Kubacki siegt, Deutsche ohne Medaillen Zwei Polen gewinnen die Wind-Lotterie

Seefeld · Skispringer Kubacki holt WM-Gold von der Normalschanze. Deutsche bleiben ohne Medaillen, Wut über Bedingungen.

  Seine Teamkameraden trugen den neuen Weltmeister Dawid Kubacki auf den Schultern durch den Zielraum.

Seine Teamkameraden trugen den neuen Weltmeister Dawid Kubacki auf den Schultern durch den Zielraum.

Foto: AP/Matthias Schrader

Karl Geiger fasste sich ungläubig an den Kopf und sank enttäuscht in die Knie, sofort trösteten seine Teamkollegen den Unglücksraben: In einem chaotischen Wettbewerb von der Normalschanze hat Geiger am Freitagabend die zum Greifen nahe nächste WM-Medaille für die deutschen Skispringer in Seefeld verloren. Nach Platz zwei im ersten Durchgang fiel der 26-Jährige bei irregulären Windbedingungen für ihn unvermeidbar auf Platz 18 zurück. Weltmeister wurde der Pole Dawid Kubacki, der nach dem ersten Durchgang noch auf Rang 27 gelegen hatte. „Damit hätte ich nie gerechnet“, sagte der jubelnde Kubacki. Währenddessen war die Wut im deutschen Skisprung-Lager groß.

„Gerecht war da nix mehr. Ich war zwei Stundenkilometer langsamer als die anderen. Das ist schon unfair“, sagte Geiger, während der neue Weltmeister Kubacki auf den Schultern seiner Kollegen durch den Zielraum ritt: „Bei dem Wetter kannst du gar nichts machen, die Spur wurde von Springer zu Springer langsamer. Aber sie wollten es unbedingt durchziehen. Was soll‘s, Haken dran“, meinte Geiger, der nach seinem Absturz Trost bei seinen Eltern Monika und Roman suchte. Teils starker Rückenwind und Dauerschneefall machten die Anlaufspur zu einer stumpfen Farce, die TV-Zuschauer erlebten eine schiere Lotterie statt eines fairen Springens.

Markus Eisenbichler, bei den beiden Springen in Innsbruck Doppelweltmeister im Einzel und Team, war im ersten Durchgang verblasen worden, schaffte es aber immerhin noch von Platz 25 auf sieben. „Das waren schwierige Bedingungen, brutal hart. Ich hab es im ersten Durchgang vergeigt, aber bei diesen Verhältnissen war nicht mehr drin“, sagte der 27-Jährige.

Kubacki setzte sich mit Sprüngen auf 93,0 und 104,5 Meter (218,3) knapp vor seinem Landsmann Kamil Stoch (215,5) und Titelverteidiger Stefan Kraft aus Österreich (214,8) durch. Bester Deutscher war Richard Freitag als Fünfter vor Stephan Leyhe auf Rang sechs. 34 Jahre nach dem WM-Triumph von Jens Weißflog an gleicher Stelle wurde es nichts aus einem erneuten deutschen Feiertag.

Getrübt war die Freude selbst bei Polens Nationaltrainer Stefan Horngacher – trotz des Doppelsiegs: „Ich hätte mir gewünscht, dass die Jury das Springen bei solchen Bedingungen auf Sonntag verlegt hätte“, sagte Horngacher, Topkandidat auf die Nachfolge des scheidenden Bundestrainers Werner Schuster.

Schuster sagte nach der Wind-Lotterie: „Es war ein sehr schwieriger Wettkampf für alle Beteiligten. Zustande gekommen ist es auf sehr kuriose Art und Weise. Aber wir sollten nicht zu negativ über unseren Sport sprechen, im Endeffekt sind nicht die Falschen vorne.“ Dennoch war Schuster „ein bisschen traurig, dass es uns heute nicht gelungen ist, unsere beste Performance zu zeigen. Auch wir hatten unsere Chancen. Karl hat einen sehr guten ersten Sprung gemacht, aber im zweiten war er einfach chancenlos.“

Dies galt auch für den Japaner Ryoyu Kobayashi. Der Vierschanzentournee-Sieger hatte bei einem einer WM-Entscheidung unwürdigen Besuch von vielleicht 2000 Zuschauern mit 101,0 Metern vor Geiger zur Halbzeit geführt. Im zweiten Durchgang schaffte es der unbestritten beste Springer der Saison ebenso wie Geiger nur noch auf 92,5 Meter und wurde auf Platz 14 durchgereicht. „Die Sportler Geiger und Kobayashi, die sind heute veräppelt worden“, fand Schuster klare Worte. Der erzürnte Sportliche Leiter des Deutschen Skiverbandes, Horst Hüttel, kritisierte die Jury massiv: „Der zweite Durchgang war komplett irregulär. Die Geschwindigkeit hat um drei Kilometer pro Stunde nachgelassen.“

Dennoch haben die deutschen Skispringer noch die Chance, eine glänzende WM mit insgesamt drei Goldmedaillen zu einem glänzenden Abschluss zu bringen. Im abschließenden Mixed-Wettbewerb am Samstag (16 Uhr/ZDF und Eurosport) ist das DSV-Team mit Eisenbichler, Geiger und den Team-Weltmeisterinnen Katharina Althaus und Juliane Seyfarth noch einmal der große Favorit auf Gold.

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