Olympische Winterspiele in Südkorea Der König erobert seinen Thron zurück

Pyeongchang · Snowboard-Star Shaun White hat nach einem großem Auftritt zum dritten Mal die olympische Goldmedaille in der Halfpipe gewonnen.

 Grenzenloser Jubel und viele Emotionen: Shaun White schwenkt sein Snowboard nach dem Gewinn seiner dritten Goldmedaille.

Grenzenloser Jubel und viele Emotionen: Shaun White schwenkt sein Snowboard nach dem Gewinn seiner dritten Goldmedaille.

Foto: dpa/Gregory Bull

Sein Thron war erneut in höchster Gefahr. Einer der jungen Aufrührer machte sich schon bereit, ihn zu besteigen, da holte der König der Halfpipe noch einmal zum Gegenschlag aus – und wie! Mit einem grandiosen letzten Durchgang sicherte sich Snowboard-Ausnahmetalent Shaun White seine dritte Goldmedaille bei Olympischen Spielen nach 2006 und 2010. Zu den ersten Gratulanten gehörte IOC-Präsident Thomas Bach, der dem „King“ freudestrahlend auf die Schulter klopfte.

Mit versteinerter Miene verfolgte der 19-jährige Japaner Ayumu Hirano, wie der 31-jährige US-Amerikaner zunächst theatralisch auf die Knie sank, weinte und sein Board in die Luft warf. Hirano, Olympia-Zweiter 2014, schien sich gedemütigt zu fühlen. Er hatte White mit seinem zweiten Run (95,25 Punkte) in den Seilen, doch der konterte im Stile eines Champions (97,25).

Nicht jeder aber wollte White anhimmeln. Die Onlineportale Slate und Deadspin sowie USA Today erinnerten daran, dass Lena Zaiwadeh, Schlagzeugerin von Whites Rockband Bad Things, im August 2016 Klage beim Zivilgericht in San Diego gegen ihn eingereicht hatte. Es geht um sexuelle Belästigung, Schikane, obszöne Bilder und Textnachrichten. White bestreitet die Vorwürfe, gab aber das Senden der Nachrichten zu. Im Mai 2017 wurde die Sache außergerichtlich beigelegt.

White wusste noch nicht, dass diese Sache wieder hochkommen würde, als er betonte, er sei „überwältigt vor Glück“. Als Gold klar war, „hat mich das gelähmt“, sagte er. Die Schockstarre währte jedoch nicht lange. Jeder, der nur ansatzweise in der Nähe war, Bach inklusive, bekam von ihm einen Klaps, einen „fistbump“, eine Umarmung. Familie, Freunde, Team. White war stolz auf seinen letzten Lauf, in dem er gleich zwei „Cab Double Cork 1440“ nacheinander sprang, ein Trick, der ihn beinahe die Teilnahme an diesen Spielen gekostet hätte.

Die gegenseitigen Glückwünsche auch mit dem drittplatzierten Australier Scotty James (92,00) fielen recht unterkühlt aus. White war zu sehr damit beschäftigt, seiner Freude, ganz besonders aber seiner Genugtuung darüber Ausdruck zu verleihen, dass er seine größte sportliche Schmach getilgt, dass er seine Zweifel besiegt und seine Zweifler ruhiggestellt hatte. Vor vier Jahren hatte er in Sotschi nur Rang vier belegt und das Podium verpasst.

An die Niederlage von Sotschi „habe ich seitdem jeden Tag gedacht“, bekannte White. Er nahm sie zum Anlass, sich neu zu erfinden. Er fand die Liebe zu seinem Sport wieder, aber sein Sport hat sich weiterentwickelt. White muss immer mehr aus sich herausholen, im Oktober 2017 übertrieb er es. Nach einem Trainingssturz in Neuseeland musste er mit 62 Stichen im Gesicht genäht werden und erlitt eine Lungenquetschung.

White sagte, es seien „die schweren Zeiten, die dich als Menschen definieren“. Das Rennen um einen Platz im starken US-Olympia­team wurde für ihn zum Wettlauf mit der Zeit, im Dezember resignierte er beinahe. Im Januar nutzte er in Aspen seine vorletzte Chance – mit dem Traumscore 100. Und nun der erneute Triumph bei Olympia: unter größtem Druck die größte Leistung. Wahrhaft königlich. Im Gegensatz zur unappetitlichen Geschichte mit Frau Zaiwadeh. In Zeiten von #MeToo nicht gut für den Ruf. Gerade in den USA.

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