Der Streitfall Jakub Balaz

St. Ingbert. Am 2. Dezember 2007 spielte die deutsche Handball-Nationalmannschaft in der Saarlandhalle gegen eine Saar-Auswahl. Es wurde ein Riesen-Handballfest für Joachim Deckarm. Und ein Riesentag für Jakub Balaz. Der 21-jährige Slowake in Diensten des RPS-Oberligisten SGH St. Ingbert war bei der 32:40-Niederlage erfolgreichster Saar-Schütze

 Der slowakische Junioren-Nationalspieler Jakub Balaz (links) war in den vergangenen Jahren der Topspieler der SGH St. Ingbert; nun will er den Verein verlassen, um höherklassig zu spielen. Foto: SZ

Der slowakische Junioren-Nationalspieler Jakub Balaz (links) war in den vergangenen Jahren der Topspieler der SGH St. Ingbert; nun will er den Verein verlassen, um höherklassig zu spielen. Foto: SZ

St. Ingbert. Am 2. Dezember 2007 spielte die deutsche Handball-Nationalmannschaft in der Saarlandhalle gegen eine Saar-Auswahl. Es wurde ein Riesen-Handballfest für Joachim Deckarm. Und ein Riesentag für Jakub Balaz. Der 21-jährige Slowake in Diensten des RPS-Oberligisten SGH St. Ingbert war bei der 32:40-Niederlage erfolgreichster Saar-Schütze. Mit sechs Toren - eines schöner als das andere.

Spätestens seit diesem Tag stand der Rohdiamant auf der Wunschliste höherklassiger Vereine. "Jakub würde prima zu uns passen", sagte damals Richard Jungmann, der Trainer des saarländischen Regionalligisten HG Saarlouis. Auch Zweitligist HSG Düsseldorf zeigte sich interessiert. Jakub Balaz war am Rhein zum Probetraining. Auch in Saarlouis spielte er vor.

Alles klar also für eine große Handball-Karriere? Sollte man meinen. Doch Jakub Balaz ist der Spaß an seinem Sport zurzeit vergangen. Bei seinem Verein, der SGH St. Ingbert, steht der Slowake auf dem Abstellgleis. Er will weg, darf aber nicht - weil er einen Vertrag hat, aus dem er nicht rauskommt. Dessen Wirksamkeit soll jetzt vor dem Saarbrücker Landgericht überprüft werden. Balaz hat den Anwalt Dietmar Comtesse mit der Wahrung seiner Interessen beauftragt. Er selbst will keine Stellung beziehen, bevor die Sache nicht geklärt ist.

Balaz trainiert zwar noch mit der SGH St. Ingbert, spielen will er aber nicht mehr. Der neue Trainer Thomas Bonerz möchte dazu nichts sagen, "weil es sich um ein schwebendes Verfahren handelt". Aus dem gleichen Grund hält sich auch der SGH-Abteilungsleiter Klaus Weiland bedeckt. Weiland: "Wir bestehen auf Einhaltung des Vertrags. Balaz kann allerdings sofort gehen, wenn ein Verein die von uns geforderte Ablöse bezahlt. Wir haben viel in Jakub investiert, das Geld wollen wir zurück."

Im Raum stehen 50000 Euro. "Illusorisch", sagt Richard Jungmann, inzwischen Manager bei der HG Saarlouis. Frank Flatten, der Düsseldorfer Manager, wird im SZ-Gespräch noch deutlicher: "Ich habe noch nie erlebt, dass ein Spieler von einem Verein so geknebelt wurde, wie die St. Ingberter das mit Jakub Balaz tun."

Gregor Deckert ist der zweite Vorsitzende der SGH St. Ingbert und zugleich Hauptsponsor des Vereins. In Deckerts Autohaus absolviert Balaz zurzeit eine Ausbildung. "Zu Konditionen, die weit über einer normalen Ausbildungsvergütung liegen", so Gregor Deckert, der größten Wert darauf legt, "dass Jakub diese Ausbildung bei mir auch zu Ende führt, egal wie seine sportliche Zukunft aussieht".

Auch Deckert bittet um Verständnis dafür, "dass wir unsere Investitionen wenigstens teilweise zurückbekommen".

Knackpunkt des Falls Balaz ist auch nicht die Anstellung im Autohaus Deckert, sondern allein der Inhalt des Vertrages zwischen ihm und der SGH St. Ingbert. Der läuft für insgesamt vier Spielzeiten - vom 1. Juni 2006 bis 30. Juni 2010. Sollte der Slowake früher wechseln wollen, ist das laut Vertrag von einer Ablöse von mindestens 50000 Euro abhängig gemacht. Als Gegenleistung für die sportliche Arbeit wurde in dem Vertrag für zehn Monate im Jahr eine Aufwandspauschale von monatlich 200 Euro festgeschrieben. Für den Fall des Regionalliga-Aufstiegs würde sich die Summe auf 300 Euro erhöhen.

Diese von seinem Mandanten zu erbringende Leistung und die geschuldete Gegenleistung des Vereins stünden in grobem Gegensatz zueinander, teilt Balaz-Anwalt Dietmar Comtesse der SHG in einem Schreiben mit, das der Saarbrücker Zeitung vorliegt. Wegen dieses "außerordentlichen Missverhältnisses" liege sogar ein "Fall des Wuchers" vor, so der Jurist. Und wegen der langen Bindungsdauer handele es sich auch um einen "unzulässigen Knebelungsvertrag". Schon deshalb sei der Vertrag sittenwidrig und folglich unwirksam. Zumal dadurch "insbesondere die sportliche Weiterentwicklung meines Mandanten in hohem Maße eingeschränkt ist". Da der Verein darüber hinaus die "Zwangslage und vor allem die Unerfahrenheit" des slowakischen Junioren-Nationalspielers ausgenutzt habe, liege ein weiterer Grund für die Anfechtung der Vereinbarung vor. Dies auch deshalb, weil Balaz keine Übersetzung der Abmachungen überlassen worden sei und die Auflösung des Vertrages "wegen der vereinbarten unverhältnismäßig hohen Ablösesumme von mindestens 50000 Euro für einen Amateursportler illusorisch ist."

"Jakub würde prima zu uns passen", sagt HGS-Manager Jungmann auch heute noch. Auch die Ansage aus Düsseldorf ist eindeutig. Frank Flatten: "Wenn er kommen will, soll er mich anrufen. An der St. Ingberter Preistreiberei werden wir uns aber nicht beteiligen." Und die St. Ingberter? "Kein Verein hat bisher mit uns gesprochen", so Gregor Deckert gestern gegenüber der SZ. "Ich habe noch nie erlebt, dass ein Spieler von einem Verein so geknebelt wurde, wie die St. Ingberter das mit Jakub Balaz tun."

Frank Flatten,

Manager der

HSG Düsseldorf

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort