Fußball-WM 2018 Der Unantastbare wird in Frage gestellt

Watutinki · „Müller spielt immer“, heißt es bei der Nationalmannschaft seit vielen Jahren. Doch zuletzt agierte der Münchner ganz schwach. Während der Weltmeister seine Form sucht, drängt der junge Julian Brandt in die Mannschaft.

 Nein, kein Januskopf. Aber Bundestrainer Joachim löw steht auf Julian Brandts Spielweise.

Nein, kein Januskopf. Aber Bundestrainer Joachim löw steht auf Julian Brandts Spielweise.

Foto: dpa/Ina Fassbender

Julian Brandt ist richtig heiß auf Südkorea. „Sonny, Koo, da kommen ein, zwei Bekannte, da freue ich mich richtig drauf“, sagt der Leverkusener mit Blick auf das WM-Gruppenfinale am morgigen Mittwoch (16 Uhr/ZDF) in Kasan. Ob Brandt dort wirklich gegen seine früheren Mitspieler Heung Min Son und Ja Cheol Koo ran darf, ist eine der schwierigsten Fragen für Joachim Löw.

Lässt der Bundestrainer das Kader-Küken (22) erstmals bei der WM in Russland von Beginn an ran, müsste er einen weiteren Weltmeister „opfern“. Julian Draxler käme da ebenso in Frage wie Thomas Müller. Marco Reus und Timo Werner haben sich beim Zittersieg gegen Schweden (2:1) mit starken Leistungen im DFB-Team festgespielt, Mario Gomez ist die erste Bank-Option.

„Müller spielt immer!“ Dieser einst von Louis van Gaal geprägte Satz galt bislang auch unter Löw. Seit der WM 2010 stand er nur in einem Turnierspiel (gelbgesperrt) nicht auf dem Platz, die letzten 14 EM- und WM-Begegnungen bestritt der 28-Jährige über die volle Distanz. Mit 93 Länderspielen ist Müller der erfahrenste Akteur im deutschen Aufgebot, mehr als seine 38 Tore, zehn davon bei einer WM, hat kein anderer zu bieten.

Doch Müller ist weit von seiner früheren Form entfernt. „Hat Thomas Müller mitgespielt gegen Mexiko und Schweden? Man müsste vielleicht noch mal in die Aufstellung schauen“, schrieb die Süddeutsche Zeitung voll beißender Ironie. Lothar Matthäus sah zuletzt „wenig überzeugende Leistungen“ vom Münchner, betonte aber: Müller rauszunehmen „wäre fatal. Er ist Sprachrohr, Persönlichkeit und Anführer. Er ist für mich der Kapitän der Feldspieler auf dem Platz.“

Der Rekordnationalspieler rät in der Bild-Zeitung, Müller zentraler aufzustellen – als rechten Halbstürmer oder zweite Spitze: „Müller muss in den Strafraum!“ Tatsächlich klagte Müller, er sei gegen Mexiko „zu wenig in Abschlusspositionen gekommen“. Kein einziger Torschuss kam in über 95 Minuten von ihm, gegen Schweden gab er in über 99 Minuten nur einen einzigen ab.

Der beide Male eingewechselte Brandt dagegen (Einsatzzeit insgesamt: 18:21 Minuten) traf jeweils den Pfosten. „Für Jokertore bin ich immer gut“, sagt der 18-malige Nationalspieler (ein Tor), der 2016 Olympia-Silber und 2017 den Confed Cup gewann. Löw schätzt den Leverkusener sehr, zog ihn dem hochtalentierten Leroy Sané vor. „Julian war beim Confed Cup gut, hat gute Fortschritte gemacht“, sagte er. Assistenztrainer Marcus Sorg lobte: „Es gibt einem ein gutes Gefühl, wenn ein Spieler von der Bank kommt und Schwung bringt.“ Dies sei „kein Ausschlusskriterium, dass so ein Spieler auch mal von Anfang an spielt“.

Brandt selbst übt sich in Geduld – und träumt vom goldenen Wurf am 15. Juli in Moskau. Wer dann das WM-Finale bestreitet? „Hoffentlich wir und – ist mir egal“, sagt er.

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