Der König von Wandsbek

Kleinblittersdorf · In seiner Zeit als Weltmeister im Leichtgewicht hat er so viele Box-Fans begeistert. Nach seiner Profi-Karriere musste Artur Grigorian um seine Zukunft hart kämpfen. Heute bereitet er Jürgen Doberstein auf dessen schwerstes Profi-Duell vor. Der Kleinblittersdorfer boxt am 15. Juli in Saarbrücken gegen Robin Krasniqi.

 Immer ein Lächeln auf den Lippen: Ex-Weltmeister Artur Grigorian weiß aber auch, „wie man die Schweißarbeit machen muss“.

Immer ein Lächeln auf den Lippen: Ex-Weltmeister Artur Grigorian weiß aber auch, „wie man die Schweißarbeit machen muss“.

Foto: Dietze

Wenn Artur Grigorian erzählt, könnte man ihm Stunden lang zuhören. Die Freude am Leben und am Sport klingt in jedem seiner Sätze mit. "Ich habe in meinem Leben viel Glück gehabt - und auch einiges an Unglück und Unsinn erlebt." Das sagt er mit Leichtigkeit in seiner Stimme. Eine Leichtigkeit wie in seinen Kämpfen, in denen ihn seine starke Beinarbeit durch den Ring getragen hat. Der leicht daher gesagte Satz Grigorians beschreibt sein Leben. Das "Hamburger Abendblatt " beschrieb ihn als "König ohne Land". Als "traurigen Clown, der im Leben so vielen Leuten Spaß bereitet hat".

Grigorian kämpfte für den Universum-Stall von Klaus-Peter Kohl . Wenn er in Hamburg in den Ring stieg, war die Sporthalle im Bezirk Wandsbek, wo er im Stadtteil Jenfeld lebt, voll. Die Klitschko-Brüder sind im Vorprogramm aufgetreten, wenn der in Usbekistans Hauptstadt Taschkent geborene Sohn armenischer Eltern antrat. Seinen Landsleuten hat er so viel Spaß bereitet, dass usbekische Politiker Grigorian zum Sportminister machen wollten. Das sei aber nichts für ihn. In dem Geschäft würde zuviel gemauschelt.

"Ich bin bis heute der größte Sportler in Usbekistan", sagt Grigorian stolz. Der Mann mit dem Schalk im Nacken war 16 Jahre lang Amateur-Boxer. Schnelligkeit, technische Raffinesse und Beinarbeit zeichneten ihn aus. Wenn er von dieser Zeit berichtet, glänzen seine Augen mit seinen Goldzähnen um die Wette. Von 384 Kämpfen hat "King Artur", wie sein Kampfname lautete, 361 gewonnen. Als Profi war er zwischen 1996 und 2004 WBO-Weltmeister im Leichtgewicht .

"Ich war sieben Jahre und neun Monate Weltmeister ", sprudelt es aus Grigorian heraus. Noch ein WM-Sieg - und er hätte einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekord erhalten. "Ich war zehn Jahre Profi-Boxer. In der Zeit habe ich nicht viele Kämpfe gemacht. Es waren 38", erzählt der 48-Jährige: "19 waren WM-Kämpfe. 18 habe ich gewonnen." Der 19. Titel wäre Weltrekord für den Schützling von Trainer Fritz Sdunek gewesen. Es folgte die Niederlage gegen Acelino Freitas. Der Brasilianer beendete die sieben Jahre und neun Monate als Weltmeister .

Der Mann, der seit seinem elften Lebensjahr geboxt hat, hatte plötzlich "die Schnauze voll vom Boxen. Ich bin zu Klaus-Peter Kohl gegangen und habe ihm gesagt: Das reicht, ich will nicht mehr". Eine Rolle dabei spielte auch: Grigorian hatte die Millionen, die er verdient hatte, einem Freund anvertraut. Der verzockte sie fast komplett in Immobilien-Geschäften. Grigorian geriet 2002 in finanzielle Probleme. Der Verlust des WM-Titels 2004 war der Tiefpunkt einer Abwärtsspirale.

Kohl wollte seinen Vorzeige-Sportler so nicht gehen lassen. Und der 1,71 Meter große Usbeke mit dem Kämpferherz und markanten Schnauzbart wollte "nicht als Verlierer den Box-Sport verlassen", wie Grigorian heute erzählt. Er stieg noch einmal in den Ring - und besiegte Vasile Herteg aus Ungarn.

Mit einem Sieg konnte Grigorian die Handschuhe ablegen - und die Seite wechseln. Er wurde Sduneks Assistent. Der weihte ihn sechs Jahre lang in die Geheimnisse des Trainer-Berufs ein. "Artur ist ein guter Trainer geworden, weil er die Sprache der Sportler spricht und sehr gut erklären kann", sagte der 2014 verstorbene Sdunek im "Hamburger Abendblatt ". Es hat gepasst zwischen den Beiden. "Denn ich weiß, wie man die Schweißarbeit machen muss", erklärt Grigorian, der nie etwas anderes als Boxen gemacht hat. Als der Universum-Stall 2012 Insolvenz anmelden musste, war er einer der letzten, der die Stellung hielt. Der kleine Usbeke stand vor dem Nichts.

Grigorian hat sich durchgekämpft. Er gibt sein Wissen heute unter anderem an Jürgen Doberstein weiter. Die Chemie zwischen ihm und dem Kleinblittersdorfer stimmt. "Wir haben die gleiche Mentalität", sagt er mit Blick auf die kasachischen Wurzeln Dobersteins, der Grigorian nicht nur mit seiner starken Beinarbeit ähnelt. Der 27-Jährige, der am 15. Juli in der Saarbrücker Saarlandhalle gegen Robin Krasniqi um die Intercontinental-Titel der Verbände WBA und WBO im Supermittelgewicht boxt, ist genauso lebensfroh. Und hat auch den Schalk im Nacken.

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Der Kampf-Abend am Freitag, 15. Juli, in der Saarbrücker Saarlandhalle beginnt um 19 Uhr. Neben dem Hauptkampf zwischen Jürgen Doberstein aus Kleinblittersdorf und dem Münchner Robin Krasniqi um die Intercontinental-Meisterschaft der Verbände WBA und WBO im Supermittelgewicht steht der Titelverteidigungs-Kampf der Augsburgerin Nikki Adler, WBU-, WBF-, WBC- und WIBA-Weltmeisterin im Supermittelgewicht, um den WBC-Gürtel gegen die Georgierin Elene Sikmashvili auf dem Programm. Zudem wird unter anderem im Fliegengewicht Mirko Martin aus Neuweiler in den Ring steigen. Er tritt gegen Robert Kanalas aus Ungarn an. Der Karlsruher Aro Schwartz wird im Mittelgewicht gegen Ziso Poulitsa aus Leipzig boxen. Eintrittskarten für den Box-Abend sind ab 28 Euro zu haben. Sie können im Internet unter der Adresse www.eventim.de , per E-Mail an info@b2-berlin.de oder beim Boxstall SES unter Telefon (03 91) 7 27 37 20 bestellt werden. Vip-Tickets kosten ab 102 Euro. mak

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