Schwimm-EM in Glasgow Der neue Hoffnungsträger im Becken

Glasgow · Ramon Klenz feiert am Samstag seine internationale Premiere. Der 20-Jährige kommt als Nummer drei in Europa.

 Ramon Klenz ballt die Fäuste. Gerade hat er den 32 Jahre alten deutschen Rekord von Michael Groß über 200 Meter Schmetterling gebrochen.

Ramon Klenz ballt die Fäuste. Gerade hat er den 32 Jahre alten deutschen Rekord von Michael Groß über 200 Meter Schmetterling gebrochen.

Foto: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Seinen 20. Geburtstag verbrachte die neue deutsche Schwimm-Hoffnung Ramon Klenz im Pool. Nicht, um dort eine Party zu feiern, sondern um sich für die EM in Glasgow einzustimmen. Noch bevor er am Donnerstagabend von seinen Teamkollegen mit einer Torte und einem Ständchen überrascht wurde, holte sich der Senkrechtstarter den letzten Schliff für seine Premiere im internationalen Becken.

„Es ist schon cool hier“, sagte der Hamburger mit einem breiten Grinsen. Streng genommen war der deutsche Rekordhalter über 200 Meter Schmetterling bei einer internationalen Meisterschaft schon mal dabei. Als seine Mutter bei der Weltmeisterschaft 1998 im australischen Perth auf den Lagenstrecken startete, war sie mit ihm in der neunten Woche schwanger.

Jetzt feiert Ramon Klenz seine richtige Premiere in einem internationalen Becken. „Er ruft mich an und sagt: Mutti, das ist alles der Wahnsinn! Ich beruhige ihn dann und sage, dass er Spaß haben soll“, sagte Mutter Sabine Krauß. Das wird er in Glasgow sicher, denn „Ramon war immer ein Typ, der zu den Cracks aufgeschaut hat“.

An den Wänden seines Jugendzimmers hingen früher Poster von Michael Phelps, ein Autogramm des Rekord-Olympiasiegers aus den USA, das ihm seine Oma bei den Sommerspielen 2008 in Peking besorgt hatte, stand eingerahmt auf seinem Schreibtisch.

„Albatros“ Michael Groß war zwar nicht unbedingt sein Idol, aber dessen 32 Jahre alten deutschen Rekord wollte er unbedingt brechen. Bei den deutschen Meisterschaften vor zwei Wochen gelang ihm das, und plötzlich geht der Delfinschwimmer im 200-Meter-Rennen an diesem Samstag als Europas Nummer drei an den Start. „Er soll Erfahrungen sammeln“, sagte Bundestrainer Henning Lambertz. Mit einem Finaleinzug würde Klenz die Nachnominierung „schon rechtfertigen“.

Klenz gilt als Mann für die Zukunft, einer, der die triste Situation des deutschen Schwimmsports wieder in die Gegenrichtung führen kann. Die Schwimm-Karriere ist ihm quasi in die Wiege gelegt worden. Nicht nur die Mutter (EM-Silber 1991), auch sein Vater Karl-Heinz, sein Onkel Stefan Herbst (WM-Bronze 2001 und 2003) und die Großeltern waren erfolgreiche Schwimmer.

Für den Bundestrainer ist Klenz aber aus einem anderen Grund ein Vorzeige-Athlet. Er ist einer, der Lambertz’ nicht unumstrittenes Kraftkonzept voller Überzeugung umsetzt. „Viele sagen, als 200-Meter-Delfinschwimmer darf man nicht zu viel Muskulatur mit sich schleppen, Ramon zeigt uns das Gegenteil“, sagte Lambertz über den kräftig gebauten Athleten, der bei Kniebeugen 150 Kilo Gewicht auf den Schultern stemmen kann.

Neben den zusätzlichen Muskeln hilft Klenz auch, dass er sich nach dem erfolgreich abgelegten Abitur 2017 voll und ganz auf seinen Sport konzentrieren kann. Er und Lagenschwimmer Jacob Heidtmann pushen sich in der Hamburger Trainingsgruppe gegenseitig. Heidtmann, Olympia-Fünfter von Rio, freute sich riesig, dass sein Kumpel „den Moonwalk durch die Hintertür“ nach Glasgow gemacht hat. Nur dank der DM-Leistung von Berlin rückte Klenz noch in das bereits nominierte Team nach.

Kollege Heidtmann saß als Athletensprecher mit im Nominierungsausschuss, der den Daumen für Klenz hob und für den ehemaligen Weltmeister Marco Koch senkte. Shootingstar Ramon Klenz will jetzt beweisen, dass das kein Fehler war. „Ich werde versuchen, meine Form zu halten und wieder meine Leistung zu bringen“, sagte er.

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