Die defensive Baustelle

Mainz · 1,55 Gegentore im Schnitt der vergangenen Saison sind Joachim Löw zu viel. Bis zur Weltmeisterschaft in Brasilien will der Bundestrainer die Abwehr der deutschen Fußball-Nationalmannschaft stabilisieren.

303 Tage vor dem WM-Start in Brasilien gleicht die Abwehr der deutschen Fußball-Nationalmannschaft einer Partnervermittlung. Kapitän Philipp Lahm, als einziger Verteidiger gesetzt, muss sich seit der EM 2012 in Polen und der Ukraine in der Viererkette laufend an neue Mitstreiter gewöhnen. In der Saison 2012/13 bot Bundestrainer Joachim Löw in elf Spielen elf verschiedene Abwehrreihen auf.

"Wir müssen in der Defensive noch mehr Stabilität erreichen. Die hatten wir zuletzt nicht immer. Das gilt nicht nur für die letzte Abwehrreihe. Auch die Vorderspieler müssen frühzeitig attackieren", sagte Löw vor dem ersten Länderspiel seiner Mannschaft in der WM-Saison an diesem Mittwoch in Kaiserslautern gegen Paraguay (20.45 Uhr/ZDF).

Der Dortmunder Mats Hummels, der gute Chancen auf einen Stammplatz in der Innenverteidigung hat, pflichtet Löw bei. "Es ist nicht so relevant, dass sich Personen festspielen. Wichtig ist, dass wir als Mannschaft eine defensive Grundordnung haben. Eine defensive Ordnung ist noch wichtiger als eine offensive, wie man an den Bayern in der vergangenen Saison gesehen hat."

Bei der EM vor gut einem Jahr konnte Löw bis auf eine Ausnahme in fünf Spielen immer auf die Reihe mit Jérôme Boateng, Hummels, Holger Badstuber und Lahm vertrauen. Die immer wechselnden Besetzungen der Viererkette in der abgelaufenen Spielzeit führten zu einem Schnitt von 1,55 Gegentoren, was den Bundestrainer ärgert: "Das waren eindeutig zu viele Gegentore." Vier Gegentreffer gegen Schweden, vier gegen die USA und drei gegen Argentinien offenbarten den Schwachpunkt in der DFB-Auswahl, die zwischen 2006 und 2010 im Schnitt auf 0,7 Gegentore kam.

Wenn die Weisheit zutrifft, dass der Sturm Spiele gewinnt und die Abwehr Meisterschaften, dann muss der Bundestrainer diese Baustelle schnellstmöglich schließen. Da Löw allerdings am liebsten die Defensiv-Versicherung mit der Doppel-Sechs zugunsten eines weiteren Offensivspielers sprengen möchte, begibt er sich auf gefährliches Terrain.

"Es hängt nicht immer alles nur an der Abwehr, das ist mir zu einfach. Vor allem unsere Offensivspieler sind in der Defensivarbeit verbesserungswürdig", sagt Löw. Defensive Stabilität, mehr Ordnung, mehr Struktur, mehr Klarheit - diese Dinge müssten von der gesamten Mannschaft besser umgesetzt werden.

Zum Thema:

Auf Einen Blick Die voraussichtlichen Aufstellungen: Deutschland: Neuer (Bayern/27 Jahre/38 Länderspiele) - Lahm (Bayern/29/98), Mertesacker (FC Arsenal/28/90), Hummels (Dortmund/24/24), Schmelzer (Dortmund/25/11) - Khedira (Real Madrid/26/39), Lars Bender (Leverkusen/24/14) - Müller (Bayern/23/41), Özil (Real Madrid/24/46), Podolski (Arsenal/28/110) - Klose (Lazio Rom/35/127). Paraguay: Villar (Colo Colo Santiago/36/100) - Candia (Olimpia Asuncion/30/2), da Silva (Deportivo Toluca/33/111), Aguilar (Club Tijuana/26/10), Melgarejo (Benfica Lissabon/23/1) - Ayala (CA Lanus/25/11), Riveros (Gremio Porto Alegre/30/83), Ortiz (Deportivo Toluca/23/10), Fabbro (River Plate/31/8) - Caballero (Krilja Sowjetow Samara/23/12), Santa Cruz (FC Malaga/31/92). Schiedsrichter: Bebek (Kroatien). dpa

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