Der Skandal ist fast vergessen

Leipzig. Der Blick ging ins Leere. Als die anderen Reiter, die hinter ihm platzierten Olympiasieger Eric Lamaze und Jeroen Dubbeldam, über das Weltcup-Finalturnier sprachen, schaute Christian Ahlmann mit starrem Gesichtsausdruck ins Nirgendwo. Doch, doch, versicherte der Sieger später: "Ich bin sehr glücklich, auch wenn es nicht so aussieht

 Überschwänglich ist Christian Ahlmanns Freude über den Weltcup-Erfolg nicht - zumindest äußerlich nicht. Foto: dpa

Überschwänglich ist Christian Ahlmanns Freude über den Weltcup-Erfolg nicht - zumindest äußerlich nicht. Foto: dpa

Leipzig. Der Blick ging ins Leere. Als die anderen Reiter, die hinter ihm platzierten Olympiasieger Eric Lamaze und Jeroen Dubbeldam, über das Weltcup-Finalturnier sprachen, schaute Christian Ahlmann mit starrem Gesichtsausdruck ins Nirgendwo. Doch, doch, versicherte der Sieger später: "Ich bin sehr glücklich, auch wenn es nicht so aussieht." Und dann grinste der Springreiter aus Marl ein wenig und fügte an: "Ich bin halt nicht so der Emotions-Typ."Überhaupt ist Ahlmann vorsichtiger geworden, skeptischer, fast schon misstrauisch. Der größte Olympia-Skandal des deutschen Reitsports, den der inzwischen 36-Jährige durch eine positive Dopingprobe seines Pferdes Cöster auslöste, hat Spuren hinterlassen: "Ich habe viel gelernt - über mich selbst, über andere Menschen und über den Sport."

Der Weg zurück in die Normalität war nicht leicht, aber lehrreich. "Es waren viele Aufs und Abs", sagte Ahlmann über die zweijährige Zusammenarbeit mit dem Hengst Taloubet, der ihn nun in Leipzig zur inoffiziellen Hallen-Weltmeisterschaft trug. Dieser Satz passt freilich auch für seine eigene Karriere, die 2003 bei der Europameisterschaft in Donaueschingen mit Doppel-Gold ihre ersten Höhepunkt hatte.

Nach den juristischen Wirren wegen seines Dopingfalls und dem Ablauf seiner Sperre ging es langsam wieder bergauf. Doch im Herbst erlebte er einen Schock, plötzlich starb das talentierteste Pferd in seinem Stall: Calvados. Und noch am gleichen Tag gewann Ahlmann mit Taloubet die Weltcup-Qualifikation von Oslo.

Ahlmann hat gelernt, mit Rückschlägen umzugehen. "Ich schaue nach vorne", betonte er immer wieder. Er hat seine ganz eigene Art - auch bei Siegen. "Es ist eher eine Last, die abfällt", sagte er über seine Gefühle nach dem Weltcup-Sieg: "Die Erleichterung überwiegt." Zumindest bei den Bildern mit dem gewonnenen Weltcup im Arm - da strahlte er.

Durch den Erfolg ist Ahlmann nun erster Anwärter auf ein Ticket für die EM in Madrid. Auch wenn er abwiegelte: "Ich muss schauen, wie Taloubet draußen geht. Wenn es klappt, kann ich auch Nationenpreise reiten." Bundestrainer Otto Becker hat ihn längst auf der Rechnung. Er hat sich früh für Ahlmanns Rückkehr ins Nationalteam stark gemacht, die nun bevorsteht. "Die Strafe ist abgelaufen", lautete Beckers Devise: "Er hat eine zweite Chance verdient. Und er hat eine sportliche Antwort gegeben."

Sogar von der Olympia-Teilnahme 2012 darf Ahlmann plötzlich wieder träumen. Das IOC will vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) die sogenannte Osaka-Regel prüfen lassen, die Athleten nach einer mehr als sechsmonatigen Dopingsperre auch von den darauffolgenden Olympischen Spielen ausschließt.

Ahlmann, der vom CAS mit einer achtmonatigen Sperre bestraft worden war, redet darüber ungern. Das Thema ist ihm unangenehm. "Natürlich freut mich, wenn es eine neue Entwicklung gibt", sagte er. Aber: "Ich will mich da nicht hineinsteigern. Ich versuche, nicht darüber nachzudenken." Seine Anwalt hatte ihm wegen der Osaka-Regel sogar eine Mail geschickt. Doch was hat Ahlmann damit gemacht? "Ich habe sie gleich gelöscht." dpa

"Ich bin halt nicht so der Emotions-

Typ."

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