Der virtuelle MeisterSchalker Fans feiern den Meister der Herzen

München. Freudentänze auf dem Rasen, Schampus-Duschen in der Kabine - auch ohne Meisterschale ließen es die Bayern nach dem ersten Schritt zum historischen Dreifach-Triumph krachen

München. Freudentänze auf dem Rasen, Schampus-Duschen in der Kabine - auch ohne Meisterschale ließen es die Bayern nach dem ersten Schritt zum historischen Dreifach-Triumph krachen. Drei Punkte und 17 Tore Vorsprung auf Schalke 04, da konnte und mochte nach dem meisterlichen 3:1 (2:0) gegen den auf einen Abstiegsplatz gestürzten VfL Bochum niemand mehr mit Fantasie-Rechnungen die Spaßbremse spielen. "Da brennt nichts mehr an", verkündete Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge. Am kommenden Samstag muss die Schale bei Absteiger Hertha BSC nur noch abgeholt werden. Louis van Gaal präsentierte sich als "virtueller Meister" blendend gelaunt und verriet lachend: "Ich bin ein Feierbiest."

Der 58 Jahre alte Niederländer schwärmte: "Wir können noch mehr gewinnen." Der 22. Meistertitel soll erst der Auftakt gewesen sein für eine dreiwöchige Münchner Jubel-Party. "Es war bis heute ein Superjahr", sagte Arjen Robben. Aber die Bayern sind hungrig, wollen mehr. "Der Druck ist jetzt weg. Jetzt müssen wir weiter trainieren und uns völlig auf die beiden Finals vorbereiten", sagte Robben mit Blick auf das Pokalfinale gegen Werder Bremen (15. Mai) sowie das Champions-League-Endspiel gegen Inter Mailand (22. Mai). "Die Mannschaft ist heiß. Sie hat großen Willen, große Leidenschaft, großen Kampfgeist. Alles ist möglich", sagte Rummenigge.

Im 50. Pflichtspiel unter van Gaal "müllerten" sich die Bayern zu Titel Nummer eins. Mit seinen Toren elf bis 13, seinem ersten Bundesliga-Dreierpack, war Jung-Nationalspieler Thomas Müller der Mann des Tages, der mit Brust (18. Minute), Kopf (20.) und Fuß (69.) traf. "Viele Fußballer arbeiten jahrelang daraufhin, einmal Meister zu werden. Mich hat es gleich im ersten Jahr erwischt - überragend", jubelte der 20-Jährige.

Christian Fuchs erzielte per Freistoß das Bochumer Ehrentor (85.). Zu dem Zeitpunkt war die Allianz Arena längst ein Party-Tempel. Um 16.42 Uhr brach ein Jubel-Orkan los, als die Kunde vom Bremer Führungstor auf Schalke kam. Häme gegen Felix Magath und den Vize-Meister verkniffen sich die Münchner jedoch. "Sie haben uns einen heißen Tanz geliefert", sagte Rummenigge.

Am Ende fuhren die Bayern souverän den Titel ein - und das nach dem schlechtesten Saisonstart seit 43 Jahren und bis zu acht Punkten Rückstand auf die Spitze. Baumeister des Erfolgs ist Louis van Gaal, der ein überragendes Kollektiv aus Einzelkönnern wie Robben und Ribéry sowie Talenten wie Müller, Badstuber oder Contento formte. "Für mich hat der Titel einen sehr großen Wert. Ich denke nicht, dass viele Trainer in Europa das Glück haben, in drei Ländern Meister zu werden", sagte der Mann, der in seiner Heimat, in Spanien und Deutschland triumphiert hat.

Beim lockeren Training am Sonntag in München feierten mehr als 2000 Fans ihre Kicker. Louis van Gaal gab den Spielern danach bis Mittwoch frei und sagte: "Für mich ist jetzt der Pokalsieg wieder wichtiger als das letzte Ligaspiel." dpa

Gelsenkirchen. Trotz des abermals geplatzten Titeltraums feierten die Fans und Spieler des FC Schalke 04 meisterlich. Nur der von den Anhängern lautstark geforderte Trainer Felix Magath mochte auf seiner Ehrenrunde nach dem 0:2 gegen Werder Bremen die "fantastische Atmosphäre" nicht so recht genießen. "Dazu ärgere ich mich noch zu sehr. Ich muss erstmal verdauen, dass die Meisterschaft durch eine Fehlentscheidung entschieden wurde", giftete der 56-Jährige.

Auch wenn ihm der große Coup wie im Vorjahr mit Wolfsburg nicht gelang, zog Magath ein positives Fazit. "Wir können mit dem zweiten Platz sehr gut leben. Wer hätte vorher gedacht, dass wir die Champions League erreichen?", sagte der Trainer, der auf Schalke fast alles umkrempelte und dem Revierclub mit dem Einzug in die Königsklasse auch wirtschaftlich eine neue Perspektive gab.

Anders als 2001 bei der "Vierminuten-Meisterschaft", als Tränen in Strömen flossen, herrschte Partystimmung. "Oh, wie ist das schön" stimmten die Fans an. So war die Enttäuschung der Profis schnell verflogen. Der Stolz auf eine Spielzeit, die dem Revierclub niemand zugetraut hatte, überwog.

