Der Mann ohne T

Rustenburg. In seinem Verein war er der Ersatzmann des Reservetorwarts. Er galt als klassischer Wackeltorwart, doch nun steht Ghana auch dank seiner Paraden im WM-Viertelfinale. Richard Kingson trägt bei den "Black Stars" die 22 auf seinem Torwarttrikot, an seinem Status als Nummer 1 rüttelt längst keiner mehr

 Ghana steht als einzige afrikanische Mannschaft im Viertelfinale der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika. Das ist auch ein Verdienst von Torwart Richard Kingson (links). Foto: dpa

Ghana steht als einzige afrikanische Mannschaft im Viertelfinale der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika. Das ist auch ein Verdienst von Torwart Richard Kingson (links). Foto: dpa

Rustenburg. In seinem Verein war er der Ersatzmann des Reservetorwarts. Er galt als klassischer Wackeltorwart, doch nun steht Ghana auch dank seiner Paraden im WM-Viertelfinale. Richard Kingson trägt bei den "Black Stars" die 22 auf seinem Torwarttrikot, an seinem Status als Nummer 1 rüttelt längst keiner mehr. Auch auf den Mann aus Accra wird es am Freitag in Johannesburg ankommen, wenn sich Ghana mit Uruguay um einen Platz im Halbfinale streitet und Historisches anstrebt: Noch nie hat es eine afrikanische Mannschaft unter die besten Vier der Fußball-Welt geschafft.

Der ganze Kontinent zittert mit, aber diesmal nicht wegen des Torwarts. Was war nicht alles gespottet und geschrieben worden über den 32 Jahre alten Schlussmann Ghanas. Er wurde als "Schwachpunkt" in einer ansonsten homogenen Mannschaft ausgemacht. Attribute wie flatterhaft, unsicher, anfällig beschrieben ihn ganz gut. In der englischen Premier League stand Kingson beim Mittelklasse-Club Wigan Athletic immer dann zwischen den Aluminiumstangen, wenn es um nichts mehr ging. Nun hat dieser Mann plötzlich eine Metamorphose durchlaufen und wird von vielen Experten als einer der besten Schlussmänner dieser WM tituliert.

Richard Kingson? Einer der Besten? Nach dem 2:1-Sieg im Achtelfinale gegen die USA sagte Ghanas Mittelfeldspieler André Ayew: "Er hatte einen großartigen Tag. Er hat viele Bälle gehalten." Kingson warf sich in jeden Schuss, grätschte und faustete, wehrte (fast) alles ab, was auf sein Tor kam - und sagte: "Ich glaube nicht, dass es das beste Spiel meiner Karriere war."

Kingson hat schon für zehn Vereine gespielt: Von 1995 bis 1998 bei Great Olympics in Ghana, von 1998 bis 2007 bei sechs verschiedenen Clubs in der Türkei. Dort nahm er neben der ghanaischen auch die türkische Staatsbürgerschaft an und nannte sich Faruk Gürsoy. 2007 folgte ein kurzes Gastspiel in Schweden, ehe er im selben Jahr auf die Insel wechselte, bei Birmingham City und schließlich bei Wigan landete.

So richtig durchsetzen konnte er sich nie. Dennoch ist er mit mehr als 80 Einsätzen Rekord-Nationalspieler seines Landes. "Jeder hat gesehen, wie ich gespielt habe. Meine Leistung sollen andere beurteilen", sagte Kingson mit leiser Stimme.

Trainer Milovan Rajevac jedenfalls vertraute seinem Wandervogel auch nach Patzern wie beim 1:1 gegen Australien in der Vorrunde. Und Kingson bedankte sich für das Vertrauen. "Ich glaube fest daran, dass wir es ins Halbfinale schaffen", sagt er jetzt. 2006 in Deutschland war im Achtelfinale Schluss. Aber da gab es ja auch Richard Kingson noch nicht. Im Tor stand ein gewisser Richard Kingston: Wegen eines Schreibfehlers des Weltverbandes Fifa war aus Kingston Kingson geworden - das gefiel dem Schlussmann Ghanas so gut, dass er den Namen behielt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Mitbringsel: Das Getröte der Vuvuzelas wird Wolfgang Stark noch lange in den Ohren haben. Dennoch nimmt der einzige deutsche WM-Schiedsrichter ein afrikanisches Blasinstrument mit nach Hause - für seine sechsjährige Tochter Selina. Die wunderte sich im he
Mitbringsel: Das Getröte der Vuvuzelas wird Wolfgang Stark noch lange in den Ohren haben. Dennoch nimmt der einzige deutsche WM-Schiedsrichter ein afrikanisches Blasinstrument mit nach Hause - für seine sechsjährige Tochter Selina. Die wunderte sich im he