Der letzte Abgang in New York

New York. Als er den Platz verließ, in der hereinbrechenden Abenddämmerung dieses spätsommerlichen Tages, da wurde er noch einmal gefeiert wie in seinen besten Zeiten. Wie in jenen Jahren, in denen er, Tommy Haas, zu den Meistern des US-Open-Dramas gehörte und zuverlässig jene spektakulären Tennis-Shows bot, die die Fans an diesem verrückten Grand-Slam-Ort so lieben

New York. Als er den Platz verließ, in der hereinbrechenden Abenddämmerung dieses spätsommerlichen Tages, da wurde er noch einmal gefeiert wie in seinen besten Zeiten. Wie in jenen Jahren, in denen er, Tommy Haas, zu den Meistern des US-Open-Dramas gehörte und zuverlässig jene spektakulären Tennis-Shows bot, die die Fans an diesem verrückten Grand-Slam-Ort so lieben.Vor 15 Jahren hatte Haas sein erstes US-Open-Spiel gegen Michael Stich bestritten und verloren. Und wenn nicht alles täuscht, dann haben ihm die New Yorker an diesem 3. September 2011 einen rauschenden Abgang nach dem wahrscheinlich letzten Auftritt im "Big Apple" beschert, zuguterletzt sogar noch mit "Tommy, Tommy"-Sprechchören. Haas wird zwar vorläufig bis zum Ende der Saison weitermachen, wird noch drei, vier Turniere in der europäischen Hallensaison spielen. Aber ob er im nächsten Jahr noch einmal in den strapaziösen Wanderzirkus zurückkehrt - und auch nach New York -, das ist doch sehr fraglich. "Es war ein schöner Moment, noch mal die Anerkennung des Publikums gespürt zu haben. Diese Dankbarkeit", sagte Haas, "wenn es meine letzten US Open gewesen sein sollten, würde sich der Kreis schließen. Dort, wo einmal alles angefangen hat".

Die Vier-Satz-Niederlage gegen Juan Monaco aus Argentinien (7:6, 3:6, 2:6, 3:6), bei der er fast drei Stunden in der drückenden Hitze über den Platz flitzen musste, hatte Haas ja noch einmal eindringlich seine Lage vor Augen geführt - nämlich die Tatsache, dass die vierte größere Rückkehr in seiner Karriere, dieses Mal nach einer Hüftoperation, die mit Abstand schwierigste, zäheste ist. Und trotz eines Aufschwungs in New York vielleicht auch das hoffnungsloseste sein wird.

Die jüngste Rückkehr von Haas ins Tourgeschäft fällt genau in eine Zeit, in der sich die physischen Anforderungen auf dem Spitzenlevel noch einmal extrem gesteigert haben. "Die Anforderungen sind inzwischen brutal hoch", weiß Haas nur zu gut, "alle sind wirklich superfit". Da müsse er sich schon in einer ruhigen Stunde selbst fragen: "Kannst du da noch einmal aufschließen?"

Seit Haas im Frühjahr wieder die ersten Spiele auf der Tour bestritten hatte, wurde man sowieso nie ganz den Verdacht los, als handele es sich bei allem demonstrierten Ehrgeiz auch um eine Art Abschiedstournee zu den Schauplätzen, an denen sich in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten sein Leben abgespielt hatte - ob nun die deutschen Turniere, wie München und Halle, oder die Grand-Slam-Stationen, wie Paris, Wimbledon oder New York. Viele Glücksmomente hatte Haas nicht, zwei Siege nur feierte er bis zum Start der US Open. Aber war nicht vielleicht der Weg das eigentliche Ziel, also die letztmalige Präsenz auf den großen Bühnen?

Als Haas nach seinem Ausscheiden seinen US-Open-Start reflektierte und über seine Optionen für die nächsten Monate sprach, schimmerten immer wieder die Zweifel durch. Und alles drehte sich um die wohl entscheidende Frage: Wofür noch einmal die Qual in der Winterpause, die Schinderei und Plackerei? Haas hat spielerisch noch alle Finessen drauf, aber gegen die großen Jungs steht er nach all dem Verletzungsschlamassel dann doch auf verlorenem Posten.

Haas sagte, er denke bei seiner Entscheidung übers Weitermachen oder Aufhören auch an seine junge Familie, die er nicht mehr gern "ein paar Wochen" allein lasse. Und vielleicht ist es ja die Aussicht auf noch mehr gemeinsame Zeit mit Frau Sarah und Tochter Valentina, die ihm am Ende alles leichter machen. Und die Erkenntnis reifen lassen, dass nun ein anderer Abschnitt des Lebens beginnen sollte.

Auf einen Blick

Angelique Kerber überrascht die Tennis-Welt: Die 23-Jährige aus Kiel schaffte gestern bei den US Open durch einen verdienten, aber hart in 1:33 Stunden erkämpften 6:4, 6:3-Sieg gegen die Weltranglisten-68. Monica Niculescu (Rumänien) zum ersten Mal den Einzug in ein Grand-Slam-Viertelfinale. In der Runde der besten Acht geht es gegen die Italienerin Flavia Pennetta, die sich gegen die an Nummer 13 gesetzte Chinesin Shuai Peng mit 6:4, 7:6 (8:6) durchsetzte. Das Achtelfinal-Spiel von Sabine Lisicki gegen die Russin Wera Swonarewa war gestern bei Redaktionsschluss noch nicht beendet. Andrea Petkovic spielt erst heute gegen die Spanierin Carla Suarez-Navarro. dapd

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