Deutschland-Rallye „Ott ist in Estland größer als der Präsident“

Urexweiler · Völkerwanderung an der Römerstraße: Tausende Fans aus halb Europa verfolgten die Rallye zwischen Mainzweiler, Urexweiler und Marpingen.

 Andres aus Estland feuerte mit seinen Freunden bei der WP Ott Tänak an.  Foto: B&K

Andres aus Estland feuerte mit seinen Freunden bei der WP Ott Tänak an. Foto: B&K

Foto: B&K/Bonenberger/

Frühschicht für den Urexweiler Vereinsring. Gerade dampft der erste aufgebrühte Kaffee, da sind die besten Plätze an der Piste bereits besetzt. Innerhalb von drei Stunden tauchen dann die Rallye-Fans aus halb Europa auf der Wiese am beliebten Zuschauerpunkt „Adamloch“ zur Wertungsprüfung (WP) Römerstraße auf. Viele von ihnen bleiben lange am Platze, weil die schnelle WP binnen drei Stunden zweimal ausgefahren wird.

High Noon, kurz nach zwölf Uhr mittags kreist der Helikopter am Horizont – und unter ihm rast ein Rallyebolide heran, aus der Ferne so groß wie Miniaturauto. Auf der Wiese wird es plötzlich mucksmäuschenstill. Der Finne Teemu Suninen im Ford Fiesta WRC eröffnet die Sekundenjagd zwischen Mainzweiler, Urexweiler und Marpingen. Später steuert Andreas Mikkelsen aus Norwegen die Rechtskurve zu eng an und kickt mit dem seinem Hyundai i20 Coupé einen Heuballen zur Seite.

So langsam steigt die Spannung unter den vielen Fans aus Estland. Ihr Star, Ott Tänak, hatte zuvor mit dem Toyota Yaris in Freisen den Wimpernschlag von 0,2 Sekunden auf den großen Rivalen Thierry Neuville (Hyundai) aus Belgien eingebüßt. Beide hatten sich seit dem Start am Donnerstag erbittert duelliert, lagen nur durch Sekunden getrennt auf den Plätzen eins und zwei.

„Wir sind die 2000 Kilometer mit dem Flugzeug gekommen und sehen uns insgesamt vier Prüfungen an“, sagt der Este Andres. Er trägt ein Fan-Shirt von Toyota, seine Kumpels haben wegen der Hitze längst ihr Dress abgestreift. „Ott gewinnt diese WP“, ist sich Andres sicher. Aber zunächst richten die Esten ihren Blick auf den gegenüberliegenden Berg: Dort befindet sich Neuville auf der Verfolgungsjagd. Gehupe, Getröte und Fahnengeschwenke, als der 31-Jährige mit dem Boliden nach dem Hüpfer auf die Landstraße aufsetzt – und an den Fans entlangrast.

 Sprunghaft: Weltmeister Sébastien Ogier auf der Sprungkuppe der WP Römerstraße. Ogier büßte als Achter der Rallye viel Boden im WM-Rennen ein. Foto: B&K

Sprunghaft: Weltmeister Sébastien Ogier auf der Sprungkuppe der WP Römerstraße. Ogier büßte als Achter der Rallye viel Boden im WM-Rennen ein. Foto: B&K

Foto: B&K/Bonenberger/

Danach fliegt Tänak mit einer optimalen Fahrlinie über den Asphalt, nimmt sauber die Rechtskurve und schießt ins Ziel nach Marpingen. Und wie es Andres prophezeit hatte mit der Bestzeit. Die Esten geraten über seine Topvorstellung völlig aus dem Häuschen. „Er gewinnt die Deutschland-Rallye, er ist der nächste Weltmeister“, glaubt Andres. In seiner Heimat hat der 31-jährige Vater von zwei Kindern mittlerweile Kultstatus erlangt. „Ott ist der größte Sportler in Estland, er ist größer als der Präsident“, jubelt Andres. Die Zuschauer, die sich dann Richtung Panzerplatte aufmachen, verpassen noch drei spektakuläre Auftritte von Piloten im WRC 2-Teilnehmerfeld, die mit ihren Boliden im Straßengraben enden.

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