Der Tabubruch ist perfekt

Bremen · Die Bremer Bürgerschaft hat gestern das umstrittene Gesetz zur Übernahme von Kosten bei Polizeieinsätzen rund um Fußballspiele durch die Deutsche Fußball Liga (DFL) verabschiedet. Die DFL kündigte juristische Schritte dagegen an.

Bremen macht Ernst und bittet die Deutsche Fußball Liga (DFL ) ab sofort für entstehende Mehrkosten bei Polizeieinsätzen während Risikospielen zur Kasse. Mit den Stimmen der rot-grünen Regierungskoalition verabschiedete die Bremer Bürgerschaft gestern Abend das umstrittene Gesetz. Im deutschen Fußball empfindet man den Vorstoß als Tabubruch. Bislang wurden sämtliche Kosten für die Sicherheit außerhalb der Stadien aus öffentlichen Mitteln getragen.

"Wir haben uns bewusst für diese Lösung entschieden und werden sie auch konsequent zum Abschluss bringen", sagte Bremens Innensenator Ulrich Mäurer. Der SPD-Politiker blickt auch dem zu erwartenden Gang vor die Gerichte gelassen entgegen: "Wenn man sich seitens der DFL die erste Niederlage eingehandelt hat, wird man vielleicht zur Vernunft kommen und darüber nachdenken, ob man nicht einen anderen Weg gehen kann."

Zentraler Punkt der von ihm vorangetriebenen Neuregelung ist das Vorhaben der Landesregierung, die zusätzlichen Kosten für sogenannte Hochsicherheitsspiele der DFL in Rechnung zu stellen. Schätzungen zufolge kostet die Überwachung solcher Begegnungen rund 250 000 Euro zusätzlich pro Einsatz. Die erste Rechnung an die DFL droht laut des neuen Gesetzes bei der Partie Werder Bremen gegen Hannover 96 am 13. Dezember. Als Risikopartien gelten zudem die Gastspiele des Hamburger SV Mitte April 2015 sowie von Eintracht Frankfurt Anfang Mai 2015.

Der umstrittene Alleingang aus Bremen hatte zuletzt für heftige Diskussionen gesorgt. Die DFL kündigte am Abend erneut juristische Schritte gegen etwaige Zahlungsaufforderungen an. Liga-Chef Reinhard Rauball kritisierte: "Das Bremer Gesetz löst nicht die Probleme, sondern soll nur die Haushaltslöcher stopfen. Sollte der Ligaverband einen Kostenbescheid aus Bremen erhalten, werden wir in jedem Fall juristische Schritte dagegen einleiten und Kosten an den SV Werder Bremen weiterbelasten." Zudem hatte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) Bremen das schon fest für den 14. November eingeplante EM-Qualifikationsspiel der Nationalmannschaft gegen Gibraltar entzogen und nach Nürnberg vergeben.

Beim Kampf ums Geld dürfte am Ende Werder die Zeche zahlen. Würde der DFL tatsächlich eine Rechnung zugestellt, werde man diese postwendend an den Bundesliga-Klub aus Bremen weiterreichen, hatte DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig angekündigt. "Der SV Werder wird durch den Bremer Weg finanziellen Schaden nehmen", sagt Klaus Filbry, Vorsitzender der Werder-Geschäftsführung.

Außer Bremen hat noch kein Bundesland angekündigt, die Kosten für Polizeieinsätze auf die Clubs umwälzen zu wollen. Mäurer rechnet damit, dass sich andere Bundesländer dem Bremer Weg anschließen werden.Die Gewalt gegen Beamte der Bundespolizei hat bei Spielen der drei deutschen Fußball-Profiligen rapide zugenommen. Das behauptet zumindest eine Studie der Bundespolizei über die Vorkommnisse unter den 3,3 Millionen bahnreisenden Fans. Demnach wurden in der Saison 2013/14 insgesamt 161 Ordnungshüter verletzt, im Vergleich zum Vorjahr entspräche dies einem Anstieg von 100 Prozent. Zuwachs habe es auch bei Landfriedensbrüchen (plus 51 Prozent), bei Verstößen gegen das Waffengesetz (plus 45 Prozent) und Gefangenenbefreiung (plus 44 Prozent) gegeben. Rückläufig seien dagegen unter anderem Hausfriedensbrüche (minus 35 Prozent) und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (minus 27 Prozent). Die 56-seitige Studie kommt zu dem Schluss, dass die Probleme noch zunehmen werden: "Es muss mit einer Ausweitung von Konflikten gerechnet werden."

Als besonders problematisch erwiesen sich laut Studie die Anhänger von Drittligist Hansa Rostock, die insgesamt die meisten Straftaten begingen (168). Bei den reinen Gewaltdelikten liegt Vizemeister Borussia Dortmund vorn (44).

Zuletzt hatte die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) eine negative Bilanz über Polizeieinsätze bei Spielen der Fußball-Bundesliga und 2. Liga in der Saison 2013/14 gezogen. Angestiegen sei die Zahl der verletzten Personen, 1281 Menschen waren betroffen. Bei den Einsatzstunden und Strafverfahren sei die Zahl in den vergangenen zwölf Jahren mit wenigen Ausnahmen gestiegen, heißt es in dem Bericht.

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