Der Körper lässt ihn im Stich

Melbourne · Für Tommy Haas endete die Rückkehr auf die große Bühne mit einer Aufgabe. Bei den Australian Open in Melbourne klagte der 38-Jährige über mentale und körperliche Müdigkeit. Aber er hat noch ein großes Ziel.

Der Start seiner Abschiedstour endete für Tommy Haas mit viel Frust und einer noch viel größeren Ungewissheit. In Melbourne verließ der 38-Jährige die Bühne seines erfolgreichsten Grand-Slam-Turniers durch die Hintertür - wieder einmal im Stich gelassen vom eigenen Körper.

"Ich war kurzatmig und habe mich nicht gut gefühlt. Auch von den Gedanken und den Emotionen her war ich im Kopf so müde wie noch nie", sagte Haas nach seiner Aufgabe im Erstrundenspiel der Australian Open gegen den Franzosen Benoit Paire: "Ich hatte das Gefühl, nicht mehr gerade stehen und etwas denken zu können. Der Tank war leer."

Beim Stand von 6:7 (2:7), 4:6 nach 1:39 Stunden sah Haas auf dem abgelegenen Court 8 die Sinnlosigkeit seiner Bemühungen an diesem Tag ein. Obwohl die Fans wild applaudierten, war es ein trauriger Abgang des dreimaligen Melbourne-Halbfinalisten (1999, 2002, 2007), der bei keinem anderen der vier Majors so große Erfolge gefeiert hatte wie im Melbourne Park. Dennoch bereut der Publikumsliebling nichts: "Es war die richtige Entscheidung, hier zu spielen, denn dieses Turnier war immer was Besonderes für mich." An ein sofortiges Karriere-Ende dachte Haas, der bereits neun Operationen über sich hatte ergehen lassen müssen, trotz des Rückschlags nicht. Und dafür gibt es einen "großen" Grund, wie der ehemalige Weltranglistenzweite sagte: "Mein Traum ist es, dass mich meine sechsjährige Tochter aus der Box spielen sieht. Und dass sie das ihr ganzes Leben lang nicht mehr vergisst."

Beinahe diebisch hatte sich Haas auf seine Turnier-Rückkehr nach 454-tägiger Pause gefreut und war gegen Paire prompt mit 4:2 in Führung gegangen. Wie fast immer in seiner Karriere spielte Haas mit umgedrehter Baseballmütze, nachdem er auf dem Court mit "Tommy, Tommy"-Sprechchören empfangen worden war. Und wie so oft legte er sich mit einigen Zuschauern und der Stuhlschiedsrichterin an. Als er am Ende des ersten Satzes eine Strafe wegen Verzögerung kassierte, nahm Haas es aber fast gleichgültig hin. "Ich habe schon früh gemerkt, dass etwas nicht stimmt", sagte er: "Training ist das eine, aber dann nach 15 Monaten wieder auf dem Platz zu stehen, da kamen viele Emotionen hoch."

In Melbourne hatte Haas schon der Blick auf die Auslosung gezeigt, dass die Zeit bald für einen Abschied reif ist. "Wenn ich mir das Tableau anschaue, dann kenne ich 20 bis 25 Namen gar nicht mehr", hatte er verraten. Der zweimalige Familienvater war der einzige Spieler im Einzel, der bereits im letzten Jahrtausend beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres am Start war (1998). Längst wurde er im Kabinentrakt nicht mehr nur als der Profi Tommy, sondern auch als der Funktionär Haas wahrgenommen. Im März fungiert er beim Masters in Indian Wells erstmals als Turnierdirektor.

In seiner letzten Saison will Haas unter anderem noch die Grand-Slams-Events und die deutschen Turniere spielen. Es wird spekuliert, dass die US Open im August die perfekte Bühne für seinen Rückzug sind. "Jeder versucht doch, den Moment für den perfekten Abschied zu finden", sagte Haas. In Australien war dieser Moment noch nicht gekommen.

Zum Thema:

Auf Einen Blick Tennis-Talent Alexander Zverev und Routinier Philipp Kohlschreiber haben bei den Australian Open die zweite Runde erreicht. Der 19-jährige Zverev bezwang den Niederländer Robin Haase nach 1:2-Satzrückstand noch 6:2, 3:6, 5:7, 6:3, 6:2. "Robin hat das ganze Match über sehr gut gespielt. Es waren schwere Bedingungen, ich bin sehr glücklich, dass ich noch gewonnen habe", sagte Zverev nach der Partie. Sein nächster Gegner ist der Qualifikant Frances Tiafoe aus den USA. Auch Kohlschreiber, zuletzt noch durch Rückenprobleme gehandicapt, befreite sich aus einer brenzligen Situation. Kohlschreiber siegte 6:4, 3:6, 7:6 (7:2), 6:4 gegen den Georgier Nikolos Bassilaschwili, nachdem er im dritten Satz 0:4 in Rückstand geraten war. "Es war für mich ein unangenehmes Spiel, weil er so schnell und hart gespielt hat", sagte der 33-Jährige. Sein nächster Gegner ist Donald Young (USA). Ausgeschieden sind neben Tommy Haas auch Florian Mayer, Jan-Lennard Struff und Dustin Brown. dpa

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort