Deutsche Dürrezeit Roger Federer beißt sich durch, Jelena Dokic sorgt für Jubelstürme

Melbourne. Thomas Haas saß nach seiner Demontage gegen den Weltranglisten-Ersten Rafael Nadal auf dem Center Court von Melbourne schon wieder im Flugzeug in die USA, als Altmeister Boris Becker zum verbalen Rundumschlag ausholte. "Viel schlechter stand unser Tennis in seiner Geschichte wohl noch nie da", sagte der 41-Jährige

Melbourne. Thomas Haas saß nach seiner Demontage gegen den Weltranglisten-Ersten Rafael Nadal auf dem Center Court von Melbourne schon wieder im Flugzeug in die USA, als Altmeister Boris Becker zum verbalen Rundumschlag ausholte. "Viel schlechter stand unser Tennis in seiner Geschichte wohl noch nie da", sagte der 41-Jährige. Wenn die Australian Open heute in ihre heiße Phase starten, sucht man deutsche Namen vergeblich. "Es ist nicht ganz zufriedenstellend, wenn bei einem Grand-Slam-Turnier keiner in der zweiten Woche ist", gestand Bundestrainer Patrik Kühnen.

Dass der 30 Jahre alte Haas nach langer Verletzungspause gegen den schier übermächtigen Tennis-König Rafael Nadal chancenlos sein würde, war abzusehen. 4:6, 2:6, 2:6 stand am Samstag fünf Minuten vor Mitternacht (Ortszeit) auf der Anzeigetafel in der Rod Laver Arena. "Ich hätte ihm gerne einen größeren Kampf geliefert. Ich habe das Beste getan, es war nicht genug", gab Haas zu.

An fünf Turnier-Tagen waren 20 Deutsche, elf Herren und neun Damen, gescheitert. Enttäuschend bis peinlich waren die Auftritte von Philipp Kohlschreiber oder Rainer Schüttler. Bitter, dass Nicolas Kiefer nach seinem Bänderriss nicht fit wurde. Gründe genug zum Grübeln für Kühnen, wem er für die Davis-Cup-Partie gegen Österreich (6. bis 8. März in Garmisch-Partenkirchen) das Vertrauen aussprechen soll. "Das werde ich kurzfristig entscheiden", sagte Kühnen.

Sicher ist nur, dass Haas nicht dabei sein wird. Die Strapazen eines Erst- oder Zweitrunden-Matches wolle er sich nicht mehr antun. "Vielleicht, wenn wir im Finale stehen", scherzte Haas. Auch beim herabgestuften Sandplatz-Turnier am Hamburger Rothenbaum wird er im Juli nicht aufschlagen. "Die Kälte, die Bälle, der Sand - das geht nicht mehr", sagte der dreimal an der Schulter operierte Haas.

Trotz seines bizarren Auftritts vor der Presse und der Kritik am Grand-Slam-System ist Philipp Kohlschreiber für den Davis Cup gesetzt. Bei dem 31 Jahre alten Kiefer muss man sehen, wie lange er nach seiner neuerlichen Verletzung ausfällt. Und so richtig ins Rampenlicht hat sich keiner gespielt im Melbourne Park. Am ehesten der 22 Jahre alte Andreas Beck. "Er ist dabei, sich gut zu entwickeln", sagte Kühnen.

Bei den deutschen Damen sieht es nicht viel besser aus. "So positiv es ist, dass neun Spielerinnen im Hauptfeld standen, so traurig ist es, dass nach der zweiten Runde keine mehr dabei ist", sagte Bundestrainerin Barbara Rittner. Enttäuschend waren vor allem die Darbietungen von Anna-Lena Grönefeld und Sabine Lisicki. Bei Spielerinnen wie der 20-jährigen Julia Görges, die gegen French-Open-Siegerin Ana Ivanovic aus Serbien einen Sieg aus der Hand gab, wünscht sich Rittner, "dass sie ihre Chancen nutzen". Für die Fed-Cup-Partie in der Schweiz Anfang Februar nominierte sie Grönefeld und Lisicki - auch mangels adäquater Alternativen.

Für Ex-Wimbledon-Sieger Becker liegt das Problem beim deutschen Nachwuchs. "Wo sind die Teenager, die sportlich verrückte Dinge auf dem Tennisplatz anstellen?", fragte er. Für die Zukunft sieht der 41-Jährige schwarz: "Wir befinden uns in einer Dürrezeit." dpa

Melbourne. Nach seinem Fünf-Satz-Krimi mit Happy End saß Roger Federer (Foto: dpa) ganz entspannt im rappelvollen Pressesaal. "Ich hatte nie das Gefühl zu verlieren. Jetzt bin ich im Turnier drin", sagte der 13-malige Grand-Slam-Sieger. Gerade hatte er gegen den Tschechen Tomas Berdych nach 0:2-Satzrückstand noch 4:6, 6:7 (4:7), 6:4, 6:4, 6:2 gewonnen und ein sensationelles Achtelfinal-Aus bei den Australian Open abgewendet. Doch von Selbstzweifeln war keine Spur beim 27 Jahre alten Tennisprofi aus der Schweiz. "So ein Match spielt man ja nicht jeden Tag, und es ist eine große Befriedigung, es zu gewinnen", sagte Federer.

Dabei hätte es keinen der 15 000 Zuschauer im Center Court von Melbourne gewundert, wenn Federer an diesem Tag als Verlierer aus dem Stadion geschlichen wäre. In den ersten beiden Sätzen wurde er vom Ranglisten-21. über den Platz gejagt. . "Er hat mich bis ans Limit getrieben", sagte Federer später. Im Viertelfinale wartet nun der Argentinier Juan Martin del Potro.

Weniger glücklich verlief der Arbeitstag für die Weltranglisten-Erste Jelena Jankovic. Die 23 Jahre alte Serbin verlor im Achtelfinale gegen die Französin Marion Bartoli mit 1:6, 4:6. "Ich muss dieses Turnier jetzt schnell vergessen", sagte sie in dem Wissen, dass sie ihre Spitzenposition in der Weltrangliste verlieren kann.

Für Jubelstürme in Melbourne sorgt weiter Publikumsliebling Jelena Dokic. Die 25 Jahre alte Australierin setzte sich gegen die Russin Alissa Klejbanowa mit 7:5, 5:7, 8:6 durch. Die Weltranglisten-137. war dank einer Wildcard in das Hauptfeld gerückt und erreichte erstmals seit den French Open 2002 wieder die Runde der letzten Acht bei einem Grand-Slam-Turnier. dpa

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