Der Polnisch-Deutsche FußballbundPolen hofft auf EM-Tore von Rekordmann Lewandowski

Warschau. Fußball verbindet Völker. Besonders die Polen und die Deutschen. Gerade bei der anstehenden Fußball-Europameisterschaft. "Deutschland und Polen - das ist heute wie ein Staat", erklärt zum Beispiel Polens Nationaltrainer Franciszek Smuda auf der Internetseite "express.de". Um den Nachweis für seine Aussage zu führen, muss Smuda nur in den Spiegel schauen

 Auf Polens Nationaltrainer Franciszek Smuda (Mitte) lastet bei der Heim-Europameisterschaft großer Druck. Dementsprechend eindringlich spricht er zu seinen Spielern. Foto: Adam Hawalej/dpa

Auf Polens Nationaltrainer Franciszek Smuda (Mitte) lastet bei der Heim-Europameisterschaft großer Druck. Dementsprechend eindringlich spricht er zu seinen Spielern. Foto: Adam Hawalej/dpa

Warschau. Fußball verbindet Völker. Besonders die Polen und die Deutschen. Gerade bei der anstehenden Fußball-Europameisterschaft. "Deutschland und Polen - das ist heute wie ein Staat", erklärt zum Beispiel Polens Nationaltrainer Franciszek Smuda auf der Internetseite "express.de". Um den Nachweis für seine Aussage zu führen, muss Smuda nur in den Spiegel schauen. Der 64-Jährige besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft. Von 1979 bis 1981 war er Profi, unter anderem bei der SpVgg. Greuther Fürth. Auch seine Trainerkarriere begann er in Deutschland, beim VfB Coburg (derzeit Bezirksoberliga Oberfranken). "Es gab sogar Leute, die gesagt haben: Das ist kein polnischer, das ist ein deutscher Trainer", erklärt Smuda.Seit 2009 trainiert er die polnische Nationalmannschaft. Die EM im eigenen Land ist seine bisher größte Herausforderung. Am 2. Mai musste er den vorläufigen Kader benennen. Und auch da sind die Verbindungen zu Deutschland offensichtlich: Mit Kapitän Jakub "Kuba" Blaszczykowski, Robert Lewandowski, Lukasz Piszczek (alle Borussia Dortmund), Eugen Polanski (FSV Mainz 05), Sebastian Boenisch (Werder Bremen) und Artur Sobiech (Hannover 96) sind gleich sechs Bundesliga-Profis dabei. Auch die Saarländer haben einen guten Grund, Polen anzufeuern: Er heißt Adam Matuschyk.

Der 23-Jährige spielte von 1998 bis 2003 in der Jugend bei der SpVgg. Merzig und beim VfB Dillingen und ist ebenfalls im vorläufigen Kader. Matuschyk steht beim Bundesliga-Absteiger 1. FC Köln unter Vertrag. Der FC hat ihn aber in der Winterpause an Fortuna Düsseldorf ausgeliehen. In Köln lief er kaum auf, in Düsseldorf spielte er sich wieder in Smudas Notizblock. "Adam hat seinen Traum von der EM, aber auf der Bank waren seine Chancen gering", sagt Smuda. Nun sind seine Chancen deutlich gestiegen. Ob er auch nach der finalen Nominierung des 23-köpfigen Kaders am 29. Mai (drei Spieler müssen gehen) noch im Team steht, bleibt abzuwarten.

Sowieso gibt es in Polens Aufgebot nur wenige Akteure, die gesetzt sind. Mancherorts wird weniger von einer "Elf", als vielmehr von einer "Vier-Plus-Sieben" gesprochen. Gesetzt sind Torwart Wojciech Szczesny von Arsenal London und das Trio des deutschen Meisters - ein weiterer Grund, warum deutsche Fans einen interessierten Blick auf die Polen werfen dürften. Aber auch umgekehrt bestehen Sympathien. Mit Lukas Podolski und Miroslav Klose laufen zwei gebürtige Polen für Deutschland auf. Während sich die DFB-Elf jedoch in der sogenannten "Hammer-Gruppe" befindet, warten auf Polen mit Griechenland, Russland und Tschechien vermeintlich leichte Gegner. Vor allem deshalb sind die Erwartungen in Deutschlands Nachbarland hoch. "Das ist eine sehr ausgeglichene Gruppe, da kann man sich leicht verschätzen", dämpft Smuda die Erwartungen. Sein Kapitän Blaszczykowski warnt ebenso: "Auch wenn alle sagen, dass diese Gruppe nicht so schwer aussieht - es wird schwer. Dass wir auf einem guten Weg sind, hat das Testspiel gegen Deutschland gezeigt." Im September erreichten Kuba und Co. in Danzig ein 2:2 gegen die DFB-Elf. Trotzdem: Das Ziel der Polen ist bescheiden: "Mein Auftrag ist es, die Mannschaft aus der Gruppe herauszuführen. Wir spielen zuhause und werden alles tun, um das Viertelfinale zu erreichen", erklärt Smuda. Und der Titel? "Realistisch können wir den nicht schaffen. Aber Fußball ist ein unberechenbarer Sport. Und ich bin ein Mensch, der immer das erreichen will, was unmöglich ist", ergänzt er.

Möglich und nahezu sicher ist, dass die EM "ein wichtiger Schritt nach vorne für unser Land ist", erklärt Kuba. Und Smuda hofft, "dass dadurch noch mehr polnische Profis den Sprung in die Bundesliga schaffen". Polen und Deutschland - da wächst was zusammen.Dortmund. 20 Bundesliga-Tore erzielte Jan Furtok in der Saison 1990/1991 für den Hamburger SV. In der vergangenen Saison wurde er als polnischer Rekordhalter abgelöst - von Robert Lewandowski. Nicht nur wegen seiner 22 Treffer ist der 23-Jährige Polens Hoffnungsträger für die Europameisterschaft. Lewandowski ist sowohl Rekordtorschütze und aktueller Double-Gewinner als auch Polens Fußballer des Jahres 2011. "Es beweist, dass ich mich weiterentwickelt habe. Der Preis zeigt, dass sich die harte Arbeit gelohnt hat. Ich denke, ich habe ihn verdient", sagt der 1,84 Meter große Angreifer dem "kicker". Seit 2008 erzielte Lewandowski in 39 Länderspielen 13 Treffer. Diese Quote soll er bei der Heim-EM verbessern: "Wir werden es genießen, weltweit die Fans zu überraschen." Für Trainer Franciszek Smuda ist er jedenfalls ein unverzichtbarer Stammspieler. jan

Foto: Hartmann/dapd

"Ich will immer das erreichen, was unmöglich ist."

Polens Trainer Franciszek Smuda

Hintergrund

Auch in der polnischen Politik ist die Fußball-EM im eigenen Land ein großes Thema - vor allem in Bezug auf die Mannschaftskleidung. So machte sich im vergangenen Jahr bei Fans und Politikern große Empörung breit, weil der polnische Fußball-Verband (PZPN) die Trikots der Nationalmannschaft ohne das Wappentier, den "Orzelik" (kleiner Adler), geplant hatte. Für das Sponsorenlogo war dagegen Platz vorgesehen. Nach den Protesten wurde das Trikot neu entworfen. Auch die Regierung reagierte: Das polnische Staatssymbol muss nun auch laut Gesetz auf jedes National-Trikot. Verbandschef Grzegorz Lato hat sich bei den Fans für die Verwirrung entschuldigt. jan

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