Leichtathletik Der Unbequeme will weiter mahnen

Hamburg/Darmstadt · Anti-Doping-Kämpfer Clemens Prokop hört als Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes auf.

 Clemens Prokop führte den Deutschen Leichtathletik-Verband durch eine schwere sportliche Krise zurück in die erweiterte Weltspitze.

Clemens Prokop führte den Deutschen Leichtathletik-Verband durch eine schwere sportliche Krise zurück in die erweiterte Weltspitze.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Clemens Prokop redete stets Klartext. Als Chefkritiker des deutschen Sports und konsequenter Anti-Doping-Kämpfer machte sich der Jurist einen Namen. Nun dankt er als Präsident der deutschen Leichtathleten ab. Nach knapp 17 Jahren tritt Prokop nicht mehr zur Wahl an, als unbequemer Geist will er sich bei den großen Themen des Sports aber weiter einmischen.

„Alle die, die gehofft haben, mich los zu sein, haben sich zu früh gefreut“, sagt Prokop: „Ich glaube, dass ich mich auch weiterhin zu Fragen der nationalen und internationalen Sportpolitik äußern werde.“ Seit dem 24. März 2001 stand der Richter an der Spitze des DLV, nur Max Danz (1949 bis 1970) war länger Präsident. Nach 6083 Tagen soll an diesem Samstag beim Verbandstag in Darmstadt Jürgen Kessing zu seinem Nachfolger gewählt werden.

Mit Prokop verliert der deutsche Sport einen seiner profiliertesten Funktionäre. Der 60-Jährige scheute keinen Konflikt. Als einer der Ersten setzte er sich für ein Anti-Doping-Gesetz in Deutschland ein und stritt deswegen mit vielen Entscheidungsträgern im deutschen Sport – allen voran mit dem damaligen DOSB-Präsidenten Thomas Bach. Dass das Gesetz vom Bundestag verabschiedet wurde, bezeichnet Prokop heute als persönliche „Glanzstunde“.

Im aktuellen Skandal im russischen Sport plädiert Prokop schon lange für einen Komplett-Ausschluss aller Sportler, nicht nur der Leichtathleten. Dabei geriet der Chef des Regensburger Amtsgerichts erneut mit Bach aneinander, der als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) nach Ansicht Prokops nicht hart genug durchgreift. Ein Nicht-Ausschluss Russlands für die Olympischen Winterspiele im Februar käme einer „dauerhaften Einfallschneise gegen das grundlegende Prinzip der Chancengleichheit im internationalen Wettbewerb“ gleich, sagt Prokop. Er sei überzeugt, dass „wir keine Alternative haben, als diese Möglichkeiten zu nutzen“.

Prokop macht keinen Hehl daraus, dass bei seinem Abschied auch Wehmut mitschwingt. Aber er freut sich auch auf ein „großes Stück Freiheit“, das nun auf ihn zukommt. Neben seinem Hauptberuf nahm Prokop ehrenamtlich zuletzt noch an deutlich über 100 Tagen im Jahr Leichtathletik-Termine wahr. Als Chef-Organisator der Heim-EM in Berlin im kommenden Jahr bleibt er den Springern, Läufern und Werfern aber noch ein bisschen erhalten.

Der ehemalige Weitspringer und Mehrkämpfer Prokop führte den Verband als Nachfolger von Helmut Digel durch eine schwere sportliche Krise. Bei den Olympischen Spielen in Athen 2004 gab es zwei, vier Jahre später in Peking nur eine Medaille. Erst mit der gelungenen Heim-WM 2009 in Berlin ging es wieder bergauf. Inzwischen ist die Sportart trotz des schwachen Olympia-Ergebnisses von Rio wieder gut aufgestellt.

Seinem designierten Nachfolger Kessing, Bürgermeister von Bietigheim-Bissingen, übergibt Prokop einen Verband, „der sich in der besten wirtschaftlichen Situation seiner Geschichte befindet, der wieder Anschluss an die Weltspitze gefunden hat und dessen sportpolitisches Profil so geschärft ist, dass der DLV in herausgehobener Weise national und international wahrgenommen wird“, sagte Prokop.

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