Die Durststrecke geht weiter

Doha · Der deutsche Radsport muss weiter auf den nächsten Straßen-WM-Titel seit 1966 warten. Nach einer Windkantenattacke hatte die Konkurrenz die deutschen Stars im WM-Rennen in Doha frühzeitig abgehängt.

 Der Rockstar unter den Radprofis: Der Slowake Peter Sagan feiert seinen zweiten Weltmeistertitel in Folge. Sein neuer deutscher Rennstall Bora darf sich auf ihn freuen. Foto: Weiken/dpa

Der Rockstar unter den Radprofis: Der Slowake Peter Sagan feiert seinen zweiten Weltmeistertitel in Folge. Sein neuer deutscher Rennstall Bora darf sich auf ihn freuen. Foto: Weiken/dpa

Foto: Weiken/dpa

Das Warten auf den Weltmeister geht weiter: Auch ein halbes Jahrhundert nach Rudi Altigs Triumph am Nürburgring stellt der deutsche Radsport keinen neuen WM-Titelträger im Straßenrennen . Gestern verpasste der mit Sieg ambitionen gestartete Top-Sprinter André Greipel zum Abschluss der Titelkämpfe in Doha /Katar die für ihn wohl letzte Chance, die nun 50-jährige deutsche Durststrecke zu beenden und erstmals das Regenbogentrikot zu erobern.

Nach einem teils chaotischen Rennen bei hohen Temperaturen ging der Sieg nach 257,5 Kilometern stattdessen an Titelverteidiger Peter Sagan. Der Slowake, der ab dem kommenden Jahr für das deutsche Team Bora-hansgrohe fährt, verwies im Finale den Briten Mark Cavendish und Tom Boonen aus Belgien auf die Plätze.

Greipel war zu diesem Zeitpunkt bereits lange abgehängt. Der 34-Jährige hatte in der Kapitänsfrage vom Bund Deutscher Radfahrer (BDR) den Vorzug vor Marcel Kittel erhalten und das Rennen im Vorfeld als "Wundertüte" bezeichnet. Er sollte Recht behalten. Auf dem gefürchteten Wüstenabschnitt geriet die nur sechsköpfige deutsche Mannschaft frühzeitig schwer unter Druck. Die Belgier um Boonen und Olympiasieger Greg Van Avermaet nutzten starke Seitenwinde in der kargen Umgebung für eine Tempoverschärfung und rissen das Feld auseinander.

Mit nahezu 70 Kilometer pro Stunde rasten die Fahrer über den Asphalt. Und während Mitfavoriten wie Sagan, Cavendish oder Alexander Kristoff (Norwegen) sich an der Spitze halten konnten, ließen sich Greipel und Co. überrumpeln und verloren den Anschluss. Einzig John Degenkolb war vorne vertreten, fiel nach einem Defekt aber ebenfalls zurück.

Das deutsche Team musste in der Verfolgung viele Kräfte investieren. Auch Greipel engagierte sich immer wieder an der Spitze der Gruppe. Doch der Rückstand schrumpfte nicht - im Gegenteil. Dies sorgte beim BDR-Sextett zunehmend für Frustration. Rund 85 Kilometer vor dem Ziel stiegen Zeitfahrweltmeister Tony Martin und Nils Politt entnervt aus, Degenkolb ließ sich später zu einem Scharmützel mit dem Belgier Jens Debusschere hinreißen. Augenscheinlich verärgert über die Fahrweise der belgischen Kontrahenten in der Verfolgergruppe, spritzte Degenkolb Greipels Teamkollegen bei Lotto-Soudal den Inhalt seiner Getränkeflasche ins Gesicht und schimpfte wild gestikulierend auf ihn ein.

Rund 40 Kilometer vor dem Ziel gaben sich die BDR-Athleten dann geschlagen. Degenkolb stieg mit schmerzverzerrtem Gesicht vom Rad, auch Kittel rollte erschöpft aus. "Das war eine scheiß Saison. Aber ich lebe noch, das Leben geht weiter", sagte Degenkolb.

Im Rennen der Frauen hatte Lisa Brennauer am Samstag eine Medaille verpasst. Die 28 Jahre alte WM-Zweite von 2014 war im Massensprint nach 134,5 Kilometern chancenlos und musste sich mit dem zwölften Platz zufrieden geben. Weltmeisterin wurde die erst 20-jährige Dänin Amalie Dideriksen. "Ich hatte gute Beine. Was man wieder gesehen hat, ist, dass ich keine reine Sprinterin bin. Wenn es richtig eng wird, habe ich meine Probleme", sagte Brennauer. Lisa Klein aus Lauterbach leistete während des Rennens wertvolle Helferdienste und kam am Ende mit 39 Sekunden Rückstand auf Platz 80 ins Ziel.

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