Mittendrin stand Kevin Kuranyi mit feuchten Augen. "Danke Kevin für fünf super schöne Jahre!" hieß es auf einem Fan-Plakat. "Ich spiele seit fünf Jahren hier und wurde zum ersten Mal so gefeiert. Das hat mir gut getan", sagte Kuranyi. Dem Eindruck, er habe Abschied für immer genommen, trat der 28-Jährige nur halbherzig entgegen. "Ich habe noch nicht entschieden." Laut Medienberichten soll er mit Dynamo Moskau längst einig sein.

Magaths Unmut galt dem Schiedsrichtergespann um Knut Kircher, der bei einer Attacke von Per Mertesacker gegen Benedikt Höwedes (41.) den Elfmeterpfiff verweigerte. Schon vier Wochen zuvor beim 1:2 gegen München hatte Magath sich betrogen gefühlt. Kircher räumte nach Ansicht der TV-Bilder ein, dass man einen Strafstoß "hätte geben können".

Mit der "taktischen Meisterleistung" (Geschäftsführer Klaus Allofs) und Toren des Ex-Schalkers Mesut Özil (55.) sowie Hugo Almeida (64.) hat Bremen nun selbst beste Aussichten, dem Spitzenduo über die Qualifikation in die Champions League zu folgen. "Wir haben es in der Hand", sagte Allofs. dpa

Fussball-Bundesliga

33. Spieltag:



 VfB Stuttgart - FSV Mainz   2:2 
 Dortmund - VfL Wolfsburg   1:1 
 1. FC Köln - SC Freiburg   2:2 
 FC Schalke 04 - Werder Bremen   0:2 
 Frankfurt - 1899 Hoffenheim   1:2 
 Hannover 96 - M'gladbach   6:1 
 Bayer Leverkusen - Hertha BSC   1:1 
 Bayern München - VfL Bochum   3:1 
 Hamburger SV - 1. FC Nürnberg   4:0 



 1  .  Bayern München   33  69  :  30  67 
 2  .  FC Schalke 04   33  53  :  31  64 
 3  .  Werder Bremen   33  70  :  39  60 
 4  .  Bayer Leverkusen   33  64  :  37  58 
 5  .  Borussia Dortmund   33  53  :  39  57 
 6  .  VfB Stuttgart   33  50  :  40  54 
 7  .  Hamburger SV   33  55  :  40  51 
 8  .  VfL Wolfsburg   33  61  :  57  47 
 9  .  Eintracht Frankfurt   33  46  :  51  46 
 10  .  FSV Mainz   33  36  :  42  46 
 11  .  1899 Hoffenheim   33  43  :  41  41 
 12  .  1. FC Köln   33  33  :  41  38 
 13  .  Borussia M'gladbach   33  42  :  59  38 
 14  .  SC Freiburg   33  32  :  58  32 
 15  .  Hannover 96   33  40  :  67  30 
 16  .  1. FC Nürnberg   33  31  :  58  28 
 17  .  VfL Bochum   33  33  :  61  28 
 18  .  Hertha BSC Berlin   33  33  :  53  24 

34. und letzter Spieltag:



 VfL Wolfsburg - Frankfurt   Sa, 15.30 Uhr 
 Nürnberg - 1. FC Köln   Sa, 15.30 Uhr 
 Werder Bremen - Hamburg   Sa, 15.30 Uhr 
 Hertha BSC - Bayern München   Sa, 15.30 Uhr 
 FSV Mainz - FC Schalke 04   Sa, 15.30 Uhr 
 Hoffenheim - VfB Stuttgart   Sa, 15.30 Uhr 
 VfL Bochum - Hannover 96   Sa, 15.30 Uhr 
 M'gladbach - Leverkusen   Sa, 15.30 Uhr 
 SC Freiburg - Dortmund   Sa, 15.30 Uhr 

Meinung

Vater des Erfolgs Louis van Gaal

Von SZ-Redakteur

Klaus Kalsch

So können auch "Experten" irren. Deshalb sollten all' die Fußball-Sachverständigen, die Bayern-Trainer Louis van Gaal nach dem Rumpelstart in die Saison ganz schnell das gleiche Schicksal wie Jürgen Klinsmann prophezeiten, ganz schnell Abbitte leisten beim Niederländer. Jetzt stehen die Bayern vor dem größten Triumph der Vereinsgeschichte. Viele seiner Vorgänger haben immer nur davon geredet. Van Gaal hat's geschafft - ohne groß zu tönen. Mit akribischer Arbeit hat er in den letzten Monaten eine Weltklasse-Mannschaft geformt - unbeirrt. Die kann auch das Triple packen. Und van Gaal wird bescheiden bleiben. Wetten, dass?

Hintergrund

 Die Schalker Fans bedankten sich bei ihrem Team mit einem Transparent für die Vize-Meisterschaft. Foto: dpa

Die Schalker Fans bedankten sich bei ihrem Team mit einem Transparent für die Vize-Meisterschaft. Foto: dpa

Bayern München lässt beim juristischen Kampf gegen die Sperre von Franck Ribéry im Champions-League-Finale gegen Inter Mailand nichts unversucht. "Ich werde mit nach Nyon gehen", kündigte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge an. Die Uefa wird am Mittwoch (15.00 Uhr) im schweizerischen Nyon über eine Reduzierung der Drei-Spiele-Sperre für Ribéry verhandeln, der im Halbfinal-Hinspiel gegen Olympique Lyon die Rote Karte gesehen hatte. Sein Foul an Lisandro Lopez wurde als Tätlichkeit bewertet. dpa

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