"Die ein oder andere Baustelle"

München. Eine Untergangs-Stimmung wie vor vier Jahren konnten Joachim Löw & Co. noch vermeiden, doch die Befürchtungen vor dem Turnier in Südafrika sind ähnlich groß wie vor der Heim-WM 2006

 Der deutsche Bundestrainer Joachim Löw muss nach der 0:1-Niederlage gegen Argentinien eingestehen, dass es bei seiner Mannschaft noch nicht ganz rund läuft. Foto: dpa

Der deutsche Bundestrainer Joachim Löw muss nach der 0:1-Niederlage gegen Argentinien eingestehen, dass es bei seiner Mannschaft noch nicht ganz rund läuft. Foto: dpa

München. Eine Untergangs-Stimmung wie vor vier Jahren konnten Joachim Löw & Co. noch vermeiden, doch die Befürchtungen vor dem Turnier in Südafrika sind ähnlich groß wie vor der Heim-WM 2006. Das deprimierende 0:1 im wichtigsten Weltmeisterschafts-Test und der Frust bei einigen seiner Spieler wie Lukas Podolski offenbarte auch dem Bundestrainer deutlich, dass die aktuelle Auswahl des dreimaligen Titelträgers Deutschland von einer Favoriten-Rolle im Sommer am Kap weit, weit entfernt ist. "Im Turnier wären wir mit so einem Ergebnis ausgeschieden", stellte Kapitän Michael Ballack nach der ersten Niederlage der Deutschen Fußballer nach über einem Jahr nüchtern fest.

Wie groß das Frustpotenzial derzeit ist, wurde in den Katakomben der Münchner WM-Arena spürbar. Podolski, dem wie vielen seiner Mitspieler kaum eine Aktion gelang, ließ sich von den Provokationen eines TV-Reporters zu einer heftigen Reaktion hinreißen. Noch in der Nacht informierte er Trainer Löw, Manager Bierhoff und sogar DFB-Präsident Theo Zwanziger über den Vorfall. Gestern meldete sich Podolski über die offizielle Homepage des DFB zu Wort: "Ich fühlte mich von ihm in der Mixed-Zone durch einige Anmerkungen zum Spiel provoziert. Darüber habe ich mich geärgert und ihm deshalb deutlich meine Meinung gesagt", schilderte der Kölner den Vorfall mit dem Journalisten. "Ich habe ihn aber nicht geschlagen. Wenn ich mich im Ton vergriffen habe, entschuldige ich mich."

Selbst Löw musste nach der mut- und ideenlosen Vorstellung gegen die "Albiceleste" des einstigen Super-Fußballers Diego Maradona einräumen, dass es "die eine oder andere Baustelle" gibt. Gleich auf mehr als der Hälfte der elf Stammplätze zeigten sich weiter große Fragezeichen (Boateng, Tasci) oder schwächelte das für die WM fest eingeplante Personal (Podolski, Klose, Özil, Mertesacker, Lahm) besorgniserregend. "Es hat uns der Mut gefehlt, mehr nach vorne zu machen", sagte Löw und strich damit das entscheidende Versäumnis heraus. Dass auch Torhüter René Adler kurz nach seiner offiziellen Beförderung zur neuen WM-Nummer 1 schwächelte und sich auch selbst eine Mitschuld am spielentscheidenden 0:1 durch Gonzalo Higuain gab, wollte Löw nicht überbewerten: "Es ist richtig, wenn wir so weit vorne sind, dass René Adler da rauskommt. Wir haben ein paar Fehler mehr gemacht als Argentinien, das wird auf dem Niveau bestraft." Von seinem Optimismus ließ sich Löw aber nicht abbringen: "Wir werden eine gute WM spielen - das ist ganz klar." Löw setzt ganz auf die WM-Vorbereitung ohne Einflüsse aus den Bundesliga-Clubs ab Mitte Mai, um die Defizite in seinem Team auszumerzen: "Wenn wir dann vier Wochen zusammen sind, können wir konsequent an diesen Dingen arbeiten." dpa

Meinung

Eine Niederlage für das Gefühl

Von SZ-Redakteur

Michael Kipp

Zu wenig Mut auf dem Platz, ein ausrastender Podolski neben dem Platz, ein patzender Adler im Tor und schwarze Trikots am Leib: Die Niederlage vermittelt definitiv ein schlechtes Gefühl. Doch müssen wir nun für die WM schwarz sehen? Nein. Im Gegenteil: Denn es gab noch keine WM, in die wir mit einem guten Gefühl gegangen sind. Dennoch haben wir den Titel drei Mal geholt. Wenn das Gefühl schlecht ist, sind wir halt am Besten.

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