit dem schönen Höhepunkt, dem am Ende etwas zu deutlichen 30:18-Finalsieg gegen Ägypten.

"Das war ja immerhin der Olympiasieger", sagte Philipp Weber, der mit acht Toren gehörigen Anteil am deutschen Turnier-Sieg hatte. Es war das erste gemeinsame Turnier der deutschen Mannschaft nach der enttäuschenden Europameisterschaft im August, wo die Mannschaft trotz höchster Ambitionen nicht über einen vierten Platz hinaus gekommen war. Da zudem einige Stammspieler in Merzig fehlten und Trainer Heiko Karrer mehrere Perspektiv-Kandidaten eingebaut hatte, brauchte die Auswahl einige Spiele, um sich einzufinden. "Das war zu spüren, dass wir am Anfang noch nicht alles abgerufen haben. Aber wie sich die Mannschaft gesteigert hat, das war schon beeindruckend", sagte Karrer. Es war der fünfte Turnier-Sieg in den letzten sechs Jahren.

Und schließlich war das Turnier in Merzig so etwas wie der Startschuss für diese Mannschaft gewesen, erinnert sich Patrick Schmidt, der wie Weber schon vor einem Jahr in Merzig war: "Damals haben wir zum ersten Mal zusammengespielt. Und die Entwicklung, die die Mannschaft genommen hat, war stark. Wir sind eine Einheit geworden." Allerdings fehlen die herausragenden Akteure, die Mannschaft überzeugte vor allem in taktischer und kämpferischer Hinsicht. So will sich dann auch Junioren-Trainer Wolfgang Sommerfeld, der die Mannschaft in Merzig beobachtete, mit Prognosen zurückhalten: "Die Entwicklung ist ja noch nicht abgeschlossen, gerade körperlich. Potenzial für die Bundesliga haben aber einige."

Ob es für die A-Nationalmannschaft reichen wird, das muss sich noch zeigen. Das nächste große Ziel ist die Junioren-WM in Argentinien. Und dann wieder Merzig? "Natürlich, wir kommen wieder gerne. Es war ja unser erstes großes Turnier", sagt Weber. Und das liegt nicht nur an den schönen Erinnerungen, die sie an Merzig haben, sondern auch am hohen Niveau der Veranstaltung. Merzig. Es hat nicht sollen sein. Nach dem 32:34 der Auswahl des Handballverbandes Saar gegen Finnland war die Stimmung gemischt. Einerseits war die Enttäuschung zu spüren, dass die große Chance, doch noch ein Turnier-Spiel beim Victor's Cup zu gewinnen, verpasst wurde. Zumal das Team das Spiel gegen Island mit 29:44 praktisch hergeschenkt hatte, um sich ganz auf den letzten Auftritt zu konzentrieren. "Natürlich ist das schade, dass es nicht geklappt hat", sagte Marvin Mebus von der HSG Völklingen.

Lange hatten sie ein Unentschieden halten können, um dann doch zu verlieren. Doch schon auf den ersten Metern hinaus aus der Thielspark-Halle hatte sich die Enttäuschung relativiert, wie Mebus befand: "Das ist doch super, als kleines Saarland gegen Nationalmannschaften zu spielen." Vor allem wenn die Spiele, bis auf das gegen Island und gegen Ägypten (20:28) durchaus knapp ausgegangen waren, wie Trainer Dirk Mathis sagte: "Ich bin stolz auf die Mannschaft. Sie hat Kampfgeist, Leidenschaft und Wille gezeigt. Die Erfahrung, die uns dann in den entscheidenden Momenten gefehlt hat, haben wir noch nicht. Aber die können wir ja nur bei solchen Gelegenheiten bekommen."

Dass es trotz der fünf Niederlagen mit ein wenig Abstand eine größtenteils positive Erfahrung war, fand auch Yves Kunkel, ebenfalls von der HSG Völklingen: "Wir haben uns im letzten Jahr weiter gesteigert. Es war eine gute Erfahrung und hat Spaß gemacht, auch wenn wir verloren haben." Dass ein Großteil der Mannschaft aus den jüngeren Jahrgängen kommt und auch nächstes Jahr spielberechtigt ist, macht Hoffnung. Denn es wird wieder Zeit für einen saarländischen Sieg. Vielleicht schon beim kommenden Auftritt. jbö

"Das war ja immerhin der Olympiasieger."

Philipp Weber

nach dem Sieg

über Ägypten

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