1. FC Saarbrücken Dirigent mit Verbesserungswahn

Saarbrücken · Ramon Castellucci weiß, wie es ist, sich im Leben durchzubeißen. Das will der Torwart-Neuzugang nun auch beim 1. FC Saarbrücken. Neben dem Sport braucht der 22-jährige Schwabe auch „Futter für die Birne“.

 Der neue FCS-Torwart Ramon Castellucci, der sich hier einem Schuss von Felix Herrmann vom FC Noswendel Wadern gegenübersieht, nimmt in Saarbrücken den Zweikampf mit Daniel Batz auf.

Der neue FCS-Torwart Ramon Castellucci, der sich hier einem Schuss von Felix Herrmann vom FC Noswendel Wadern gegenübersieht, nimmt in Saarbrücken den Zweikampf mit Daniel Batz auf.

Foto: Andreas Schlichter

Sein Name klingt „wie der eines italienischen Schnulzen-Sängers“, scherzt Ramon Castellucci, der Neuzugang auf der Torwart-Position beim Fußball-Regionalligisten 1. FC Saarbrücken. „Er stammt von meinem italienischen Großvater, den ich leider nicht mehr kennengelernt habe. Es ist das einzig Italienische an mir, erzogen wurde ich schwäbisch.“

Geboren in Bad Urach, machte Castellucci seine ersten fußballerischen Schritte beim VfB Neuffen, wechselte über den SSV Reutlingen und die Stutgarter Kickers ins Internat des 1. FC Nürnberg. „Es gab keinen festen Moment, in dem ich mich bewusst für diese Position entschieden habe“, sagt der 22-jährige Torhüter, „es ist die spannendste Position auf dem Feld, eine verantwortungsvolle. Das prägt auch außerhalb des Platzes.“

Wie seine Zeit in Nürnberg, die beweist, dass Nachwuchsspieler in einem Leistungszentrum zu sein eben nicht das „Rundum-Sorglos-Betreuung“ bedeutet. „Nach der U17 war mein Vertrag ausgelaufen. Obwohl man mit mir weitermachen wollte, war kein Platz im Internat mehr. Ich musste eine Wohnung mieten, für die mein ganzes Geld draufging. Von der pädagogischen Betreuung habe ich auch niemanden mehr gesehen. Wenn du dann mit 100 Euro zwei Wochen leben musst, lernst du, mit Geld umzugehen“, erzählt Castellucci. Auch wie er sich mit Autowaschen und Kellnern im Vereinsheim über Wasser hielt. Doch es ist kein Jammern. Trotz des vielen Geldes im „System Fußball“ ist Castellucci geerdet, eben weil er es anders kennengelernt hat: „Was hat ein A-Jugend-Bundesligaspieler denn geleistet? Warum soll er mehr verdienen als eine Frau, die acht Stunden am Tag bei Aldi arbeitet?“

Castellucci hat sich durchgebissen, den Realschulabschluss gemacht, eine Ausbildung zum Sportbetriebswirt abgeschlossen. „Der Fußball kann dich ganz hoch schießen und dann wieder tief fallen lassen“, sagt der Schlussmann, der den Kopf und den Körper trainiert. Auch mit Yoga und Meditation. „In meiner Freizeit lese ich gerne Bücher mit Gehalt. Über kognitives und mentales Training. Futter für die Birne. Ich habe einen Verbesserungswahn.“

Vielleicht auch darum dirigiert er seine Abwehr immer lautstark. „Ich habe schon immer viel gelabert im Tor, gute Organisation ist wichtig. Ich halte damit auch meine ganz persönliche Spannung hoch. Aber man muss es auch dosieren, damit die wichtigen Informationen an die Vorderleute nicht verloren gehen“, sagt der 1,86 Meter große Neuzugang, „ich bin nicht klein für einen Torwart. Wo die Langen nur seitlich abkippen, muss ich mich halt abdrücken. Bei Flanken ist ohnehin das Timing entscheidend. Im 1:1 habe ich meine Stärken.“

Dem Zweikampf mit Daniel Batz sieht der Neuzugang professionell entgegen. „Ich hatte noch nie mit einem Kollegen Stress. Wir brauchen beide eine gute Trainingsqualität. Ich kann nur beeinflussen, was ich tue. Darauf konzentriere ich mich“, sagt Castellucci und erzählt: „Als vor zwei Wochen nach dem verpassten Aufstieg mit den Stuttgarter Kickers die Anfrage aus Saarbrücken kam, musste ich nicht lange nachdenken. Der FCS ist der Top-Club in der Regionalliga deutschlandweit. Viele Spieler wollen hierher, weil es ein gut geführter Verein mit Ambitionen ist.“ Für ihn ist es „eine Herausforderung und der nächste Schritt. Man hat mir einen offenen Kampf um den Platz im Tor versprochen – dem bin ich bereit, mich zu stellen.“ Das Ziel des Vereins hat er schon einmal klar verinnerlicht: „Ich bin hergekommen, um aufzusteigen – ohne Wenn und Aber.“ Und dann wird Ramon Castellucci sicher auch singen.

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