Tennis Der „Männer-Beauftragte“ in seinem Element

Frankfurt · Der 49-Jährige soll die deutschen Tennis-Herren in die Weltspitze führen. Sein weibliches Pendant wird die 44-jährige Barbara Rittner.

Boris Becker humpelte an Krücken und mit ernster Miene in den Plenarsaal des Frankfurter Römers. Doch als er vor geschätzten 100 Journalisten und 14 Fernsehteams über seine künftige Rolle sprach, hellte sich die Miene des neuen und alten Hoffnungsträgers des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) schlagartig auf. Becker war in seinem Element.

„Es ist eine Herzensangelegenheit für mich. Ich liebe diesen Sport, und ich liebe dieses Land. Es freut mich, wieder eine wichtige Aufgabe im deutschen Tennis übernehmen zu dürfen“, sagte Becker, der nach für ihn persönlich schwierigen Wochen Souveränität und Selbstsicherheit ausstrahlte. Sein Vertrag als „Head of Men’s Tennis“ läuft vorerst bis zu den Olympischen Spielen 2020 in Tokio. DTB-Präsident Ulrich Klaus nannte die Verpflichtung der Galionsfigur „einen weiteren Meilenstein“ in der zuletzt so positiven Entwicklung, Verbands-Vize Dirk Hordorff sprach von einer „Ansage an die führenden Tennis-Nationen“.

Dem im dunkelblauen Anzug erschienenen Becker, der auch schon zwischen 1997 und 1999 als Davis-Cup-Teamchef für den Verband arbeitete und im Unfrieden schied, war die Vorfreude auf das eigens für ihn geschaffene Amt deutlich anzumerken. Endlich wieder Tennis, das sei das, was er am Besten könne, betonte Becker und blickte in die Zukunft: „Das ist ein neuer DTB, es ist eine runde Sache, das Timing passt. Ich bin stolz auf dieses Amt“, meinte der 49-Jährige, der noch an den Folgen einer Sprunggelenks-Operation leidet.

Der dreimalige Wimbledonsieger ist als „Männer-Beauftragter“ unter anderem Davis-Cup-Teamchef Michael Kohlmann vorgesetzt und soll sich auch um Nachwuchsaufgaben kümmern. Hier steht unter anderem die Rückholaktion von Toptalent Nicola Kuhn auf der Prioritätenliste ganz oben. Der 17-Jährige, der bei den French Open im Junioren-Finale stand, hatte 2015 die spanische Staatsbürgerschaft angenommen. „Wir arbeiten daran“, sagte Becker zu der Personalie.

Seinen ersten offiziellen Einsatz hat der neue starke Mann im DTB am Rande der Playoff-Begegnung der deutschen Mannschaft bei Gastgeber Portugal in Lissabon (15. bis 17. September). Dort werde er die Mannschaft „unterstützen“. Becker hofft, dass dann auch Alexander Zverev für den DTB spielen wird. „Er hat seine Bereitschaft signalisiert“, verriet er.

Becker, der sich in seiner Heimat nicht so anerkannt fühlt wie auf internationalem Parkett, hat zumindest in Profikreisen das Gefühl, mit offenen Armen empfangen zu werden: „Mir haben schon viele deutsche Spieler zum neuen Amt gratuliert“, sagte der sechsmalige Grand-Slam-Sieger, der weiter in London wohnen wird, „ehrenamtlich“ für den Verband arbeiten und nur die Reisekosten erstattet bekommen soll. Fragen zu seiner finanziellen Situation waren gestern nicht erlaubt.

Beckers weibliches Pendant im DTB wird Barbara Rittner. Die 44-Jährige gibt nach zwölf Jahren ihr Amt als Fed-Cup-Teamchefin auf und verantwortet als „Head of Women’s Tennis“ den Frauen- und Mädchenbereich. „Ich bin natürlich traurig, aber alles hat seine Zeit. Ich bin super neugierig auf die Zusammenarbeit mit Boris“, sagte Rittner, die ihre Spielerinnen um Angelique Kerber schon vor Wochen von ihrer Entscheidung unterrichtet hatte: „Sie haben gefragt, ob ich es mir auch richtig überlegt habe. Das habe ich.“

Der Nachfolger von Rittner wird der gleichaltrige Jens Gerlach, der die Russin Anastasia Myskina 2004 zum French-Open-Titel führte. Kerber bedauert den Rücktritt von Rittner: „Barbara hat sich für das Team mit ganzem Herzen und vollem Einsatz engagiert. Der große gemeinsame Traum eines Fed-Cup-Sieges blieb uns zwar verwehrt, trotzdem haben wir viele unvergessliche Momente zusammen erlebt“, sagte die zweimalige Grand-Slam-Siegerin.

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