Der Stern hat einen neuen Star

Hockenheim. Es passierte beim Saison-Finale im Oktober. David Coulthard stand an der Boxenmauer und beobachtete das Rennen. "Und plötzlich war es wieder da - dieses Kribbeln", erinnert sich der Schotte. Nach einem Jahr als Renn-Rentner war der ehemalige Formel-1-Pilot wieder infiziert, gepackt vom Motorsport-Virus

Hockenheim. Es passierte beim Saison-Finale im Oktober. David Coulthard stand an der Boxenmauer und beobachtete das Rennen. "Und plötzlich war es wieder da - dieses Kribbeln", erinnert sich der Schotte. Nach einem Jahr als Renn-Rentner war der ehemalige Formel-1-Pilot wieder infiziert, gepackt vom Motorsport-Virus.

Mika Häkkinen warnt

Überträger des Virus war kein geringerer als Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug. Der hatte die früheren Formel-1-Kumpels David Coulthard und Mika Häkkinen zum Finale eingeladen. Zunächst gab sich Coulthard noch zurückhaltend. "Ob ich Entzugs-Erscheinungen habe? Nein, wann immer ich ein schnelles Auto fahren will, kann ich das tun. Ich teste Autos für Zeitschriften", sagte der Schotte, der bis Ende 2008 insgesamt 246 Formel-1-Rennen für Williams, McLaren und Red Bull bestritten hatte. Doch im Verlaufe des Gesprächs gab er dann zu: "Weißt du, was mir fehlt? Dieser Thrill, dieser Adrenalinschub eines Rennens. Den hast du bei Testfahrten einfach nicht." Dann blickte er kurz auf die Rennstrecke. "Ich muss echt mal mit Norbert reden." Das Ende des Männergesprächs: Coulthard, der zwölf seiner 13 Formel-1-Siege für McLaren-Mercedes herausfuhr, wird DTM-Pilot. Und der neue Star beim Stern.

Der Schotte ist nicht der erste Formel-1-Pilot, der sich in der DTM versucht. Das haben auch Jean Alesi, Heinz-Harald Frentzen, Mika Häkkinen und Ralf Schumacher schon getan - ohne den großen Erfolg. "Ich weiß, noch kein ehemaliger Formel-1-Fahrer hat in der DTM die ganz dicken Stricke zerrissen", sagt Coulthard. Er macht eine Pause und grinst. "Aber irgendwann wird einer kommen."

Man nimmt ihm ab, dass er es sein will. Coulthard trägt ein eng anliegendes weißes Hemd - seit seinem Formel-1-Ausstieg hat er kein Gramm zugelegt. Auch Häkkinen passt sein altes Mercedes-Hemd noch, doch hie und da spannt es. Häkkinen warnte seinen Kumpel noch: "Ich weiß aus eigener Erfahrung: Die DTM ist nicht leicht." Doch Coulthard hatte seine Entscheidung längst getroffen. "Als ich in der Formel 1 Schluss gemacht habe, weil meine Reise dort zu Ende war, habe ich den Helm nicht ganz an den Nagel gehängt. Weil ich mit dem Rennsport nicht abgeschlossen hatte", erzählt der 39-Jährige.

Im Team von Mücke-Motorsport startet Coulthard mit einem Mercedes von 2008. Die erste Saison soll ein Lehrjahr werden. Coulthard hat bereits bemerkt, dass er umdenken muss: "Die Bremspunkte musst du völlig neu berechnen, DTM-Autos haben den halben Bremsdruck eines F1-Boliden."

Mit der Rückholung des Renn-Rentners Coulthard hat Mercedes-Sportchef Haug den zweiten Coup nach der Verpflichtung von Michael Schumacher fürs Formel-1-Team gelandet. Und mit Ralf und Michael fahren nun beide Schumacher-Brüder für die Marke mit dem Stern - allerdings bislang noch hinterher. Ralf Schumacher gibt sich kämpferisch: "Nach zwei Lehrjahren will ich um Podestplätze kämpfen."

Offenes Titelrennen?

Doch für Mercedes geht es um mehr als Podiumsplätze. Der Titel muss her. In den vergangenen drei Jahren mussten sich die Stuttgarter stets geschlagen geben. Und wenn Haug etwas nicht leiden kann, dann verlieren. Drei Mal in Folge ging der Titel an Audi - das war zuvor in der Geschichte der DTM noch keinem Hersteller gelungen.

Für Timo Scheider (31) bedeutet die Titelverteidigung "mittlerweile wieder Lust". Der Audi-Pilot gibt zu: "Meine Batterien waren nach dem zweiten Titel leer. Aber dann hörte ich immer wieder: Jetzt kannst du mit einem dritten Titel Geschichte schreiben. Ich bin voll motiviert. Und ich bin überzeugt, dass wir die spektakulärste DTM-Saison aller Zeiten erleben werden", sagt Scheider. Auch weil aus Sparzwängen auf eine Weiterentwicklung der Autos verzichtet wurde. "Es wird enger zugehen", glaubt der Titelverteidiger. "Ich schätze mal, dass zehn bis 15 Fahrer um Siege mitfahren." Ring frei.

Auf einen Blick

Seit dem 17. August 2009 durften an den DTM-Autos die Aerodynamik und die Mechanik nicht mehr verändert werden. Auch die Motoren wurden verplombt und nicht mehr weiterentwickelt. Um die Einhaltung aller Regeln überprüfen zu können, hat jeder Hersteller seine gesamten Teile in einem versiegelten Container hinterlegt, der bei jedem Rennen vor Ort ist und die Referenzteile enthält. Die Werksteams HWA (Mercedes) und Abt (Audi) setzen Autos des Jahrgangs 2009 ein, alle anderen Teams Autos des Jahrgangs 2008.

Alte Autos, neue Fahrer: Neben David Coulthard gibt es noch zwei neue Piloten: den Spanier Miguel Molina bei Audi und den Chinesen CongFu Cheng. Der startet neben Jamie Green und Susie Stoddart für das Ensheimer Persson-Team.wip

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