Der Tiefstapler

Hamburg. Er weigert sich beharrlich, eine Prognose abzugeben. "Wir wollen jedes Spiel gewinnen. Das ist realistisch." Die Aussage wiederholt Bundestrainer Heiner Brand gebetsmühlengleich. Seine Mannschaft gehöre bei der Handball-Weltmeisterschaft in Kroatien, die an diesem Freitag beginnt, "sicher nicht zu den Favoriten"

Hamburg. Er weigert sich beharrlich, eine Prognose abzugeben. "Wir wollen jedes Spiel gewinnen. Das ist realistisch." Die Aussage wiederholt Bundestrainer Heiner Brand gebetsmühlengleich. Seine Mannschaft gehöre bei der Handball-Weltmeisterschaft in Kroatien, die an diesem Freitag beginnt, "sicher nicht zu den Favoriten". Brand nennt Kroatien, Olympia-Sieger Frankreich, Europameister Dänemark und Spanien. Deutschland sei Titelverteidiger "nur auf dem Papier". Zu radikal sei der Umbruch, den er einleitete nach dem olympischen Turnier in Peking - dorthin war Deutschland mit Goldhoffnungen gereist, um mit einem neunten Platz heimzukehren. Soweit Brand. Der 56-Jährige ist für seine Zurückhaltung bekannt. Zu oft haben Verletzungen wichtiger Spieler einen Strich durch seine Rechnungen gemacht. Natürlich müssen die teils angeschlagenen Stammkräfte im Rückraum, Pascal Hens (HSV Hamburg), Michael Kraus (TBV Lemgo), der sich am vergangenen Sonntag beim 17:28 gegen Spanien eine Wadenverletzung zuzog, und Holger Glandorf (HSG Nordhorn) das harte Programm von maximal zehn Spielen in 16 Tagen irgendwie überstehen. Sollte dies der Fall sein, gibt's keinen Anlass zu Pessimismus. Nicht nur Markus Baur, der zurückgetretene Kapitän der Weltmeister-Mannschaft von 2007, glaubt daran, dass die stark verjüngte Mannschaft "an einem guten Tag" jeden schlagen könne. "Viele sehen die Sache zu schwarz. Wir haben einen exzellenten Trainer, viel versprechende Talente und immer noch einige gestandene Spieler in der Mannschaft."Und Baur weiß auch um den seltsamen Charakter der WM: Es wird ein Turnier des Übergangs. Die Schiedsrichter-Gilde formiert sich neu, was oft die Qualität mindert. Viele Trainer nutzen den Beginn der olympischen Periode zum Neuaufbau. Den Russen etwa, erster deutscher Gegner am Samstag, fehlt mit Linksaußen Eduard Koksharov der beste Spieler. Der zweite Hochkaräter in der deutschen Gruppe, Vize-Weltmeister Polen, muss ohne seinen Regisseur Grzegorz Tkaczyk auskommen. Die Personalien zeigen die Chance, die Deutschland trotz des Umbruchs hat: Sollte der Weltmeister die Gruppe mit Russland, Polen, Algerien, Tunesien und Mazedonien überstehen, stünde das Tor zum Halbfinale weit offen. Denn mit Dänemark würde wohl in der Hauptrunde nur eine Mannschaft der höchsten Güte warten, Südkorea und Ungarn wären schlagbar. Alle anderen Favoriten streiten sich in der anderen Hälfte des Tableaus um die Halbfinal-Plätze. Das Erreichen des Halbfinals ist wichtig. Schließlich hat Handball seit dem "Wintermärchen" 2007 in Deutschland - das Finale sahen 20 Millionen TV-Zuschauer - eine Aufmerksamkeit wie nie erreicht. "Handball hat die Öffentlichkeit, die wir immer gewollt haben", sagt Heiner Brand. Erstmals kümmert sich das Privatfernsehen. RTL überträgt jeweils um 17.30 Uhr alle deutschen Spiele live. Sollten die Quoten aber niedrig ausfallen, könnte der Handball bald wieder in die Nische verschwinden. Trotz des Umbaus der Mannschaft steht in Kroatien also viel auf dem Spiel für den deutschen Handball. "Viele sehen die Sache zu schwarz."Ex-Kapitän Markus Baur

Deutschland bangt um den Einsatz von Michael Kraus. Der Lemgoer hat sich am Sonntag beim 17:28 gegen Spanien eine Wadenverletzung zugezogen. Eine Computertomographie soll Aufschluss über die Schwere bringen. nimmt 17 Spieler mit nach Kroatien.

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